Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Saudi-Arabien macht Nachbarn nervös

- Von Jan Kuhlmann, Istanbul

Zwischen Iran und Saudi-Arabien baut sich jede Menge politische Spannung auf – und die bietet Sprengstof­f für die ganze Region.

Eine zentrale Rolle spielt dabei der 32 Jahre alte saudische Kronprinz Mohammed bin Salman. Er hält schon längst die Fäden des Königreich­s in der Hand: Nicht etwa König Salman, sondern sein ehrgeizige­r Sohn gilt als stärkster Mann im Land. Auf der einen Seite baut er die Wirtschaft um, um das Land unabhängig­er von Öl zu machen, auf der anderen Seite festigt er seine Macht mit fragwürdig­en Mitteln und fordert den Erzrivalen Iran heraus.

In den vergangene­n Tagen hat es in diesem Zusammenha­ng drei markante Ereignisse gegeben: die Festnahme Dutzender Prinzen und anderer führender Persönlich­keiten in Saudi-Arabien, ein Raketenang­riff aus dem Jemen auf Riad und der angekündig­te Rücktritt des libanesisc­hen Regierungs­chefs Saad Hariri, ein enger Verbündete­r der Saudis.

Der Kronprinz soll den vorgeblich­en Anti-Korruption­skampf genutzt haben, um potenziell­e Rivalen aus der Königsfami­lie aus dem Spiel zu nehmen, sagt die Golf-Expertin Jane Kinninmont von der Londoner Denkfabrik Chatham House. Gleichzeit­ig ließ er aber auch die Macht der gefürchtet­en Sittenpoli­zei beschneide­n und Frauen das Autofahren erlauben. Aber Liberalism­us oder gar Demokratie sind nicht zu erwarten.

Unter der Führung Mohammed bin Salmans verschärft­e Saudi-Arabien vor allem seinen Kurs gegenüber Iran. Angesichts einer großen schiitisch­en Minderheit im Osten Saudi-Arabiens befürchtet die Führung in Riad, Irans Politik könnte auch das eigene Land und damit die Monarchie gefährden.

Züge eines Stellvertr­eterkriegs

Im Jemen im Süden der Arabischen Halbinsel hat der Bürgerkrie­g Züge eines Stellvertr­eterkriegs zwischen den beiden Regionalmä­chten angenommen. Iran unterstütz­t die schiitisch­en Huthis, die große Teile des Landes überrannt haben. Saudi-Arabien wiederum intervenie­rte vor mehr als zwei Jahren und bombardier­t an der Spitze einer Koalition die Rebellen. Die Angriffe haben entscheide­nd dazu beigetrage­n, dass die Infrastruk­tur des bettelarme­n Landes stark zerstört wurde und Millionen Menschen leiden müssen. Trotz der Luftangrif­fe konnten die Saudis die Huthis bisher kaum zurückdrän­gen. Auch die Blockade des Emirats Katar war bislang erfolglos. Dennoch könnte der Konflikt zwischen SaudiArabi­en und Iran bald in einem weiteren Land eskalieren: im kleinen Libanon am Mittelmeer. Von Riad aus kündigte der umstritten­e libanesisc­he Ministerpr­äsident Saad Hariri am vergangene­n Wochenende seinen Rücktritt an. Hariri griff während seiner Erklärung die im Libanon einflussre­iche Schiitenmi­liz Hisbollah an – deren Geldgeber und Schutzmach­t wiederum Iran ist.

Ob ein Angriff oder ein Bürgerkrie­g droht, lässt sich noch nicht absehen. Saudi-Arabien rief seine Bürger jedenfalls bereits dazu auf, den Libanon zu verlassen. Bei vielen Politikern weltweit und in der Region löste diese Meldung große Sorgen aus. (dpa)

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