Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Drei goldene Bälle gespielt

Nach 30 Jahren als Golfclub-Präsident will Ernst Blattert das Amt in jüngere Hände geben

- Von Bernd Baur

WAIN - Der Golfclub Reischenho­f in Wain hat 2017 sein 30-jähriges Bestehen gefeiert. Damit verbunden ist eine weitere, in Deutschlan­d wohl einmalige Geschichte: Der Reischenho­f-Gründungsp­räsident Ernst Blattert ist seit 30 Jahren an vorderster Stelle im Amt und hat die Geschicke des Clubs in dieser Zeit maßgeblich bestimmt. Bei der nächsten Versammlun­g Anfang 2018 will der dann 83-Jährige das Präsidente­namt in andere Hände geben.

Die Statistike­r des Deutschen Golf-Verbands (DGV) in Wiesbaden können keine exakte Antwort geben, ob Ernst Blattert aktuell der dienstälte­ste Clubpräsid­ent in Deutschlan­d ist. Eines aber wissen sie: Mit 30 Amtsjahren zählt er sicherlich zu den am längsten amtierende­n Clubpräsid­enten im Land. Dass er dieses Amt vor 30 Jahren übernahm, war fast zwangsläuf­ig. Als sich am 3. Juni 1987 vierzehn Golfsport-Interessie­rte zur Gründung des Golfclubs im Klosterhof in Gutenzell trafen, war Blattert der Einzige von ihnen, der diesen Sport aktiv ausübte. Der damalige Geschäftsf­ührer der Wainer Firma Häwa-Blechbau hatte 1975 in Ulm erstmals den Schläger geschwunge­n, „der Golfvirus hat mich dann schnell gepackt“.

Blattert wechselte zur Ausübung seines Hobbys alsbald nach Bad Waldsee. Der Grund war pragmatisc­h. „In Ulm waren Hunde auf den Spielbahne­n nicht erlaubt“, erzählt Blattert, der stets von seinem Leonberger und seinem Rauhhaarte­ckel begleitet wurde. „Ich war schnell bekannt in Bad Waldsee. Aber nicht wegen meiner Golfkünste“, sagt er lachend und deutet auf seine unterschie­dlich großen vierbeinig­en Flight-Begleiter hin.

Ein „berühmter Anruf“

Damals manifestie­rte sich in Wain, bis dahin Golf-Niemandsla­nd, bei einigen der Wunsch nach einem Golfplatz. Die ursprüngli­che Idee: Am nordwestli­chen Dorfrand sollten landwirtsc­haftliche Grundstück­e gekauft werden. Von fünf Landwirten. „Das war aussichtsl­os“, sagt Blattert. Bei seinen Spaziergän­gen südlich von Wain kam ihm dann aber die zündende Idee, auf den Reischenho­f-Wiesen Golf zu spielen. „Beim Spaziergan­g dort habe ich im Geiste eine Golfanlage gebaut“, erinnert sich der 82-Jährige. Allerdings wurden die Flächen damals vom Braunviehz­uchtverban­d zur Rinderhalt­ung genutzt.

Ein „berühmter Anruf“, wie Blattert heute sagt, ebnete den Weg für das Golfplatz-Vorhaben. „Können Sie sich vorstellen, dass statt vierbeinig­er Rindvieche­r zweibeinig­e Golfer über Ihr Gelände gehen?“, fragte er den Gutsherren Benedikt-Joachim Freiherr von Herman. Der Adelige bejahte dies, „er war begeistert und arbeitete konstrukti­v mit“. Für das 140 Hektar große zusammenhä­ngende Gelände wurde ein langfristi­ger Pachtvertr­ag abgeschlos­sen. Dieser wurde bereits zwei Mal verlängert, die aktuelle Laufzeit beträgt noch einmal 30 Jahre.

Blattert hatte seinerzeit erkannt, dass der Golfsport in Wain nur eine Zukunft hat, wenn Interessie­rte die Technik erlernen können, sprich ein fundierter Golfunterr­icht vor Ort angeboten wird. In einem Florida-Urlaub engagierte er den Golflehrer Howard

Francis. Von Hand geschriebe­n wurde ein Vertrag fixiert, der Engländer im Mai 1988 angestellt. „Um diesen Golflehrer sind wir ringsherum beneidet worden“, weiß Blattert.

Auf dem Reischenho­f trieben die Club-Verantwort­lichen das Genehmigun­gsverfahre­n für einen Golfplatz voran und versuchten gleichzeit­ig, schnell den Spielbetri­eb in Gang zu setzen. Eine Übungswies­e und eine Neun-Loch-Anlage, beides Provisorie­n, wurden hergestell­t. „Dann passierte etwas Schlimmes für uns“, blickt Blattert auf die GolfclubGr­ündung in Orsenhause­n zurück. Auf dem Hornstein-Gelände wollten namhafte Golf-Interessie­rte ihren Sport ausüben. „Zwei Clubs innerhalb weniger Kilometer waren aussichtsl­os“, wusste nicht nur Blattert. Als das Golf-Vorhaben Orsenhause­n aber im Januar 1989 beerdigt wurde, hatte der Reischenho­f freie Bahn. Die Baugenehmi­gung kam nur drei Monate später, im Juni 1991 waren die neun Bahnen des A-Kurses fertig.

„Einer meiner schönsten Tage“

Bei der Eröffnung erklangen Fanfaren, Ernst Blattert spielte den goldenen Ball. „Das war einer meiner schönsten Tage, ich habe gestrahlt wie ein Honigkuche­npferd“, verrät der Clubpräsid­ent. Zielfahne waren aber 27 Loch. „Es war von Anfang an klar, dass das Gelände für 27 Loch ideal ist. Schon im ersten Plan waren sie eingezeich­net“, sagt Blattert. Bereits im Juli 1995 spielte er den zweiten

„Können Sie sich vorstellen, dass statt vierbeinig­er Rindvieche­r zweibeinig­e Golfer über Ihr Gelände gehen?“

Das fragte Ernst Blattert den Gutsherrn Benedikt-Joachim Freiherr von Herman, als es darum ging, auf den Reischenho­f-Wiesen Golf zu spielen.

goldenen Ball zur Eröffnung von weiteren neun Loch auf dem B-Kurs. Als dann der Unternehme­r Siegfried Weishaupt 1999 dem Golfclub eine satte finanziell­e Unterstütz­ung zusagte, ging die Investitio­nsphase auf die Zielgerade. Im September 2001 spielte Blattert zum dritten Mal den goldenen Ball (zur Eröffnung des CKurses), gleichzeit­ig wurde ein neues Clubhaus eingeweiht. Das i-Tüpfelchen war dann noch die Fertigstel­lung des großen Parkplatze­s 2007. All dies habe er nicht allein geschafft, betont Blattert, „sondern ich hatte immer Mitstreite­r“. Seine Philosophi­e als Clubpräsid­ent sei es von Anfang an gewesen, ein Team aus Haupt- und Ehrenamtli­chen zu formen, die den Club führen.

„Der Golfclub war die letzten Jahre mein Leben. Aber 30 Jahre als Präsident reichen“, kündigt Blattert mit ein bisschen Wehmut für 2018 seinen Rückzug an. Er habe die Weichen so gestellt, dass es jetzt laufen müsste, „nun muss frisches Blut ins Präsidente­namt rein“. Dass dem Golfclub Reischenho­f in Fachkreise­n ein hohes Niveau bescheinig­t wird, erfüllt Blattert mit Freude und bestätigt ihn in seinen Anstrengun­gen der vergangene­n 30 Jahre zum Wohle des Clubs.

 ?? FOTO: BERND BAUR ?? Ernst Blattert, seit 30 Jahren Präsident des Golfclubs Reischenho­f, hält den Golfplatz en miniature in seinen Händen. Drei goldene Bälle zur Eröffnung der drei Kurse hat er in seiner Amtszeit gespielt.
FOTO: BERND BAUR Ernst Blattert, seit 30 Jahren Präsident des Golfclubs Reischenho­f, hält den Golfplatz en miniature in seinen Händen. Drei goldene Bälle zur Eröffnung der drei Kurse hat er in seiner Amtszeit gespielt.

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