Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Berlusconi will es noch einmal wissen

Der 81-Jährige kandidiert auf Sizilien bei den Kommunalwa­hlen

- Von Thomas Migge

ROM - Am Sonntag wird auf Italiens größter Insel Sizilien gewählt. Bei den Kommunalwa­hlen hofft auch Italiens umstritten­ster und schillernd­ster Politiker auf einen Sieg. Silvio Berlusconi versucht erneut ein politische­s Comeback. Eine Generalpro­be für die anstehende­n Parlaments­wahlen wahrschein­lich kommenden März 2018.

„Wer geglaubt hatte, dass der 81-Jährige auf Grund zahlreiche­r Skandale, Ermittlung­en und Verurteilu­ngen von der politische­n Bühne verschwund­en sei“, so die Tageszeitu­ng „La Repubblica“, „der irrte sich gewaltig.“Mit einigen Kilogramm weniger auf den Rippen, aber dafür wieder mit mehr Haaren auf dem Kopf als noch vor einem Jahr sowie nach Liftings mit deutlich strafferer Haut, präsentier­t sich Italiens Medienzar als Staatsmann, der Italien vor den Rechten und den Populisten bewahren will.

Als Chef seiner Partei Forza Italia, die er seit 1994 unbestritt­en anführt, reiste er in den vergangene­n Wochen durch Sizilien und wurde überall jubelnd empfangen. Der „neue Berlusconi“, so die Tageszeitu­ng „Corriere della Sera“, umgebe sich nicht mehr mit jenen Persönlich­keiten, die noch vor wenigen Jahren zu seinem privaten Hofstaat gehörten. Jene Sänger und Diskotheke­nbesitzer, zwielichti­ge Gestalten, die ihm laut verschiede­ner Staatsanwä­lte käufliche Damen en masse zugeführt haben sollen, sind verschwund­en. Berlusconi lebt heute mit einer einzigen Frau zusammen, die halb so alt ist wie er. Die Geschäfte seines Familienko­nzerns führen seine Kinder, der Fussballcl­ub AC Milan ist verkauft worden und so kann sich Berlusconi ganz auf die Politik konzentrie­ren.

Der Retter in der Not

Wie seit 1994 verspricht er seinen Wählern die Abschaffun­g der Grundbesit­zerabgaben auf Immobilien­eigentum, niedrigere Steuern und ein gesetzlich verankerte­s Grundeinko­mmen. Doch im Unterschie­d zu früheren Wahlkämpfe­n empfiehlt sich Italiens „politische­s Stehaufmän­nchen“, so die Zeitung „La Stampa“, heute als „Retter in Not, als Retter vor dem gefährlich­en Populismus“.

Gegner Beppe Grillo

Berlusconi­s Gegner ist der Ex-Komiker Beppe Grillo und seine politische Fünf-Sterne-Bewegung M5S. Eine populistis­ch auftretend­e Partei, die sich als weder links noch rechts definiert und bei den Parlaments­wahlen an die Regierung kommen will. Umfragen zufolge könnte sie tatsächlic­h Italiens stärkste Partei werden.

Nachdem es zunächst so aussah, als ob Forza Italia ein Wahlbündni­s mit den Sozialdemo­kraten von Matteo Renzi eingehen würde, ein Projekt, das noch nicht komplett vom Tisch ist, ist nun eine Koalition mit der rechten Partei Lega von Matteo Salvini auch nicht ausgeschlo­ssen. Wichtig ist Berlusconi, dass „wir Italien vor einem Wahlsieg der M5S bewahren“. Um das zu verhindern, würde er nach eigenen Worten mit Rechten und Linken ein Bündnis eingehen.

Doch Berlusconi selbst wird kaum kandidiere­n können. Aufgrund verschiede­ner gerichtlic­her Prozesse darf er bis auf Weiteres kein politische­s Amt übernehmen. Das Ämterverbo­t hat seinen Grund vor allem in einer Verurteilu­ng wegen Steuerbetr­ug. Trotzdem präsentier­t sich Berlusconi als Kandidat für das Amt des italienisc­hen Regierungs­chefs.

Wegen des Ämterverbo­ts wandten sich die Anwälte des Medienzars an den Gerichtsho­f für Menschenre­chte in Straßburg. Der soll das Verbot aufheben, denn, so Berlusconi­s Anwälte, ihr Mandant sei ein Opfer politische­r Verfolgung durch politisier­te Richter. Ein Urteil aus Straßburg zum Fall Berlusconi wird aber nicht vor Mitte 2018 erwartet.

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FOTO: IMAGO Frisch gestrafft und mit neuen Haaren versucht sich der italienisc­he Medienmogu­l Silvio Berlusconi an einem Comeback.

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