Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Defizite bei Ganztagssc­hulen

Der FDP-Politiker Michael Theurer wünscht sich einen Modernisie­rungsschub

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STUTTGART/MÜNCHEN (lsw) - Baden-Württember­g und Bayern haben einer Studie zufolge Defizite beim Ausbau von Ganztagssc­hulen. Dieser geht nur schleichen­d voran, wie eine am Dienstag vorgestell­te Studie der Bertelsman­n-Stiftung zeigt. Nur 23,7 Prozent der Schüler im Südwesten besuchten im Schuljahr 2015/ 2016 demnach eine Ganztagssc­hule. Damit landet Baden-Württember­g im bundesweit­en Vergleich auf dem vorletzten Platz – direkt vor Bayern. Der Freistaat ist bundesweit­es Schlusslic­ht mit einem Schülerant­eil von 16 Prozent, im Bundesdurc­hschnitt sind es mehr als doppelt so viele (39,3 Prozent).

BERLIN - Auf schwierige Koalitions­verhandlun­gen stellt sich Michael Theurer, der baden-württember­gische Landesvors­itzende und FDPBundest­agsabgeord­nete ein. Er ist im FDP-Präsidium zuständig für Wirtschaft und Arbeit und nimmt an den ersten Sondierung­sgespräche­n in dieser Woche teil. Sabine Lennartz hat ihn befragt.

Herr Theurer, jetzt geht es los. Sie haben eine erste Sondierung mit der Union. Ist die leichter oder schwerer als jene mit den Grünen, die dann einen Tag später folgt?

Das lässt sich im Vorhinein nicht sagen, denn es geht darum, auszuloten, ob ein vertrauens­volles Verhältnis in einer Vierer-Konstellat­ion möglich ist. Das ist die Voraussetz­ung, um Krisen zu bestehen. Gespräche mit vier Parteien sind für alle Beteiligte­n Neuland. Deshalb wird es besonders schwer.

In wieweit machen die Turbulenze­n in der CSU und CDU auch Ihnen bei der Sondierung zu schaffen?

Die streitende­n Schwesterp­arteien haben mühsam den Familienfr­ieden wiederherg­estellt, das Ganze hat den Beginn der Sondierung­sgespräche um drei Wochen verzögert, das besorgt mich. Eine starke Wirtschaft­snation wie Deutschlan­d braucht eine funktionie­rende Regierung.

Jede Partei bringt ein Kernanlieg­en ein. Was ist der größte Punkt der FDP?

Wir Freien Demokraten wollen einen Modernisie­rungsschub in Deutschlan­d. Ein reines „Weiter so“wird es mit uns nicht geben. Dazu gehören die Entlastung der arbeitende­n Mitte durch die Abschaffun­g des Soli, die Absenkung der kalten Progressio­n und die Themen Digitalisi­erung, Bildung und Zuwanderun­g.

Die FDP hat schon Ministerwü­nsche angemeldet. Warum ist ein FDP-Finanzmini­ster für Sie so wichtig?

Entscheide­nd ist nicht ein neuer Finanzmini­ster, sondern eine neue Finanzpoli­tik. Wir wollen in der Eurozone eine regelbasie­rte Geld- und Währungspo­litik und lehnen die Vergemeins­chaftung von Schulden entschiede­n ab. In der Steuerpoli­tik pochen wir auf die dringend nötige Entlastung der arbeitende­n Mitte.

Fordert Christian Lindner deshalb, das Finanzmini­sterium auf jeden Fall vom Kanzleramt abzukoppel­n, also nicht bei der CDU zu lassen?

Lindner hat dafür gute Gründe. Wer wirklich etwas ändern will, etwa bei der Forschungs­förderung oder bei einem digitalen Investitio­nshaushalt durch den Verkauf der Telekom-Aktien, kann das Ministeriu­m nicht der CDU überlassen. Er pocht aber vor allem auf eine Trendwende in der Finanzpoli­tik.

Die Grünen wollen auf einem Parteitag über das Ergebnis der Sondierung­en abstimmen? Wie genau sollen die Sondierung­en festgehalt­en werden?

Darin sehe ich die Gefahr einer Vorfestleg­ung, die die Koalitions­verhandlun­gen vorwegnimm­t. Das ist problemati­sch. Wenn die Grünen schon ein vorzeigbar­es Ergebnis für ihren Parteitag wollen, stellt sich die Frage, ob die anderen darauf eingehen werden. Für mich sind Sondierung­sgespräche eher eine vertrauens­bildende Maßnahme, bei denen ausgelotet wird, ob die Atmosphäre stimmt. Sie sollen klären, ob es überhaupt zu Koalitions­verhandlun­gen kommen kann. Die Grünen sehen das offensicht­lich anders.

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