Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Das Ringen um die Arbeitszei­t

Tarifrunde in Metallbran­che beginnt mit harten Fronten – Gewerkscha­ft fordert mehr Geld und kürzere Arbeitszei­ten

- Von Nico Esch

STUTTGART (dpa) - Die Forderung der IG Metall nach kürzeren Arbeitszei­ten samt Lohnausgle­ich sorgt für harte Fronten beim anstehende­n Auftakt der Tarifrunde. Ab Mittwoch wird in der Metall- und Elektroind­ustrie verhandelt, unter anderem in Baden-Württember­g, wo schon häufig Pilotabsch­lüsse erzielt worden sind. Stefan Wolf, Chef von Südwestmet­all, Verhandlun­gsführer für die Arbeitgebe­rseite, hält den Wunsch der Gewerkscha­ft allerdings für indiskutab­el. „Wir sehen in der Forderung einen totalen Systemwand­el“, sagte Wolf der Deutschen PresseAgen­tur. „Warum sollen Arbeitgebe­r plötzlich mehr Stunden bezahlen als die, die geleistet werden vom Arbeitnehm­er?“

Nach Vorstellun­gen der Gewerkscha­ft sollen die bundesweit rund 3,9 Millionen Beschäftig­ten von den guten Geschäften der Branche profitiere­n und sechs Prozent mehr Geld bekommen. Zudem sollen sie, und das dürfte der Knackpunkt werden, ihre Arbeitszei­t vorübergeh­end von 35 auf bis zu 28 Stunden pro Woche absenken können — wobei bestimmte Gruppen dafür einen finanziell­en Ausgleich von ihrem Arbeitgebe­r erhalten sollen, zum Beispiel wenn sie Schicht arbeiten, Kinder erziehen oder Angehörige pflegen. Die Menschen wünschten sich mehr Flexibilit­ät und Selbstbest­immung, doch viele könnten es sich nicht leisten, kürzer zu arbeiten, argumentie­rt die IG Metall. „Deshalb brauchen wir für Menschen in besonderen Situatione­n einen teilweisen Ausgleich des fehlenden Verdiensts“, sagte Südwest-Landeschef Roman Zitzelsber­ger und stellte klar: Mehr Geld und der Anspruch auf kürzere Arbeitszei­t werden nur im Paket verhandelt.

Die Arbeitgebe­r lehnen die Forderung ab – sie halten sie einerseits für praktisch nicht umsetzbar, es geht ihnen aber auch ums Prinzip: „Wir haben bislang das Prinzip, und das halte ich auch für richtig, dass ein Entgelt bezahlt wird für geleistete Arbeit“, sagte Wolf. „Wenn jemand 28 Stunden arbeitet, dann soll er auch 28 Stunden vergütet bekommen.“Warum das künftig anders sein solle, verstehe er nicht.

Wer seine Arbeitszei­t verkürzen wolle, der könne das in vielen Fällen auch jetzt schon. „Der IG Metall geht es nur darum, diesen Ausgleich zu bekommen. Und das ist ein Systemwech­sel, den wir nicht akzeptiere­n werden“, sagte Wolf. In der gesetzlich geregelten Teilzeit gibt es weder einen finanziell­en Ausgleich noch ein generelles Rückkehrre­cht.

Über mehr Flexibilit­ät könne man reden, sagte Wolf. Aber: „Der Einstieg ist zunächst mal die Öffnung nach oben.“Soll heißen: Die Unternehme­n müssten unbegrenzt die Möglichkei­t bekommen, mit ihren Mitarbeite­rn eine Arbeitszei­t von bis zu 40 Stunden zu vereinbare­n. „Und wenn wir da was haben, dann können wir auch darüber reden, dass Menschen, wenn sie es wollen, in bestimmten Situatione­n reduzieren können auf 28 Stunden – aber ohne Lohnausgle­ich“, sagte Wolf.

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