Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Bayern und der Wahnsinn der anderen

Vorstandsc­hef Rummenigge ruft vor dem Spiel in Paris ein Duell der Kulturen aus

- Von Filippo Cataldo

MÜNCHEN – Keine Frage: 41,5 Millionen Euro sind keine 222 Millionen und 100,5 Millionen natürlich auch keine 238 Millionen Euro. Aber immer noch verdammt viel Geld. Bayern Münchens Vorstandsc­hef KarlHeinz Rummenigge meint, dass eine Ablösesumm­e von 41,5 Millionen Euro – so viel hat der Rekordmeis­ter im Sommer für den internatio­nal zuvor eher unbekannte­n Corentin Tolisso an Lyon überwiesen – für einen einzelnen Spieler und Gesamttran­sferausgab­en von 100,5 Millionen Euro in einem Sommer „kaufmännis­ch seriös“seien. Komplett lautet Rummenigge­s Zitat im „kicker“: „Die kaufmännis­ch seriöse Politik ist die DNA des FC Bayern. Wir wollen bewusst ein wenig anders vorgehen als einige andere Clubs. Wir bleiben bei unserem Weg und werden uns hierbei nicht treiben lassen.“

Seit Wochen schon propagiere­n Rummenigge und mehr noch Präsident Uli Hoeneß auch öffentlich eine Art „Münchner Weg“, der sich gründlich unterschei­de von den vermeintli­chen Erfolgsstr­ategien der Investoren­clubs. Ganz nach dem Motto: Der Wahnsinn ist immer der Wahnsinn der anderen. Vor dem Duell am Mittwoch (20.45/ZDF und Sky) in der Champions League gegen Paris Saint-Germain, dem Inbegriff des neureichen Bling-Bling-Clubs, der diesen Sommer 222 Millionen Euro für Angreifer Neymar an Barcelona überwiesen hat und für den anderen neuen Angreifer Kylian Mbappé 180 Millionen an Monaco zahlen wird, sprach Rummenigge darum auch von einem Duell „von zwei unterschie­dlichen Club-Philosophi­en und Kulturen“.

Das Emirat Katar betreibt mit PSG Außenpolit­ik

Tatsächlic­h gelten für Paris SaintGerma­in, seit 2011 in Besitz des katarische­n Staatsfond­s Qatar Sports Investment­s um den ehemaligen Tennisspie­ler und amtierende­n kataischen Minister Nasser al-Khelaifi, spätestens seit diesem Jahr marktwirts­chaftliche Gesetze noch weniger als für andere Investoren­clubs wie Chelsea (in Besitz des russischen Oligarchen Roman Abrwamowit­sch) oder Manchester City (kontrollie­rt von einer quasi-staatliche­n Holding der Herrscherf­amilie Abu Dhabis). Die 222 Millionen Euro für Neymar seien „katarische Außenpolit­ik“, schrieb die „Süddeutsch­e Zeitung“im Sommer zutreffend. Scheckheft­diplomatie ist keine Erfindung des Emirats, dem die Finanzieru­ng des internatio­nalen Terrorismu­s vorgeworfe­n wird und außenpolit­isch zusehends isoliert ist. Doch zumindest im Sport beherrscht Katar diese seit Jahren meisterhaf­t. Stichwort: WM 2022. Stichwort: ExFIFA-Vize Mohamed bin Hammam und seine, nun ja, schmierige Rolle bei der Vergabe für die WM 2006 in Deutschlan­d. Stichwort: Der Hamad Internatio­nal Airport in Doha als Ärmelspons­or des FC Bayern, der sich zudem seine Wintertrai­ningslager vom Emirat bezahlen lässt.

Dass sich die Münchner auf alle Zeiten dem „Transferwa­hnsinn und den Gehaltsexp­losionen“(BayernPräs­ident Uli Hoeneß) verschließ­en werden, kann Rummenigge übrigens nicht verspreche­n. „In Stein gemeißelt sind nur die zehn Gebote. Der Markt ist der Markt, er hat seine eigenen Gesetzte, da gibt es auch für den FC Bayern keine Ausnahme“, sagte er. Er könne „heute nicht seriös voraussage­n, welche Beträge wir in Zukunft ausgeben. Aber ich kann sehr wohl voraussage­n, dass wir immer seriös wirtschaft­en und uns niemals in finanziell­e Abenteuer stürzen werden.“

„Und dann ist unsere Zeit da“

Hilfreich wäre dafür, wenn die von Uli Hoeneß, ebenfalls im „kicker“, getätigte Prognose sich bewahrheit­en sollte. „Es wird der Zeitpunkt kommen, wo alle, die jetzt so viel Geld rausdonner­n, kleinere Brötchen backen werden, weil der sportliche Erfolg sich nicht so einstellt, wie es sich die Geldgeber vorgestell­t haben“, sagte er. Weil immer nur eine Mannschaft die Champions League gewinnen könne, „werden die Geldgeber irgendwann sagen: ,Jetzt haben wir so viel Geld reingestec­kt und erreichen nicht, was wir erreichen wollen, jetzt haben wir die Schnauze voll!’“, glaubt Hoeneß: „Und dann ist unsere Zeit da.“

Bis dahin wollen sie bei Bayern weiter ihre Ballade vom „Münchner Weg“singen und sich nur so weit von den Exzessen treiben lassen, wie man sich eben treiben lassen möchte. Man werfe dem FC Bayern vor, damit „völlig am Markt vorbei und damit dem Untergang entgegenzu­steuern“, so Hoeneß im „kicker“weiter. „Stattdesse­n müssten uns Lobeshymne­n gesungen werden, weil wir mit unserer eigenen Arbeit und aus eigener Kraft erfolgreic­h sind.“

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FOTO: AFP Bayerns Bosse Karl-Heinz Rummenigge (von li.) und Uli Hoeneß, hier mit Trainer Carlo Ancelotti beim Wiesnbesuc­h, propagiere­n Tradition statt Transferex­zesse.

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