Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Gipfel der Generation­en

Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl trifft im Pokal erstmals auf Bayerns Jupp Heynckes

- Von Patrick Strasser

MÜNCHEN - Montag war trainingsf­rei an der Säbener Straße. Für die Spieler, nicht für Jupp Heynckes. Der Bayern-Coach verbrachte nahezu den gesamten Tag, seinen bereits 15. Arbeitstag seit der Rückkehr, am Trainingsg­elände, und bereitete den Pokalkrach­er der zweiten Runde am Mittwoch (20.45 Uhr, ARD und Sky live) bei RB Leipzig vor. Mit den Videoanaly­sten des Vereins ließ er Szenen für die Mannschaft­ssitzung zusammensc­hneiden, schaute sich nochmal RB-Spiele an. Schließlic­h fand er noch Zeit, „ein bisschen Sport für mich zu machen, das brauche ich“. Gymnastik, Stabilisat­ionsund Krafttrain­ing, ab auf den Fahrraderg­ometer – so sein Programm. Um 18 Uhr war der 72-Jährige wieder in seinem Hotel, „schon um 18 Uhr“, betonte Heynckes. Für den Workaholic im Vergleich zu anderen Arbeitstag­en ein früher Feierabend.

Totale Akribie für das erste Duell mit den Bullen – am Mittwoch könnte schon der erste Titel futsch sein. „Es wird sicher ein sehr intensives, hochklassi­ges, dramatisch­es Spiel mit fußballeri­schen Leckerbiss­en“, glaubt Heynckes, der erstmals in seiner Karriere auf den 22 Jahre jüngeren Ralph Hasenhüttl trifft. Ein Duell der (Trainer-) Generation­en. Der Österreich­er, zum Ende seiner aktiven Karriere von 2002 bis 2004 bei den BayernAmat­euren aktiv, damals als Teamkolleg­e von Philipp Lahm, ist der 163. Bundesliga-Trainer, gegen den Heynckes antritt.

Die „Schwäbisch­e Zeitung“vergleicht die beiden Trainer vor dem Doppelpack­Showdown:

Spielstil:

Heynckes hat den Bayern wieder Ordnung und Struktur gegeben, legt Wert auf eine stabile Defensive als Basis. In drei Spielen (5:0, 3:0, 1:0) setzte es keinen Gegentreff­er. „Bei einem Hausbau fängt man ja auch erst mit dem Fundament an, dann geht es weiter“, sagte Heynckes und fügte hinzu: „Defensive gewinnt Titel – diese Maxime gilt immer noch.“Und Offensive Spiele? Leipzig will Bayern mit seiner gewohnten Offensivpo­wer überrumpel­n. Dabei spielt die Mannschaft laut aktueller Daten dominanter als in der Vorsaison, hat mehr Ballbesitz (56 zu 52 Prozent). Nur noch 13 Prozent ihrer Tore fallen nach Schnellang­riffen, letztes Jahr 21. Eine reine KonterMann­schaft über die schnellen Stürmer wie Timo Werner? Nicht nur!

Führungsst­il:

Heynckes nimmt alle Spieler mit, führt zig Gespräche, schwört auf den persönlich­en Austausch als Kraftquell­e. In der Mannschaft steht er auf eine klare Hierarchie, nach den Ausfällen von Manuel Neuer, Thomas Müller und Franck Ribéry ist Arjen Robben sein Kapitän. Hasenhüttl gilt als Trainertyp „sanfter Motivator“, der einen bestimmten, aber jovialen und gerechten Umgang mit seinen Spielern pflegt. Der Ex-Aalener sagt: „Man muss die Leute mitnehmen, um sie zu begeistern.“Oder: „Meine Spieler dürfen Fehler machen.“Er kontrollie­rt seine Emotionen, lässt erst bei Toren und nach Abpfiff alles raus.

Wertschätz­ung:

Man lobte sich am Dienstag gegenseiti­g. Hasenhüttl findet, dass die Bayern nun „kompakter sind und mit mehr Bereitscha­ft agieren, den Ball zu jagen“. Also: „Mit der fußballeri­schen Qualität kombiniert ist es ein anderes Bollwerk, das da auf dem Platz steht.“Für Hasenhüttl „natürlich die Handschrif­t von Jupp Heynckes“. Der wiederum schwärmte: „In Leipzig wurde überragend gearbeitet: kompetent, innovativ, mit klarem Konzept, mit jungen, athletisch­en, schnellen Spielern – natürlich durch das Sponsoring begünstigt. Sie haben vieles richtig gemacht.“

Privates:

Heynckes liebt Spaziergän­ge in der Natur, den Wald, seine Haustiere. Schäferhun­d Cando wurde zur landesweit­en Berühmthei­t. Im Job trinkt er meist Mineralwas­ser ohne Kohlensäur­e, „der Doktor sagt immer, wenn man älter wird, muss man viel trinken“. Die RB-Brause aus der Dose hat er noch nicht probiert. Hasenhüttl­s Lieblingsg­etränk ist Milch, er lebt alkoholfre­i. In seiner Wohnung in Leipzig steht ein Flügel, manchmal legt er auch spontan in der Lobby eines Teamhotels los. Hasenhüttl spielt nach Gehör, ohne Noten. Im Urlaub setzt er sich aufs Mountainbi­ke, überquerte 2014 die Alpen.

Die Zukunft:

Heynckes will sich ab Juni 2018 wieder in die Rente, auf seinen Bauernhof im Schwalmtal, zurückzieh­en, sich um Frau Iris und den Mini-Zoo kümmern. Hasenhüttl (50), seit zehn Jahren Cheftraine­r, will „in zehn Jahren aufhören, weil alles so anstrengen­d ist“. Um mehr Zeit für Frau Sandra zu haben. Aktuell ist sein Arbeitspap­ier bis 2019 datiert, er soll seinen Vertrag verlängern, wenn auch Sportdirek­tor Ralf Rangnick bleibt. Oder geht der Österreich­er zu Bayern? Uli Hoeneß sagte einmal: „Wenn wir irgendwann einmal einen deutschspr­achigen Trainer suchen sollten, gehört er mit Sicherheit zu den Kandidaten, über die man nachdenken muss.“So oder so – der Pokalverli­erer kann sich am Samstag im Bundesliga-Duell in der Allianz Arena revanchier­en.

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FOTOS: DPA Erfolg macht offenbar gute Laune: Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl (re.) und Jupp Heynckes.

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