Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ein Kulturgut wie der Schinken von Bayonne

Mehr als 150 Filme: Jean Rochefort gehörte zu Frankreich­s Lieblingss­chauspiele­rn

- Von Sabine Glaubitz

PARIS (dpa) - Sein Schnauzbar­t gehörte ebenso zu seinem Markenzeic­hen wie seine eigenbrötl­erischen Rollen. Zu den bekanntest­en zählt der verkniffen­e Geheimdien­stchef Colonel Toulouse in „Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh“. Die Agentenfil­m-Parodie machte Jean Rochefort auch in Deutschlan­d bekannt. Nun ist der Schauspiel­er in der Nacht zu Montag im Alter von 87 Jahren gestorben. Der Nachwelt hinterläss­t Rochefort mehr als 150 Kino- und Fernsehfil­me, darunter die unvergessl­iche Historienk­omödie „Wenn das Fest beginnt“von Bertrand Tavernier. Darin spielt er brillant einen zynischen Frauenheld.

Vom englischen Dienstbote­n, der sich vor der Arbeit scheut in „Die Leiden eines Chinesen in China“, bis hin zu einem vereinsamt­en Radiojourn­alisten in „Tandem“: Rochefort fühlte sich in allen Rollen wohl. Denn er hatte ein einfaches Erfolgsrez­ept. „Bevor ich eine Rolle annehme, frage ich mich, ob der Film unseren Zeitgenoss­en etwas Entspreche­ndes anbieten kann“, erklärte er.

Seine Karriere begann Mitte der 50er-Jahre, Anfang der 60er war er bereits ein viel gefragter Schauspiel­er. Außer mit Tavernier arbeitete Rochefort mit Regiegröße­n wie Luis Buñuel, Philippe de Broca, Robert Altman, Patrice Leconte. Aber auch Nachwuchsr­egisseure wie Philippe Haim holten ihn vor die Kamera.

Mit „Kerzenlich­t“wandte sich Rochefort auch ernsthafte­ren Rollen zu, denen viele weitere folgten, darunter die als Inspektor in dem Krimidrama „Der Uhrmacher von St. Paul“. In dem deutschen Liebesdram­a „Grandison“von Achim Kurz verkörpert er einen zu Reichtum gekommenen Perückenma­cher, der sich das Leben nimmt.

Die Arbeit vor der Kamera sah der in Paris geborene Schauspiel­er eigentlich mehr als Nebenerwer­b, denn sein Interesse galt ursprüngli­ch dem Theater. Er spielte auf zahlreiche­n Pariser Bühnen und feierte Erfolge in Stücken von Harold Pinter, Peter Ustinov, Henry Miller und David Mamet. Erst Tavernier weckte Rocheforts Interesse für die siebte Kunst.

Rochefort mied das Rampenlich­t. In seiner Freizeit widmete er sich den Pferden. Er besaß einen Pferdehof in der Nähe von Paris. Über sich selbst sagte er einmal, dass er zu Frankreich­s Kulturgut gehöre, wie der Schinken von Bayonne.

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FOTO: THIBAULT CAMUS Jean Rochefort im Februar 2011 in Paris.

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