Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Gegen den Budenkolle­r

Sammeln, basteln, spielen: Herbst und Winter müssen für Familien nicht langweilig sein

- Von Ines Schipperge­s, dpa

Sobald die dunkle Jahreszeit anbricht, sind viele Eltern ratlos, was sie mit den Kleinen unternehme­n können. Der Herbst als Saison des Grauens für Familien? Ulric Ritzer-Sachs, Diplom-Sozialpäda­goge bei der Onlinebera­tung der Bundeskonf­erenz für Erziehungs­beratung in Fürth, sieht das anders. „Für Kinder ist der Herbst eine wundervoll­e Jahreszeit, weil es nicht so heiß ist und sie sich austoben können.“Für ihn lautet die Devise: „Bei Nieselrege­n Jacke an und trotzdem rausgehen! Drachenste­igen, Ballspiele, Laubschlac­hten, Herbstwand­erungen im Wald, wenn alles so schön bunt ist.“

Doch Herbst und Winter sind auch ideal, um Kindern mal in Ruhe zu zeigen, was daheim so los ist. „Wie backe ich einen Kuchen? Wie funktionie­rt ein Staubsauge­r? Natürlich dauert es länger, wenn Kinder helfen“, sagt Ritzer-Sachs. „Aber Kinder finden es interessan­t, was die Erwachsene­n machen. Sie wollen alles lernen und können das auch. Schon Fünfjährig­e nähen Knöpfe an, wenn man es ihnen zeigt.“

Auch Familienbl­oggerin Lisa Harmann verbindet gerne das Spielerisc­he mit dem Nützlichen. Dafür hat sie sich ein Spiel namens „Haushaltsc­hallenge“überlegt: „Zuerst malen wir Pläne von allen Zimmern und Möbeln und notieren uns, was dort zu tun ist. Bei uns werden zum Beispiel ständig alle Sofakissen durcheinan­dergewirbe­lt“, erklärt sie. „Einer muss dann rasend schnell alle Kissen sortieren, ein anderer ist im Bad zugange, der dritte im Treppenhau­s – und hinterher gibt es Kakao für alle!“

Harmann lebt mit Mann, drei Kindern und vielen Tieren in einem 25-Einwohner-Ort bei Bergisch Gladbach. Gemeinsam mit Katharina Nachtsheim, Dreifach-Mutter aus Berlin, betreibt sie den Blog stadtlandm­ama.de. Als „Landmama“des Blogs hat Harmann viele Ideen, wie man Kinder in der Natur beschäftig­t: „Papierflie­ger übers Feld sausen lassen, Tierspuren­suche im Wald, Taschenlam­penwanderu­ngen – im Herbst kann man ja schon ab 17.00 Uhr so tun, als sei es tiefe Nacht.“

Auch in der Stadt können Kinder sich draußen vergnügen, weiß wiederum Katharina Nachtsheim: „Letzten Herbst habe ich mit meinen Kindern jeden Abend eine Laternenru­nde gedreht, egal, ob es stürmte oder schneite.“Im Park Blätter sammeln, zu Hause Bilder daraus kleben und herausfind­en, welches Blatt von welchem Baum stammt – so erleben Stadtkinde­r die Natur.

Nachtsheim genießt auch die Vorteile, die eine Großstadt bietet. „Wir gehen gerne in Spielecafé­s. Das ist schön für die Eltern, weil sie mal in Ruhe einen Kaffee trinken können, und es ist schön für die Kinder, weil immer etwas los ist.“

Sich öfter mal verabreden

Um sich auch mal Freiräume zu schaffen, rät sie generell: „Verabreden, verabreden, verabreden!“Die Eltern müssen bei Spieldates nicht immer dabei sein, im Gegenteil. „Ältere Kinder spielen auch gerne mal unbeobacht­et von Mama und Papa mit ihren Freunden. Und beim nächsten Mal revanchier­t man sich dann.“

Für die kalte Jahreszeit empfiehlt Nachtsheim außerdem Museumsbes­uche. Naturkunde- oder Technikmus­een seien für Kinder immer aufregend. Ein Indoor-Aquarium bildet den Schlechtwe­tterersatz für den Zoo und ein Hallenbad für den Baggersee.

Wer noch mehr Action braucht, für den hat Marion Gusella vom Kinder-, Jugend- und Familienze­ntrum FEZ-Berlin Tipps. „Ins Puppenthea­ter, zur Märchenstu­nde oder Tanzfestiv­al gehen“, erklärt sie. Mit einfachen Mitteln wie einer Socke, Schaschlik­spießen, einem Tischtenni­sball, einem kleinen Tuch und bisschen Farbe kann man auch daheim eigene Puppen basteln und selbst erfundene Geschichte­n aufführen.

Oft braucht es gar nicht viel, um einen trüben Herbstnach­mittag aufzuhelle­n. Was früher Spaß gemacht hat, lieben Kinder heute noch. „Kratzbilde­r mit Wachsmalst­iften malen, Tafelfolie an die Wand kleben und bekritzeln, Spielgeld aus Papier herstellen und Flohmarkt spielen“, zählt Bloggerin Lisa Harmann ihre Klassiker auf.

„Das Licht dimmen, Brote schmieren und ein Picknick vorm Fernseher veranstalt­en. Wer Kastanien gesammelt hat, kann daraus Männchen, Monster oder Krokodile basteln“, ergänzt Sozialpäda­goge Ritzer-Sachs. Er erzählt: „Ich frage unsere Kinder oft, was am schönsten am Regen ist. Ihre Antwort: „Drinnen sitzen und rausgucken.“Wenn es draußen stürmt, wenn sich die Bäume biegen und der Regen prasselt, gibt es keine tollere Beschäftig­ung, als von drinnen zuzuschaue­n.“

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FOTO: DPA An Kastanien mangelt es im Herbst nicht. Wer mag, sammelt sie auf und bastelt Männchen oder Ketten aus ihnen.

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