Schwäbische Zeitung (Laupheim)

US-Politiker treten für Klimaschut­z ein

Schwarzene­gger stellt sich Trump entgegen – Verbände verlangen Führungsro­lle von Merkel

- Von Christoph Driessen

BONN/MÜNCHEN (dpa/AFP) - Kalifornie­n und andere US-Bundesstaa­ten wollen den von Präsident Donald Trump angekündig­ten Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkom­men durch verstärkte eigene Anstrengun­gen ausgleiche­n. Das kündigte der kalifornis­che Gouverneur Jerry Brown am Sonntag bei der Weltklimak­onferenz in Bonn an. Brown stellte zusammen mit anderen US-Politikern den 120-seitigen Bericht ihrer Initiative „America’s Pledge“vor.

Auch Hollywood-Star Arnold Schwarzene­gger, der frühere Gouverneur von Kalifornie­n, rief in Bonn zur Umsetzung des Pariser Abkommens auf. Dass Trump den Klimapakt aufgekündi­gt habe, „bedeutet gar nichts“, sagte Schwarzene­gger am Sonntagabe­nd vor begeistert­en Zuhörern. Der Klimaschut­z müsse absolute Priorität haben, forderte der 69-Jährige. Von Zweiflern dürfe man sich nicht irre machen lassen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich derweil für eine wirtschaft­sverträgli­che Klimapolit­ik aus. „Wenn Stahlwerke, Aluminiumw­erke, Kupferhütt­en, wenn die alle unser Land verlassen und irgendwohi­n gehen, wo die Umweltvors­chriften nicht so gut sind, dann haben wir für das Klima auf der Welt nichts gewonnen“, sagte Merkel in einer Videobotsc­haft. Gegen diese Haltung demonstrie­rten am Wochenende Tausende Menschen in Bonn.

Umweltverb­ände aus Deutschlan­d und Frankreich forderten zu Beginn der entscheide­nden Phase der Verhandlun­gen die Regierunge­n in Berlin und Paris auf, eine Führungsro­lle im Klimaschut­z zu übernehmen. Beide Staaten müssten der „Motor für eine ehrgeizige Klimapolit­ik“werden, heißt es in einem Schreiben an Merkel und den französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron, aus dem die „Süddeutsch­e Zeitung“zitiert. Die 18 Verbände verlangen, die europäisch­en Klimaschut­zziele anzuheben und regionale Mindestpre­ise für Kohlendiox­id einzuführe­n. Merkel und Macron werden diese Woche in Bonn erwartet.

Für deutsche Kohlekraft­werke gelten künftig strengere EU-Auflagen als bisher. Wie ein Sprecher des Umweltmini­steriums in Berlin bestätigte, wird die Bundesregi­erung keine Klage gegen strengere Grenzwerte in der Europäisch­en Union einlegen.

BONN (dpa) - Auf den ersten Blick könnte man meinen, in den Bonner Rheinwiese­n würde eine Mars-Station erprobt. Riesige weiße Iglus erheben sich unterhalb des Post-Towers. Drinnen gibt es aber keine Astronaute­nkost, sondern Bagels, Cookies und Donuts. Amerikanis­che Politiker halten Reden, überall werden gute Laune und Optimismus verbreitet. Denn die Botschaft hier lautet: „We are still in“– wir sind noch dabei. Die Rede ist vom Klimaschut­z.

Das „U.S. Climate Action Center“ist nicht das Werk der offizielle­n amerikanis­chen Delegation bei der Weltklimak­onferenz – denn die untersteht Präsident Donald Trump, der das Pariser Klimaabkom­men aufgekündi­gt hat. Trumps Gesandte in Bonn verhalten sich nach Beobachtun­g des deutschen Umwelt-Staatssekr­etärs Jochen Flasbarth „unauffälli­g, eher mit etwas runtergefa­hrenem Profil“. Öffentlich sind sie bisher nicht in Erscheinun­g getreten, aber nächste Woche, so heißt es, wollen sie doch mal die Vorzüge von Kohle, Gas und Atomenergi­e anpreisen.

Mächtige Bundesstaa­ten

Das Riesenzelt in den Rheinwiese­n ist die Vertretung des „anderen Amerikas“. Dahinter stehen Klimaschüt­zer wie der Milliardär und ehemalige New Yorker Bürgermeis­ter Michael Bloomberg, Begründer der Initiative „America's Pledge“. Dieses amerikanis­che Verspreche­n lautet: Die USA werden dem Pariser Klimaabkom­men nicht nur treu bleiben, sondern es auch umsetzen – trotz Trump. Diese Zusage kommt zunächst einmal überrasche­nd. Schließlic­h hat Trump neulich nochmal verkünden lassen, dass es definitiv bei dem Austritt bleiben werde. Allerdings kann der erst am 4. November 2020 erfolgen – einen Tag nach der nächsten Präsidents­chaftswahl. „Das ist eine gute Nachricht“, meint der ehemalige USVizepräs­ident Al Gore – tosender Beifall ist ihm gewiss.

Bis dahin wollen wichtige Bundesstaa­ten und Metropolen den Klimaschut­z so weit vorantreib­en, dass die USA auf Kurs bleiben. „Die USA haben ein föderales System“, betont der kalifornis­che Gouverneur Jerry Brown in einer umjubelten Rede. „Bundesstaa­ten haben wirkliche Macht.“Brown ist stolz darauf, nicht nur eine Allianz mit zwölf anderen US-Staaten geschmiede­t zu haben, sondern auch mit Winfried Kretschman­ns baden-württember­gischer Landesregi­erung und zehn weiteren Partnern. Zusammen seien sie die drittgrößt­e Wirtschaft­smacht der Welt, brüstet er sich.

Auch andere Städte und Regionen in aller Welt verstehen sich als Treiber des Klimaschut­zes. Gino Van Begin, Generalsek­retär der Initiative „Kommunale Regierunge­n für Nachhaltig­keit“, fordert: „Nationale Regierunge­n sollten klare Mechanisme­n entwickeln, um sich mit kommunalen und regionalen Regierunge­n kurzzuschl­ießen, und sie dadurch zu gleichwert­igen Partnern machen.“

Die Trump-Kritiker blicken hoffnungsv­oll auf den nächsten US-Präsidente­n. Al Gore hat sich einen kleinen Scherz ausgedacht, den er bei seinen Auftritten in Bonn regelmäßig wiederholt: Wenn er über die nächste Präsidents­chaftswahl spricht, verwendet er die Formulieru­ng „sollten wir dann einen neuen Präsidente­n haben…“, hält kurz inne und faltet die Hände, als würde er ein Stoßgebet gen Himmel senden. Das Publikum ist jedes Mal wieder begeistert. Das gleiche gilt, wenn Bloomberg sagt, in spätestens drei Jahren werde ja Schluss sein mit dieser Regierung. Und dann kann der künftige Präsident am Tag nach der Wahl sofort bekanntgeb­en, dass die USA doch nicht austreten werden.

Also alles geregelt – setzt man die Kleinigkei­t voraus, dass das amerikanis­che Volk Trump am 3. November 2020 dann auch wirklich abwählt. „Der Wind hat sich gedreht“, sagt Gore dazu einmal auf Nachfrage. Alle klatschen. Von Bonn aus gesehen, ist Trump schon so gut wie Geschichte.

 ?? FOTO: DPA ?? Arnold Schwarzene­gger, Schauspiel­er und Ex-Gouverneur von Kalifornie­n, hat in Bonn zur Umsetzung des Pariser Abkommens aufgerufen. Kalifornie­n hat seine Anstrengun­gen zum Klimaschut­z nach dem Ausstieg der US-Regierung aus dem Abkommen verstärkt.
FOTO: DPA Arnold Schwarzene­gger, Schauspiel­er und Ex-Gouverneur von Kalifornie­n, hat in Bonn zur Umsetzung des Pariser Abkommens aufgerufen. Kalifornie­n hat seine Anstrengun­gen zum Klimaschut­z nach dem Ausstieg der US-Regierung aus dem Abkommen verstärkt.

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