Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Stadtwerke Ulm wollen digital aufrüsten
Künftig sollen Sensoren Lecks in Versorgungsleitungen und freie Stellplätze außerhalb von Parkhäusern melden
ULM/NEU-ULM (sz) - Wie eine „smarte“städtische Infrastruktur aussehen könnte, erforschen die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU) zusammen mit Ulmer IT Firmen. In der digitalen Welt wird das „Internet der Dinge“eine Rolle spielen. Ein Beispiel aus dem Alltag: Das Gewächshaus meldet über Sensoren, wenn die eingesetzten Schösslinge wieder gegossen werden müssen. Wären Anwendungen dieser Art auch für Stadtwerke und ihre Kunden denkbar? Welche Anwendungen könnten das sein und unter welchen Voraussetzungen funktionieren sie? Mit diesen Fragen beschäftigen sich jetzt die SWU. Für das Projekt „Citysens“hat die Tochtergesellschaft SWU Energie mit den Ulmer IT-Firmen Exxellent Solutions, Systemzwo und StS Consult einen Kooperationsvertrag abgeschlossen.
Das Internet der Dinge benötigt Sensoren und eine stromnetzunabhängige Technologie zur Datenübermittlung. Diese Technologie gibt es in Ulm. Sie heißt Lorawan und überträgt Daten über öffentliche Funkfrequenzen. Geknüpft hat dieses Funknetz wie berichtet die Initiative Ulm digital. „Wertvolle Vorarbeit ist geleistet. Darauf können wir aufbauen, um nun die Entwicklungsarbeit anzupacken“, beschreibt SWU-Geschäftsführer Klaus Eder das Ziel. Im ersten gemeinsamen Projekt wird das Ablesen von Hausstromzählern digitalisiert. Die Hardware und Software liefern die IT-Kooperationspartner. „Wir wollen Ulm als digitalen Pionierstandort etablieren. Mit der Citysens-Kooperation, Lorawan und diesem Auftaktprojekt beschreiten wir den richtigen Weg“, so Gerhard Gruber, Geschäftsführer bei Exxellent Solutions.
Einen weiteren Ansatzpunkt für „digitale Stadtwerke“bietet die Inspektion von Versorgungsleitungen. Sensoren können melden, wenn Leitungen versteckte Leckagen haben. Dieses Problem kennt so mancher Schrebergärtner: Erst nach mehreren Wochen stellt er fest, dass seine Gartenleitung Wasser verliert. In der Zwischenzeit laufen Zähler und Kosten weiter. „Ein auf diese Art und Weise digitalisiertes Stadtwerk schafft leichter den Einstieg in die Hausautomation. Damit könnten Kunden ihren Energie- und Wasserverbrauch effizient steuern“, so Eder. Ein weiteres Feld für LorawanAnwendungen eröffnet die Mobilität. Zwei Beispiele: Mithilfe von Sensoren werden die stark frequentierten Strom-Ladesäulen als erste nachgeladen. Sensoren melden dem an der Haltestelle Wartenden, ob im nächsten Bus oder in der nächsten Tram ein Stellplatz für den Kinderwagen oder den Rollstuhl frei ist und an welcher Einstiegstür. Denkbar ist ein Parkleitsystem neuer Art. Es zeigt auch Parkgelegenheiten außerhalb der Parkhäuser an.
Das Kürzel Lorawan bezeichnet ein Datennetz mit großer Reichweite (Long Range Wide Area Network). Sieben solcher Standorte gibt es in Ulm, zum Beispiel auf dem Dach des SWU-Glasbaus Karlstraße. An jedem Standort überträgt ein Apparat Signale ins Web, die von den Sensoren des „Internets der Dinge“ausgehen. Die Datenübertragung nutzt lizenzfreie Frequenzen. Das ist vor allem dort interessant, wo kein Anschluss ans Strom- oder Datennetz möglich ist. Der Energieaufwand für die Technik ist sehr gering, die Reichweite dafür umso beachtlicher. Etwa drei Kilometer sind es im Stadtraum, bis zu 15 Kilometer lassen sich im ländlichen Raum überwinden.