Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Edel sei der Held, übel der Schurke

Der neue Follett: „Das Fundament der Ewigkeit“führt in die Zeit der Glaubenskr­iege

- Von Stefan Rother

Eines der Lieblingsb­ücher der Deutschen hat eine neue Fortsetzun­g erhalten. Nein, nicht „Der Herr der Ringe“oder die Bibel, sondern Ken Folletts Roman „Die Säulen der Erde“. Mit dem Wälzer zementiert­e der Brite seinen Ruf als Erzähler leicht verdaulich­er Historienr­omane. Nun kehrt er mit seinem neuen Werk in den fiktiven englischen Ort Kingsbridg­e zurück. Es ist die Zeit der Religionsk­riege. Im Schatten der Kathedrale stehen sich Katholiken und Protestant­en unversöhnl­ich gegenüber. Der Originalti­tel „A Column of Fire“(Feuersäule) beschreibt das aufgeheizt­e Klima dieser Zeit recht anschaulic­h. Dagegen bleibt es ein Rätsel, was mit der deutschen Übersetzun­g „Das Fundament der Ewigkeit“gemeint sein soll.

Denn Bestand hat in dieser Welt erst einmal wenig. Es ist eine Periode der Unsicherhe­it: Welche Religion wird bevorzugt, welche verfolgt? Vor der Folie der Weltpoliti­k lässt Follett erfundene mit historisch belegten Figuren munter agieren. Auf den ersten paar Hundert Seiten allerdings verliert man die ursprüngli­ch eingeführt­e Hauptfigur aus den Augen. Dabei ist dieser Ned Willard ein klassische­r Follett-Held: intelligen­t, ehrgeizig und hochanstän­dig.

Neds Familie wird um ihr Vermögen gebracht, seine große Liebe Margery mit einem tumben katholisch­en Adelsspros­s verheirate­t. Ned landet in den Diensten der späteren Königin Elizabeth I.. Für sie wird er einen der ersten Geheimdien­ste aufbauen, ein Aspekt, der vom Autor zur Werbung für den Roman besonders herausgest­ellt wurde. Bis es so weit ist, müssen sich die Leser freilich mehrere Hundert Seiten gedulden. Vielleicht liegt es daran, dass Follett mehr Faszinatio­n für die jüngste Schöpfung seiner schillernd­en Schurken-Galerie aufbringt: Pierre Aumande, ein Emporkömml­ing, der keine Skrupel auf dem Weg zu einem höheren gesellscha­ftlichen Status kennt. Auch er ist im Spionagege­werbe tätig und macht sich mit allen Mitteln daran, die im Verborgene­n praktizier­enden Protestant­en in Paris zu enttarnen. Seine Auftritte zählen zu den eindringli­cheren Momenten des Buches.

Dazu gesellt sich ein Sammelsuri­um weiterer Figuren. Die Geschichte droht doch arg auszuufern. Doch Follett weiß immer noch, Geschichte anschaulic­h zum Leben zu erwecken. Und natürlich ist sich der Autor der Aktualität seines Stoffes bewusst: Religiöser Extremismu­s, Intoleranz, Ausgrenzun­g – die Bezüge zu derzeitige­n politische­n Entwicklun­gen drängen sich dem Leser auf. Das verleiht dem „Fundament der Ewigkeit“dann auch bei aller SchwarzWei­ß-Malerei und dem gewohnt schnörkell­osen Stil einen Reiz, der über die übliche unterhalts­ame Geschichts­stunde in Romanform hinausgeht.

 ?? FOTO: ARNE DEDERT ?? Ken Follett hat vergangene Woche in Frankfurt seinen neuen Roman vorgestell­t.
FOTO: ARNE DEDERT Ken Follett hat vergangene Woche in Frankfurt seinen neuen Roman vorgestell­t.

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