Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ein Backfisch am Bauhaus
Bei ihrem Filmstudium am Bard College in New York hieß es immer, ihre Filme seien „zu literarisch“. Kein Wunder: als Tochter des berühmten Schriftstellers Hans Magnus Enzensberger! Vielleicht also besser ein Buch schreiben? Jetzt erscheint das Debüt der 1986 in München geborenen Theresia Enzensberger. Es heißt „Blaupause“und ist ein Bauhaus-Roman. Gut gemacht, wenn auch mit ein paar Schönheitsfehlern.
Um ihrer bürgerlichen Familie in Berlin zu entfliehen, geht die junge Luise Schilling 1921 ans Bauhaus nach Weimar. Als man sie dort erst mal in die Weberei steckt, muss sie feststellen, dass man auch in der modernen Bauhauswelt mit zweierlei Maß misst. „Die meisten Frauen haben Defizite im dreidimensionalen Sehen“, kriegt sie von ihrem Lehrer Johannes Itten zu hören. Das sei nicht persönlich gemeint. Super! Wo sie doch Architektin werden will. Aber Itten und der esoterische Kreis seiner Mazdaznan-Jünger mit ihren Meditationstechniken sind eh nicht ihr Fall. Zu dumm nur, dass ausgerechnet ihr gutaussehender Kommilitone Jakob zu den Studenten um Itten zählt, in den sie sich verguckt hat.
Lebendig erzählt Theresia Enzensberger vom Leben am Bauhaus. Sie hat gut recherchiert, alles wirkt authentisch, die Fakten stimmen. Aber dem Roman ist anzumerken, dass eine sehr junge Autorin ihn geschrieben hat. Das ist seine Qualität, aber auch sein Manko. Theresia Enzensberger kennt das Campusleben, die Probleme der jungen Leute von damals sind die gleichen wie die der jungen Leute von heute. Auf der anderen Seite jedoch ringt die pubertäre Heldin um Gleichberechtigung in der Männerwelt des Bauhauses. Das aber nimmt man diesem Backfisch nicht ab, dem die Jungs so viel wichtiger sind als die Architektur.
Fast folgerichtig erscheint es, wenn in der Mitte des Buches der Brief des Vaters kommt, dem der „Aufenthalt am Bauhaus in Weimar nicht länger sinnvoll“erscheint und der darum auf eine Rückkehr Luises drängt, die eine Mädchenschule besuchen soll. Erst als der Vater stirbt, kann sie ans Bauhaus zurückkehren, das mittlerweile nach Dessau umgezogen ist.
Doch das dicke Ende kommt noch. Kein geringerer als Walter Gropius selbst, der Leiter des Bauhauses, soll der Studentin die Idee für einen Siedlungsentwurf geklaut haben. Was man nur schwer glauben mag.