Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Saatkrähen-Umsiedlung: Jäger helfen weiter mit

2018 soll es im Rißtal einen zeitlich und lokal begrenzten generellen Jagdverzic­ht geben

- Von Roland Ray

LAUPHEIM - Der stellvertr­etende Kreisjäger­meister Dieter Mielke ist überrascht, wie gut die im Herbst 2016 eingeleite­ten Maßnahmen, Saatkrähen aus dem Laupheimer Stadtgebie­t ins Rißtal umzusiedel­n, bisher fruchten. „Das hätte keiner von uns gedacht“, sagte er im Gespräch mit der SZ. Den Jägern falle dabei eine Schlüsselr­olle zu. Sie wollen sich auch 2018 einbringen, aufgrund der im ersten Jahr gewonnenen Erkenntnis­se in abgewandel­ter Form.

Im vergangene­n Jahr hatten die Jäger zugesagt, in den Revieren Achstetten, Baltringen, Baustetten, Bronnen, Burgrieden, Laupheim, Oberholzhe­im, Ober- und Untersulme­tingen und Schemmerbe­rg zunächst auf zwölf Monate befristet keine Rabenkrähe­n zu schießen, um die Umsiedlung der Saatkrähen zu unterstütz­en. Rabenkrähe­n dürfen im Unterschie­d zu den streng geschützte­n Saatkrähen gejagt werden. Letztere bekommen das freilich mit, wenn sie tagsüber in den Außenberei­chen Nahrung suchen, fühlen sich bedroht und drängen in die Stadt, wo in aller Regel nicht geschossen wird.

Ein Zielkonfli­kt

Es habe Überzeugun­gsarbeit bei den Kollegen gekostet, sich auf den Jagdverzic­ht einzulasse­n, sagt Dieter Mielke. Denn der habe auch seine Schattense­iten, weil Rabenkrähe­n – anders als Saatkrähen – Allesfress­er sind. Sie plündern die Nester von Bodenbrüte­rn wie Rebhuhn und Kiebitz und schlagen junge Feldhasen – bedrohte Tierarten, deren Schutz sich die von den Jägern gegründete Hegegemein­schaft auf die Fahne geschriebe­n hat. Da tue sich „ein echter Zielkonfli­kt“auf, sagt Nikolaus Rentschler, Jagdpächte­r im Rißtal. Eine konsequent­e Bejagung der Fressfeind­e Fuchs und Rabenkrähe sei zum Schutz dieser bedrohten Arten eigentlich unerlässli­ch, verdeutlic­ht Dieter Mielke.

Um Hinweise zu bekommen, wie sich ein partieller Jagdverzic­ht auf die Bestandsen­twicklung von Feldhase, Rebhuhn und Kiebitz auswirkt, haben die Jäger in den Revieren Achstetten, Laupheim und Obersulmet­ingen ein Monitoring begonnen. Mindestens drei Jahre soll gezählt werden. Besser wären fünf, sagt Mielke, um auch bei Sondereinf­lüssen wie harten Wintern oder nassen Sommern ein möglichst objektives Bild zu erhalten. Die Wildforsch­ungsstelle des Landes in Aulendorf wertet die Daten aus. Gleichzeit­ig werden mit Unterstütz­ung der unteren Naturschut­zbehörde weitere Biotop-Verbesseru­ngen in den betroffene­n Gebieten im Rißtal realisiert.

Die Erfolge wecken Hoffnung

Die ersten Ergebnisse des Saatkrähen­projekts weckten bei allen Beteiligte­n „Hoffnung, dass die Saatkrähen doch noch dauerhaft aus der Stadt umgesiedel­t werden können“, heißt es in einer Stellungna­hme der Jäger. Für dieses Ziel wollen sie weiter kooperiere­n und dabei ihr Vorgehen an die 2017 gewonnenen Erkenntnis­se anpassen. „Wir haben festgestel­lt, dass man nicht im gesamten Rißtal den ganzjährig­en Jagdverzic­ht auf Rabenkrähe­n braucht“, erklären Dieter Mielke und Nikolaus Rentschler. Sinnvoller sei ein lokal begrenzter, dafür aber genereller Jagdverzic­ht während der Brut- und Aufzuchtze­it der Saatkrähen von Mitte April bis Ende Mai, und zwar in den Gebieten, „wo sie Nester bauen und wo man sie hinhaben will“. Auf diese Weise werde die Umsiedlung besser unterstütz­t. Dieser Ansicht sei auch Leo Mandlsperg­er. Der Falkner aus Bayern und sein Team hatten von Ende Februar bis Anfang April mit Greifvögel­n die innerstädt­ischen Saatkrähen­kolonien in ständige Unruhe versetzt und erreicht, dass ein Teil das Brutgeschä­ft ins Rißtal verlegt hat. „Die damit erzielten Erfolge waren in diesem Maß im ersten Projektjah­r so nicht unbedingt zu erwarten“, resümierte Ulrike Stöhr vom städtische­n Umweltamt im Juni im Bau- und Umweltauss­chuss.

Laupheims Stadträte haben 100 000 Euro bewilligt, um die Vergrämung 2018 fortsetzen und Leo Mandlsperg­er und andere Falkner beauftrage­n zu können. Ein weiterer Einsatz von Greifvögel­n im Februar/ März sei unverzicht­bar, um den bisher erzielten Erfolg dauerhaft zu sichern, sagt Dieter Mielke. Es sei löblich, dass der Gemeindera­t erneut so viel Geld bereitstel­le, sagt Nikolaus Rentschler. Auch er zeigt sich von den bisherigen Ergebnisse­n positiv überrascht: „Die Falken machen enormen Druck.“Allerdings, so Rentschler, würden ihm auch Vorgehensw­eisen einfallen, „die um den Faktor Tausend günstiger gewesen wären“. Doch dem Regierungs­präsidium habe der Mut gefehlt, eine Sondergene­hmigung etwa für den Abschuss einiger Saatkrähen zu erteilen. Das Risiko, dass die Vögel unter Stress Splitterko­lonien bilden, bestehe auch beim Einsatz von Greifen.

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ARCHIVFOTO: ROLAND RAY Erste Erfolge bei der Vergrämung: Die Anzahl der Saatkrähen­nester im Laupheimer Stadtgebie­t war 2017 rückläufig.
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SYMBOLFOTO: DPA/FELIX KÄSTLE Die Jäger im Rißtal sind weiter bereit, zugunsten des Saatkrähen­projekts zurückzust­ecken.

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