Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Auf ein Paprikahuhn hinauf zum Höchsten
Darin gleichen sie sich: Das Badische wie das Schwäbische ist nicht gerade üppig mit hohen Bergen gesegnet. Wem der Sinn nach Achttausendern steht, muss naturgemäß woandershin gehen. Auch auf dem Höchsten mit seinen 837,8 Metern Höhe wird es den wenigsten Alpinisten schwindlig. Und Gämsen oder gar Steinböcken, die etwas auf sich und ihre Kletterkunst halten, wird man hier oben eher selten begegnen. Dennoch reicht es auf dem Höchsten, dessen Name also ein wenig prahlerisch daherkommt, für eine grandiose Ausund Weitsicht. Wer richtige Berge sehen möchte, ist dort oben exzellent bedient, kann der Blick doch nicht nur über den Bodensee, sondern weit in die Alpen hinein schweifen.
Wer seine Energiespeicher nach den Strapazen einer Anfahrt mit dem Automobil wieder auffüllen möchte, kann das im Berggasthof tun, zum Beispiel auf der schönen Sonnenterrasse. Einziger Nachteil: Es ist gar nicht so leicht, sich auf das Essen zu konzentrieren, während das Panorama im sich verändernden Tageslicht dermaßen postkartenmäßig auf die Sinne einwirkt. Es drängt selbst die adrette Bedienung mit ihrer sonnigen Freundlichkeit etwas in den Hintergrund. Erst als diese ein vor Frische nur so überschäumendes Bier an den Tisch trägt, hat sie mit einem Schlag alle Aufmerksamkeit, auch für die Bestellung der Speisen.
Auf dem Gipfel des Höchsten wird niemand ohne Weiteres ungarische Küche erwarten. Auch der Berggasthof steht eigentlich für gepflegte schwäbische Gerichte. Doch weil der Küchenchef aus Ungarn stammt, und selbst der Schwabe in Baden – und umgekehrt – nicht nur von Rostbraten und Maultaschen allein lebt, drängt sich die Auswahl der ungarischen Sonderkarte geradezu auf. Warum also nicht einmal ein original ungarisches Paprikahuhn bestellen? Zuvor aber noch rasch ein Abstecher zum wirklich außergewöhnlich frischen Salatbüffet. Selbst am späteren Nachmittag findet sich dort in der gut gekühlten Auswahl kein welkes Blatt. Auch der Gurkensalat ist nicht ausgesuppt, wie sonst oft an Büffets. Mehrerlei Dressings begleiten das Angebot. Der Kartoffelsalat kann sich sehr gut sehen und dann auch noch schmecken lassen. Ebenso ein Salat vom roten Rettich, der mit seiner schwefeligen Frische die Atemwege freipustet.
Lecker zu löffeln ist auch die Kräuterrahmsuppe, deren Geschmacksbild nicht zuletzt von sahniger Butter lebt. Und natürlich muss, wer zu Gast bei einem ungarischen Koch ist, eine Gulaschsuppe bestellen. Diese präsentiert sich in ungebundenem Zustand. Im Sud intensiver Paprikanoten schwimmen ordentlich Fleisch und Gemüse. Die eigentlich zu erwartende Feurigkeit bleibt aber aus. Auch dem ansonsten kaum zu tadelnden Paprikahuhn, das aus der Region stammt, fehlt es etwas an Schärfe. Zwar dringen auch hier die Aromen des Gemüses gut durch, doch das Gericht bleibt insgesamt zu harmlos.
Das geschmorte Huhn fällt vom Knochen, einen frischen Kontrast liefert der angedickte Rahm, der über dem Teller verteilt ist. Ungarisch für Anfänger sozusagen. Die dazu gereichten Knöpfle, welche sich durchaus auch als Spätzle deklarieren lassen, sind in ihrer Buttrigkeit allerdings ein Hochgenuss.