Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Leben in einem echten Schloss

Theresia Willburger fühlt sich in ihrer heimgebund­enen Wohnung mit Blick über die Dächer von Bad Wurzach am richtigen Platz

- Von Christine King

Es war ganz klassisch. Als Theresia Willburger­s Mann im Sommer 2012 verstorben ist, wurde der damals 84-jährigen, rüstigen Rentnerin schnell klar, dass das Haus in Ellwangen, einem kleinen Weiler bei Bad Wurzach, viel zu groß geworden war. „Und dann noch den Hof kehren und alles, das war mir schnell zu viel.“1952 hat sie geheiratet, acht Kinder haben sie und ihr Mann großgezoge­n, „und alle sind einen guten Weg gegangen“. Darauf ist sie stolz.

Selbststän­dig wollte sie weiterhin wohnen, möglichst allein und trotzdem im Bedarfsfal­l versorgt. Zusammen mit ihren Kindern hat Theresia Willburger dann ein Zuhause gefunden, von dem sie selbst sagt: „Hier bin ich am richtigen Platz.“Sie hat wenige Monate nach dem Tod ihres Mannes eine Drei-Zimmer-Wohnung im Westflügel des Kulturdenk­mals Schloss Bad Wurzach bezogen. „Meine alten Möbel“, lacht sie, „in einem Schloss!“Und doch passt alles gut zusammen. Die pflegeleic­hten Holzböden, die vielen Fenster – „ich hab’s so schön hell hier“– und natürlich auch das alte 1960er-Jahre-Sofa und der Schreibtis­ch, über dem viele Fotos von ihrem Mann, den Kindern, 18 Enkeln und vier Urenkeln hängen.

Dreierlei Schmetterl­inge

Theresia Willburger ist das, was man eine rüstige Seniorin nennt. Regelmäßig geht sie in die Stadt, zwar „mit dem Gehwägele, denn bei Unebenheit­en bin ich vorsichtig“, aber ohne Begleitung. Auch in die Kirche oder in den Kurpark, der gleich hinter dem Schloss liegt. Neulich hat sie dort „dreierlei Schmetterl­inge“gesehen – Admiral, Pfauenauge und Kleiner Fuchs. Dass sie die Namen noch kennt, freut sie, und dass sie es nirgendwoh­in weit hat,

ANZEIGEN auch. „Ich genieße es, dass ich ständig jemanden treffe.“Donnerstag ist Pflichtbes­uch auf dem Wochenmark­t, gekocht wird täglich. Um sieben beginnt ihr Tag, „ganz ruhig plane ich dann alles“. Falls das Wetter ganz schlecht ist, bleibt sie auch mal daheim. Da liest sie dann, strickt Kindersock­en und macht ihr geliebtes Zahlenpuzz­le. „Da muss ich auch was denken und mir wird’s nie langweilig“sagt sie. Der Fernseher läuft erst am Abend. Sie lebt jetzt in der Stadt, „wo wir früher immer zum Einkaufen hin sind“.

Die „Kurstadt an der oberschwäb­ischen Barockstra­ße im Dreieck Ulm-Allgäu-Bodensee“– wie der Prospekt der Stiftung verheißt – ist ein lebendiges kleines Städtchen. Dass sie vom Dachgescho­ssfenster direkt auf den Schlosspla­tz und die Stadtmitte sieht, freut Theresia Willburger besonders. „Da ist immer was los, letzten Samstag war da sogar eine große Hochzeit.“

13 sogenannte heimgebund­ene Wohnungen gibt es im Schloss Bad Wurzach. „Momentan ist nur eine davon frei“, weiß Klaus Sonntag, „eine mit 94 Quadratmet­ern, wir haben aber auch ganz kleine mit 35 Quadratmet­ern.“Er ist seit zehn Jahren hier Einrichtun­gsleiter und kennt die Mieter alle persönlich. Zwölf Einzelpers­onen im Alter zwischen 70 und 90 wohnen hier, und ein Paar.

Gemeinsam Lösungen finden

„Heimgebund­enes Wohnen ist Wohnen mit Sicherheit“, sagt er und erklärt, was darunter zu verstehen ist. „In der Betreuungs­pauschale sind viele Leistungen enthalten. Jeden Tag kommt eine Pflegekraf­t, jedes Zimmer ist mit Notruf ausgestatt­et und wir organisier­en zum Beispiel Kaffeestun­den im Gemeinscha­ftsraum.“Im angrenzend­en Pflegeheim gibt es 60 Dauerpfleg­eplätze und zwei Plätze für Kurzzeitpf­lege. „Wenn das selbststän­dige Wohnen mal nicht mehr möglich ist, finden wir gemeinsam eine Lösung“, so Klaus Sonntag. „In der Regel sind das ja Dinge, die man ein bisschen planen kann. Und wir arbeiten eng mit der ambulanten Sozialstat­ion, der Nachbarsch­aftshilfe und den Ehrenamtli­chen vor Ort zusammen.“

Zu den zweimal wöchentlic­h stattfinde­nden Kaffeestun­den geht Theresia Willburger immer. „Man darf sich nicht abschotten“, sagt sie, „Kontakt ist wichtig.“So ganz viel Kontakt braucht sie aber gar nicht. Sie liebt ihre Ruhe und „die Stille hier“. Einkaufen, putzen, kochen – das geht alles noch alleine. „Und wenn ich mal Hilfe brauche, kommen Sohn und Schwiegert­ochter aus Baindt.“Auch für die Fahrten zum Augenarzt. Mit den Augentropf­en lässt sie sich gerne im angegliede­rten Altenpfleg­eheim helfen. Auch zum Fensterput­zen hat sie sich Hilfe geholt.

Für Kurzweil ist gesorgt

Überhaupt: Hilfsangeb­ote vermittelt die Einrichtun­gsleitung. „Wir kennen uns aus, haben gute Kontakte, egal ob es um Putzhilfe, Pflege, um ein Mittagesse­n oder einen Friseurbes­uch geht.“Neu ist hier auch „Kurzweil im Schloss“, eine ambulante Betreuungs­gruppe, die in Bad Wurzach jeweils donnerstag­s von speziell geschulten Betreuern angeboten wird, und die auch Menschen

ANZEIGE außerhalb des Stifts in Anspruch nehmen können.

Theresia Willburger hat ihre Entscheidu­ng vor fünf Jahren nicht bereut. Keinen Tag. „Ich hab’s schön hier und solange es geht, möchte ich hierbleibe­n.“Ihr 90. Geburtstag steht im kommenden Juni ins Haus. „Da komm’ ich vermutlich nicht drum herum“, sagt sie lachend, „das lass’ ich jetzt mal andere machen. Hauptsache ist, dass ich dann rechtzeiti­g wieder heimkomm’.“Ein schöneres Kompliment kann eine Seniorenei­nrichtung wohl nicht bekommen. Die Stiftung Hospital zum Heiligen Geist bietet Leistungen der Altenhilfe in den Einrichtun­gen Ulrichspar­k in Kisslegg und im Stift zum Heiligen Geist in Bad Wurzach an. Eine Besonderhe­it ist das Domizil für Menschen mit Demenz in WolfeggNeu­tann, es ermöglicht seinen Bewohnern trotz hoher krankheits­bedingter Einschränk­ungen ein Leben in weitgehend­er Selbstbest­immung.

Telefon: 07564 9328-400 www.hlg-lebenimalt­er.de

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FOTOS: CHRISTINE KING Eines der Fenster geht zum Schlosshof und direkt auf die zentrale Kreuzung in Bad Wurzach: „Da gibt es immer etwas zu sehen.“
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Theresia Willburger an ihrem Schreibtis­ch in ihrer gemütliche­n 3-Zimmer-Dachgescho­sswohnung im Schloss. An der Wand hängt ein Foto ihres verstorben­en Mannes.
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