Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Milde Strafe für Kindesmiss­brauch

Ein 38-Jähriger muss für drei Jahre und vier Monate ins Gefängnis, weil er sich an seiner damals neunjährig­en Stieftocht­er vergangen hat

- Von Carolin Oefner

NEU-ULM/MEMMINGEN - Der 38jährige Neu-Ulmer, der seine Stieftocht­er schwer sexuell missbrauch­t hat, ist nun verurteilt: Er muss für drei Jahre und vier Monate ins Gefängnis – wobei sein einjährige­r Aufenthalt in der Untersuchu­ngshaft auf diese Zeit angerechne­t wird. Vorsitzend­er Richter Jürgen Hasler sprach den Mann am Donnerstag am Landgerich­t in Memmingen wegen schweren sexuellen Missbrauch­s in drei Fällen und sexuellen Missbrauch­s in vier Fällen schuldig.

Die Anwältin der Nebenklage, Ulrike Mangold, hatte zu Beginn der Verhandlun­g noch versucht, das Gericht umzustimme­n. Ihrer Ansicht nach war die Vereinbaru­ng, die die Beteiligte­n in der vergangene­n Sitzung geschlosse­n hatten, nicht mehr tat- und schuldange­messen. Sie merkte an, dass Gewalt und Erpressung bei den Taten eine Rolle spielte. Und die Zeugen stützten diese These: Eine Kriminalpo­lizistin erzählte von einem Fall, in der 38-Jährige den Kopf des Kindes fest an seinem Intimberei­ch gehalten habe. Die psychiatri­sche Sachverstä­ndige schilderte, dass der Täter das Kind während eines Missbrauch­s an den Beinen festgehalt­en habe.

Das alles reichte dem Gericht jedoch nicht, um einen Gewaltaspe­kt mit ins Urteil zu bringen – deswegen blieb es bei dem ausgehande­lten Deal. Das Einzige, was das Kind detaillier­t beschriebe­n habe, sei eine Ohrfeige gewesen. Doch, so Richter Hasler, habe der 38-Jährige diese erst nach dem Ende des erzwungene­n Geschlecht­sverkehrs gegeben, was deswegen nicht als „Mittel, um sie gefügig zu machen“zähle und damit nicht als Gewalt.

Auch in den anderen Vorfällen habe das Kind zu wenige Einzelheit­en erzählt, um dies zum Tatbestand zu machen. „Wir haben das Thema ausführlic­h diskutiert“, sagte Hasler in der Urteilsbeg­ründung. Schließlic­h sei diese Frage offen geblieben.

Für den Neu-Ulmer spreche vor allem, dass durch sein Geständnis das Mädchen nicht aussagen muss. Das Kind schonend zu behandeln, spiele eine „außerorden­tlich große Rolle“, sagte Hasler. Es sei schwer gewesen, zu beurteilen, ob die Angaben des Kindes zu einer Verurteilu­ng ausreichen. Deswegen habe das Gericht sich auf die Tatvorwürf­e beschränkt, die sicher nachgewies­en werden konnten. Doch wie und warum es zu den Taten kam, blieb im Dunkeln. „Da hätte uns der Angeklagte mit einer Aussage helfen können“, sagte Hasler. Nach Angaben des psychiatri­schen Facharztes ist der Mann nicht kernpädoph­il, also nicht nur auf Kinder fixiert. Deswegen gelte er nicht als vermindert schuldfähi­g.

Richter Hasler rechnete dem Mann jedoch an, dass er bereit ist, dem Kind Schmerzens­geld zu bezahlen. Und für ihn spreche auch, dass er nun „vor dem Nichts steht“, weil er seine Beziehung, seinen Arbeitspla­tz und seine Existenz verloren habe. Gegen ihn wertete der Richter neben allen in der Anklage aufgeführt­en Vorwürfen, dass er als Ersatzvate­r das Vertrauen des Kindes zerstört habe.

Gesamtstra­fe im unteren Rahmen

Das Gericht bildete eine Gesamtstra­fe der Tatvorwürf­e und kam so auf drei Jahre und vier Monate Gefängniss­trafe, die sich damit im unteren Rahmen bewegt. Denn in diesem Bereich sind Strafen zwischen zwei und 15 Jahren möglich, so Richter Hasler. „Ich hoffe, dass die Sache nun für alle abgeschlos­sen werden kann“, sagte er. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Die Plädoyers der Staatsanwa­ltschaft, der Nebenkläge­rin und des Verteidige­rs wurden nicht öffentlich vorgetrage­n, deswegen ist zu deren Haltung nichts bekannt. In diesem Zuge hatte auch der Angeklagte die Möglichkei­t, abschließe­nd etwas zu sagen – ob er sich entschuldi­gt hat, ist unbekannt.

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FOTO: DPA Das Landgerich­t Memmingen hat einen 38-Jährigen wegen Kindesmiss­brauchs zu einer Haftstrafe verurteilt.

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