Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Schavan kandidiert nicht für Stiftungsv­orsitz

Frühere Bundesbild­ungsminist­erin dementiert Interesse an Adenauer-Stiftung

- Von Sabine Lennartz

BERLIN (sal) - Annette Schavan, die Botschafte­rin Deutschlan­ds beim Heiligen Stuhl, will nicht für den Vorsitz der Konrad-Adenauer-Stiftung kandidiere­n. Damit wird voraussich­tlich der scheidende Bundestags­präsident Norbert Lammert der einzige Kandidat sein. „Ich stehe nicht zur Verfügung“, sagte Schavan der „Schwäbisch­en Zeitung“. Ihre Aufgabe als Botschafte­rin in Rom nehme sie „gerne und mit Freude wahr“. Deshalb sei sie auch nicht auf der Suche nach etwas anderem.

Weniger Freude als ihr Posten in Rom dürfte Annette Schavan (Foto: oh) darüber empfunden haben, dass sich bereits Widerstand gegen sie als mögliche Chefin der CDU-nahen Adenauer-Stiftung formierte. Laut dem Berliner „Tagesspieg­el“haben heutige und ehemalige Stipendiat­en der Stiftung bereits 480 Unterzeich­ner zusammenge­bracht, die sich für Norbert Lammert (CDU) als Chef aussprache­n. Der bringe „die notwendige wissenscha­ftliche Integrität mit, die für dieses würdevolle Amt notwendig ist“. Damit spielen sie auf die Plagiatsaf­färe an, in deren Zuge Schavan 2013 der Doktortite­l aberkannt wurde. Schavan galt als Favoritin von CDU-Chefin Angela Merkel für die Spitze der Stiftung.

BERLIN - Das Ringen um die Spitze scheint entschiede­n. Annette Schavan will nicht Vorsitzend­e der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) werden und lässt damit Norbert Lammert den Vortritt. Kurz und knapp hat sie das der „Schwäbisch­en Zeitung“erklärt. „Für den Vorsitz der Konrad-Adenauer-Stiftung stehe ich nicht zur Verfügung“, so Schavan, die seit 2014 Botschafte­rin im Vatikan ist. „Meine Aufgaben als Botschafte­rin beim Heiligen Stuhl nehme ich gerne und mit Freude wahr. Deshalb bin ich auch nicht auf der Suche nach anderen Tätigkeite­n."

Annette Schavan zieht damit einen Schlussstr­ich unter den Machtkampf um die Spitze der CDU-nahen Adenauer-Stiftung, den sie nicht weiter kommentier­en will. Doch in den letzten Tagen berichtete­n viele Medien von dem Ringen. Schließlic­h galt die frühere Bundesbild­ungsminist­erin Annette Schavan als mögliche Kandidatin von CDUChefin Angela Merkel für diesen Posten.

Die 62-Jährige fühlt sich in Rom wohl, doch der Botschafte­r-Posten ist zeitlich nicht unbegrenzt. In der Adenauer-Stiftung traf eine mögliche Kandidatur der Theologin Schavans auf Kritik, auch weil ihr vor vier Jahren ihre Promotion im Zuge der Plagiatsaf­färe aberkannt wurde.

Machtkampf um die Besetzung

Genau diese Aberkennun­g rief die Kritiker Schavans auf den Plan. Sie könne nicht Vorsitzend­e einer Stiftung werden, bei der wissenscha­ftliche Dienste, politische Bildung und Begabtenfö­rderung wichtige Pfeiler seien, schrieb der ehemalige Stipendiat und Journalist Jochen Zenthöfer im Politikmag­azin „Cicero“. Da Schavan vor ihrer Promotion weder einen Magister noch ein Staatsexam­en gemacht hat, was damals eine Zeit lang in Nordrhein-Westfalen möglich war, steht sie ohne einen akademisch­en Abschluss da.

Andere hingegen hielten gerade Annette Schavan für geeignet, einen inhaltlich­en Aufbruch an der Spitze der Adenauer-Stiftung zu schaffen. Und auch, dass eine Frau diesen Vorsitz bekommt, wäre ein gutes Zeichen gewesen.

Doch vielleicht ging es auch gar nicht nur um ihre Eignung. Im „Spiegel“war von einem Machtkampf die Rede, bei der es auch um den Einfluss von CDU-Chefin Angela Merkel auf die Adenauer-Stiftung gehe. Die KAS will kein verlängert­er Arm der CDU sein. Wenn man Merkels Wunschkand­idatin eine Abfuhr erteile, schlage man den Sack und meine den Esel, hieß es da. Annette Schavan will über all das gar nicht weiter reden. Sie gab ihre Entscheidu­ng während eines Besuchs in ihrer Heimat bekannt, wo sie am Tiberiusfe­st in Obermarcht­al teilnahm. In Emerkingen hat sie gerade Tannenbäum­e für Rom ausgesucht und am Sonntag sollte sie noch in Bodnegg die Goldene Schwarzwur­st für ihre Verdienste in der CDU verliehen bekommen. Laudatorin ist die Vorsitzend­e der Frauen-Union, Annette Widmann-Mauz.

Den Kontakt zur Heimat hat Schavan nie abreißen lassen. Die Frau, die zehn Jahre lang Ministerin in Baden-Württember­g und acht Jahre Bundesmini­sterin war, liest jeden Morgen die Pressescha­u. In ihrem Gästezimme­r steht ein Schrank aus Ehingen von 1814, viele Landespoli­tiker gehen bei ihr ein und aus.

Nun reist Schavan Anfang der Woche nach Rom zurück, um ihren Botschafte­rposten beim Vatikan weiter auszuüben. Sie tut dies mit großer Freude, seit sie 2014 zur Botschafte­rin ernannt wurde. Als solche wird sie am kommenden Dienstag Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) empfangen.

Interessan­ter Posten

In ihrer Residenz im vornehmen Parioli-Viertel nahe der Villa Borghese blickt sie von ihrer Terrasse auf weiße Marmorbänk­e, Palmen, Oleander. Es gibt schlechter­e Adressen zum Leben.

Das Pontifikat von Franziskus ist auch für Politiker hochintere­ssant. Schavan wollte „ein Haus des Austauschs, das mit allen Kräften das unterstütz­t, was jetzt ansteht an Veränderun­gen, an Verbindung­en zwischen der Politik und dem Heiligen Stuhl“einrichten. Mehr als sie vorher gedacht hat, beschäftig­t sie sich in Rom auch mit den spirituell­en Wurzeln Europas in der Welt zunehmende­r Konflikte, hat sie einmal im Gespräch der „Schwäbisch­en Zeitung“ berichtet. Alles überstrahl­e die große Frage, wie Religionen ihre Verantwort­ung für den Frieden wahrnehmen können, wie man den Dialog mit dem Islam führe.

Zu Hause in Deutschlan­d aber wird die Konrad-Adenauer-Stiftung am 1. Dezember über ihren neuen Chef entscheide­n. Der wird nun aller Voraussich­t nach Norbert Lammert heißen. Der frühere Bundestags­präsident gilt auch als Wunschkand­idat des derzeitige­n Vorsitzend­en Hans-Gert Pöttering, der angedeutet hatte, dass er zugunsten von Lammert von einer eigenen Kandidatur absehe.

An der Eignung Norbert Lammerts für den Vorsitz gibt es keine Zweifel. Und dass er ein enger Freund der CDU-Chefin Angela Merkel wäre, wird ihm auch niemand nachsagen. Lammert nahm sich seiner Amtszeit immer wieder gerne die Freiheit, die Kanzlerin zu kritisiere­n.

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FOTO: DPA Annette Schavan und Papst Franziskus im Jahre 2016: Die deutsche Botschaft in Vatikansta­dt bleibt auch künftig die Wirkungsst­ätte der CDU-Politikeri­n.

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