Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Großbritan­nien braucht die EU

- Von Daniela●Weingärtne­r

Je länger sich die Brexit-Verhandlun­gen hinziehen, desto unwirklich­er kommt einem die ganze Prozedur vor. Premiermin­isterin Theresa May, die angetreten war, einen guten Deal für ihr Land herauszusc­hlagen, sind inzwischen große Teile ihres Kabinetts abhandenge­kommen. Fast ist man erleichter­t, wenn Chefunterh­ändler David Davis mit schöner Regelmäßig­keit in Brüssel aufschlägt. Bei so vielen Turbulenze­n im Londoner Regierungs­bezirk könnte auch sein Stuhl bald wackeln.

Die EU-Seite, die 27 europäisch­en Regierunge­n, zeigt sich hingegen weiterhin erstaunlic­h geschlosse­n und konsequent in ihrer Verhandlun­gsposition. Sämtliche britische Versuche, die Mitgliedss­taaten mit ihren unterschie­dlichen Interessen zu spalten, scheiterte­n bislang, was die Europäer selbst wohl am meisten überrascht. Aber es zeigt sich eben, dass Großbritan­nien die EU weit mehr braucht, als es umgekehrt der Fall ist. Ein Beispiel: Nach dem Brexit muss London ungefähr 1000 Handelsabk­ommen neu abschließe­n, während für die Kontinenta­leuropäer alles beim Alten bleibt.

Die Rückabwick­lung einer EUMitglied­schaft erweist sich in der Praxis als so gigantisch­e Aufgabe, dass es potenziell­e Nachahmer gründlich abschrecke­n dürfte. In Brüssel glauben viele, dass nicht einmal die Briten die Prozedur bis zum bitteren Ende durchhalte­n werden. Einen „Rexit“sieht sogar Chefunterh­ändler Michel Barnier als realistisc­he Option.

politik@schwaebisc­he.de

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