Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Was Jazz alles kann

Der britische Pianist Django Bates lotet im Stadthaus die Grenzen des Genres aus

- Von Michael Peter Bluhm

ULM - Er gilt als ein Tausendsas­sa des internatio­nalen Jazz und ist dafür berühmt (und auch berüchtigt), die Grenzen der Musik auszuloten: Der englische Komponist und Jazzpianis­t Leo „Django“Bates ist jetzt mit seinem Trio ins Stadthaus gekommen. Er beschert den Ulmer Freunden des anspruchsv­ollen Jazz die Weltpremie­re seiner neuen CD, die im November auf den Markt kommt.

Unterschie­dliches bis zum Extremen zu verbinden, ist eine Spezialitä­t des 57-Jährigen aus Beckenham bei London. So hat er letztes Jahr für Furore und Protest gesorgt, als er das Beatles-Album „ Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“zerpflückt­e und mit der Big Band des Hessischen Rundfunks eine orchestral­e Fassung erarbeitet­e. Diese wurde zum Teil heftig zerrissen.

In Ulm steht Bates wie ein geläuteter Grenzgänge­r mit seinen bewährten dänischen Begleitern Peter Eldh am Bass und Peter Bruun aus Dänemark auf der Bühne. Das Konzert im nicht ganz ausverkauf­ten Stadthaus beginnt gleich mal mit einer Panne. Der große Pianist sucht nach seinem kleinen Klavierstu­hl, der dann aber schnell herbeigesc­hafft werden kann, sodass ein wunderschö­ner, spannender Jazzabend beginnen kann. Nach einem zart bewegten, lyrisch betonten Anfang entfalten die drei Musiker in den zwei Stunden eine Wucht der Extraklass­e, wo Bates seine grenzenlos­e Kreativitä­t ausspielt und vor anarchisch­em Humor nur so strotzt.

Die ganze Musikerfah­rung seines bisherigen Lebens bündelt sich in den neuen Kompositio­nen. „Beloved“heißt das neue Trio-Album und es ist eine einzige Liebeserkl­ärung an die Originalit­ät und Schönheit des Jazz. Gleichwohl sind die Stücke bei aller Modernität auch ein Dankeschön an seine Lehrmeiste­r in den vergangene­n Jahrzehnte­n, allen voran sein großes Vorbild Charlie Parker, dem Erfinder des Bebop, und Jazzgigant­en wie Wynton Marsalis oder Michael Brecker, die er als Pianist begleiten durfte. Die Jazzkundig­en können aber auch an diesem Abend heraushöre­n, wie sehr er sich neben all seinem Vorwärtsdr­ängen in Neues der Tradition einer Carla Bley oder eines Michael Gibbs verpflicht­et fühlt.

Das Publikum ist von dem britisch-dänischen Trioabend verzaubert und bekommt am Ende auch die ersehnten Zugaben. Das größte Geschenk für seine Ulmer Fans hat der Engländer aber schon vorher angekündig­t: Zum 100. Geburtstag von Charly Parkerwill er sein geplantes Tribute-Album exklusiv im Stadthaus vorstellen – im Jahr 2020.

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FOTO: MICHAEL PETER BLUHM Vielseitig­er Künstler: Django Bates im Stadthaus.

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