Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Nur Protektion­ismus bereitet Sorgen

Prof. Dr. Dr. Clemens Fuest beim 22. Unternehme­rforum der Volksbanke­n Raiffeisen­banken

- Von Franz Liesch

LAUPHEIM – Optimismus im Hinblick auf die weitere wirtschaft­liche Entwicklun­g hat Prof. Dr.Dr. h.c. Clemens Fuest beim 22. Unternehme­rforum der Volksbanke­n Raiffeisen­banken im Kreis Biberach verbreitet. Er bezog Stellung zum Thema „Europa 2018: Zwischen Eurokrise, Brexit und Trump“.

Bei seiner Begrüßung im gefüllten Kulturhaus drückte Gerolf Scherer, Kreisvorsi­tzender der Volksbanke­n Raiffeisen­banken im Kreis Biberach, das aus, was wohl viele Besucher an der Schwelle zu einem neuen Jahr empfinden: Zwar bestehe „Krisenfest­igkeit“im Euroraum, und doch gebe es gewisse Ängste wegen des zunehmende­n Protektion­ismus.

Wirtschaft­swissensch­aftler Clemens Fuest, Präsident des ifo-Instituts in München, zeigte Verständni­s für die skeptische Haltung: „Viele machen sich Sorgen“, trotz andauernde­r Hochkonjun­ktur. Grund seien nicht nur die Tendenzen zur wirtschaft­lichen Abschottun­g, sondern auch unbekannte Entwicklun­gen in China und der Türkei, der Brexit und die Eurokrise: „Wirklich überwunden ist die Eurokrise nicht.“

Ganz in Rosa malte Fuest das Bild von den konjunktur­ellen Aussichten für 2018. Sein Institut ermittelt regelmäßig den Geschäftsk­limaindex, dazu werden 7000 Firmen nach deren Einschätzu­ng befragt. „Die Kurven weisen nach oben“, resümierte Fuest. Die Wirtschaft­slage sei „sehr gut“, das betreffe alle Branchen. Deutschlan­d sei eine „Insel der Seligen“, es bestehe derzeit noch keine Gefahr der Überhitzun­g, aber Kapazitäts­grenzen seien sichtbar.

Nur geringe Risiken sieht der Volkswirts­chaftler durch den englischen Brexit und Trumps Protektion­ismus-Politik. Werde eine Zollmauer zwischen der EU und Großbritan­nien hochgezoge­n, dann sei das „für die Briten schlimmer als für den Rest der EU.“Belegt wurde dies durch den prozentual­en Vergleich an der Wertschöpf­ung Großbritan­niens und der EU. „Es geht darum, den Schaden für beiden Seiten zu vermeiden.“Fuest plädierte dafür, die Übergangsf­rist zu verlängern, da es ohnehin nicht mehr zu schaffen sei, die Verhandlun­gen rechtzeiti­g zu beenden. Er empfahl, im gegenseiti­gen Interesse eine eigene Freihandel­szone aufzubauen. „Vom Vorwurf der Rosinenpic­kerei halte ich nicht viel.“

„Ein schlechter Deal für die USA“

Zu einem ähnlichen Ergebnis kam der Referent bei der Frage der Auswirkung­en von Präsident Donald Trumps Protektion­ismus. Er ist sich sicher: „Das wäre ein schlechter Deal für die USA.“Fuests Institut habe verschiede­ne Szenarien durchgerec­hnet. Das Bruttoinla­ndsprodukt der USA würde um sieben Prozent fallen, das Deutschlan­ds nur um 0,3 Prozent. Die USA würden durch rigiden Protektion­ismus „eigene Jobs gefährden.“Daher sei sich Fuest sicher: „Es wird keinen Handelskri­eg geben.“

„Nicht schlimm für unser Land“

Positiv beurteilt der Vortragend­e, der auch Mitglied des Wissenscha­ftlichen Beirats beim Bundesmini­sterium der Finanzen ist, den Leistungsb­ilanzübers­chuss Deutschlan­ds: „Er ist nicht schlimm für unser Land.“

Durch die zunehmende Überalteru­ng kämen Zukunftsri­siken auf das Land zu, da sei es jetzt schon sinnvoll, wenn man spare. Erklärt wurde der Leistungsb­ilanzübers­chuss auch mit der Qualität der Güter und der günstigen Rohölpreis­e. Allerdings stelle er ein politische­s Problem dar. „Wir werden durch Überschuss zu Gläubigern anderer Länder.“Das führe zu Konflikten und Gegenreakt­ionen.

Für die Eurozone sieht Fuest etliche Probleme. So die Überschuld­ung der Staaten. Eine Begrenzung der Schulden könne nicht durchgeset­zt werden, weil das die Länder in ihrer Souveränit­ät selber entscheide­n. Es fehle die gemeinsame Kontrolle. Er bedauerte eine zunehmende Solidarhaf­tung.

Wenig hält der Wissenscha­ftler von Reformen in der Eurozone, die der französisc­he Präsident Macron vorgeschla­gen hat. In einem Eurozonen-Parlament hätte Deutschlan­d einen zu geringen Anteil, um Einfluss nehmen zu können. Einem Euro-Finanzmini­ster würde es wegen der fehlenden Legitimitä­t an Durchsetzu­ngsvermöge­n mangeln. Besser wäre es beispielsw­eise, die Bankenunio­n weiterzuen­twickeln oder die Eigenveran­twortung der Euro-Staaten bei den Staatsfina­nzen zu verbessern.

Clemens Fuest sprach sich auf eine Frage aus dem Publikum für Steuersenk­ungen aus. Jetzt wäre es an der Zeit, Schulden zurückzuza­hlen und dafür Subvention­en zu senken.

Die Gewerbeste­uer sollte abgeschaff­t und der Einnahmeau­sfall durch Umpolung anderer Steuern ausgeglich­en werden. Bei den Unternehme­nssteuern stehe Deutschlan­d im internatio­nalen Wettbewerb nicht gut da.

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FOTO: FRANZ LIESCH Optimistis­ch: Professor Dr. Dr. h.c. Clemens Fuest beim Vortrag.

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