Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Russlands Einfluss ist auf dem Balkan allgegenwärtig
Russland bietet in Südosteuropa kostenlos Nachrichten und Analysen in Landessprachen an – und damit seinen Blick auf die Dinge der Welt. Medien greifen dankbar zu und verschaffen so Moskauer Positionen breites Gehör.
Beispielsweise im Streit um die verweigerte Auslieferung des französischen Hubschrauberträgers „Mistral“an Russland informierten serbische Medien, das russische Landungsboot „Priboi“stelle „Mistral“technisch deutlich in den Schatten. Die Quelle dieser „Nachweise“für die angebliche Überlegenheit russischer Waffentechnik: die Nachrichtenagentur „Sputnik“.
Während die USA und die EU „Sputnik“und seinen Bruder „RT“(einst Russia Today) als Propagandainstrument Russlands einstufen, beharrt Moskau darauf, es handele sich um seriöse Informationsquellen. Neben Deutsch verbreiten die beiden Medien ihre Beiträge auch in serbischer und kroatischer Sprache. Zeitungen und Internetportale in Kroatien, Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien übernehmen das kostenlose Material regelmäßig und meist unkommentiert. So erreichen Moskauer Positionen immer wieder große Bevölkerungsgruppen auf dem Balkan.
Verteufelung von EU und Nato
Kritiker Russland unterstellen dem Land, es heize viele Konflikte auf dem Balkan an: Serben gegen Kroaten, Albaner gegen Serben, Serben gegen Mazedonier, Bosniaken gegen Serben, Montenegriner gegen Serben. Moskau wolle mit einer Verteufelung von EU und Nato verhindern, dass sich Staaten an euroatlantische Strukturen annähern – wie zuletzt im Fall Montenegro und Mazedonien.
Obwohl der Westen in den vergangenen zwei Jahrzehnten praktisch allein mit Milliarden Euro die Balkanländer unterstützt hat, hat Moskau sich geschickt wirtschaftlichen Einfluss verschafft. Die Erdölindustrie in Serbien und bei den bosnischen Serben konnte es mit politischer Hilfe für einen Spottpreis kaufen und diktiert damit die Marktbedingungen.
In Kroatien hatten russische Banken – allen voran die Sberbank – dem heute bankrotten Lebensmittelriesen Agrokor auch dann noch Kredite zur Verfügung gestellt, als westliche Institute abwinkten. Vor kurzem sprach der russische Präsident Wladimir Putin in Moskau mit seiner kroatischen Amtskollegin Kolinda GrabarKitarovic über Wege aus dem Milliardendilemma. Der Vorstandschef des russischen Energieriesen Rosneft, Igor Setschin, elektrisierte die Medien mit seinem Angebot, Kroatien könne mit dem Giganten eine „strategische Partnerschaft“eingehen.
Einen Coup landete zuletzt der russische Botschafter in Serbien, Alexander Tschepurin. Via „Sputnik“machte er sich über den für den Balkan zuständigen Abteilungsleiter im US-Außenministerium, Hoyt Brian Yee, lustig. Dieser ermahnte den EUBeitrittskandidaten, er könne mit seinem engen Verhältnis zu Russland nicht auf zwei Stühlen sitzen. Der USDiplomat sei doch nur der „75. Vertreter des 24. Mitarbeiters des stellvertretenden Außenministers“und daher nicht ernst zu nehmen, sagte Tschepurin. Sein Spott schlug ein – bei der serbischen Nachrichtenagentur Tanjug, dem TV-Sender N1, dem Staatsfernsehen, dem Privat-TV-Sender Pink und dem Portal B92. (dpa)