Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Zoll deckt 47 Verstöße gegen Mindestlohn auf
Gewerkschaft kritisiert Geschäftspraktiken im Hotel- und Gaststättengewerbe
ULM (sz/mö) - Das Hauptzollamt Ulm hat in den ersten sechs Monaten des Jahres insgesamt 47 Ermittlungsverfahren wegen nicht gezahlter Mindestlöhne eingeleitet. Im Hotelund Gaststättengewerbe wurden die Beamten der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) zehn Mal fündig. Diese Zahlen nennt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und beruft sich auf eine aktuelle Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Beate MüllerGemmeke an das Bundesfinanzministerium.Demnach überprüfte das Hauptzollamt Ulm im ersten Halbjahr 89 Betriebe des Gastgewerbes. Bundesweit waren es rund 3700.
Der Zoll kontrolliert verstärkt das Baugewerbe, das Hotel- und Gaststättengewerbe, da dort besonders häufig gegen den Mindestlohn verstoßen wird. In Deutschland galt seit 2015 ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Seit 1. Januar 2017 müssen die Arbeitgeber 8,84 Euro zahlen. Wer sich nicht daran hält, muss mit Nachzahlungen und Bußgeldern rechnen.
Dass auch im Alb-Donau-Kreis immer noch nicht alle Beschäftigten die Bezahlung bekommen, die ihnen per Gesetz zusteht, kritisiert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. „Je gründlicher der Zoll kontrolliert, desto größer ist das Risiko für Unternehmen im Alb-DonauKreis, bei schmutzigen Praktiken erwischt zu werden“, betont NGG-Geschäftsführerin Karin Brugger. Die Gewerkschafterin geht von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus. Deshalb müsse das Zoll-Personal deutlich aufgestockt werden.
Die Arbeit der FKS sei eines der wichtigsten Mittel, um die Einhaltung des Mindestlohns flächendeckend durchzusetzen, so Brugger. Hier gelte einmal mehr: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“
„Jeder Verstoß ist einer zu viel. Es kann nicht angehen, dass sich auch zwei Jahre nach seiner Einführung noch immer nicht alle Betriebe an den gesetzlichen Mindestlohn halten.“Auch spezielle Branchenmindestlöhne, wie es sie etwa für die Leih- und Zeitarbeit gebe, würden zu häufig unterlaufen.
Zugleich wendet sich die NGG gegen Pläne, die Dokumentationspflichten beim Mindestlohn aufzuweichen. Dafür hatten sich Union und FDP im Wahlkampf ausgesprochen. Brugger: „Nur wenn die Arbeitgeber die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten aufschreiben, können die Stunden auch tatsächlich gezahlt werden. Darauf ist jeder ehrliche Unternehmer angewiesen. Wer jetzt an die Dokumentationspflicht will, der öffnet dem Lohnbetrug Tür und Tor.“