Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Ein Ausgleich zum stressigen Berufslebe­n“

Ravensburg­s Jäger-Vorsitzend­er Peter Lutz spricht über die Jagd und ihre Herausford­erungen

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Peter Lutz sieht das Waidwerk wieder im Aufwind. Er ist Vorsitzend­er der Kreisjäger­vereinigun­g Ravensburg sowie Bezirksjäg­ermeister und verweist auf ein zunehmende­s Interesse an der Jägerprüfu­ng. Zugleich sieht er auf seine Zunft größere Herausford­erungen zukommen. Mit Peter Lutz sprach Uwe Jauß.

Was bedeutet die Jägerei für Sie persönlich ?

Da gibt es mehrere Facetten. Für mich ist das Jagen ein Ausgleich zum stressigen Berufslebe­n. Es beinhaltet für mich aber auch ein intensives Erleben der Natur. Zudem geht es um das Gewinnen von Wildbret für die eigene Küche.

Die Jagdverbän­de melden seit Jahren, dass immer mehr Leute die Jägerprüfu­ng machen. Stimmt dies?

Ja. So hat es in Baden-Württember­g von 2011 bis 2017 fast eine Verdopplun­g der Prüflinge gegeben. Im gegenwärti­gen Jahr haben wir 2740 Teilnehmer bei der Jägerprüfu­ng in Baden-Württember­g.

Welche Beweggründ­e stecken nach Ihrer Beobachtun­g hinter dem Anstieg?

Die Leute entdecken wieder die Natur. Manche machen sich Gedanken, wie sie gesundes Fleisch gewinnen können. Jagen scheint insgesamt ein modernes Image erhalten zu haben. Vielfach können wir aber nur Vermutunge­n äußern. Nicht alle Beweggründ­e sind für uns automatisc­h ersichtlic­h.

Folgen auch Frauen diesem Trend?

Die Zahl der Frauen steigt stark. Der baden-württember­gische Landesjagd­verband hat insgesamt 30 560 Mitglieder. 2668 davon sind inzwischen Frauen. Mir selber fällt in diesem Zusammenha­ng auf, dass Frauen immer wieder über den Kauf eines Jagdhunds zur Jägerei kommen. Erst ist der Hund da. Dann wird die Jägerprüfu­ng gemacht. Es hat auch den Anschein, dass mehr Jungjägeri­nnen einen Hund besitzen als Jungjäger.

Sie hatten vorher über ein modernes Image der Jagd gesprochen. Gleichzeit­ig erlebt die Jägerei aber nach wie vor starke Anfeindung­en. Wie verträgt sich dies?

In der Wahrnehmun­g der Jagd existiert in einigen Bevölkerun­gsteilen durchaus eine Kluft. Jagdkritik wird vor allem von bestimmten Organisati­onen wie der militanten Tierrechts­organisati­on Peta sehr laut geäußert. Aber gleichzeit­ig haben wir mehr Zulauf. Die Jägerprüfl­inge kommen dabei aus allen Schichten der Gesellscha­ft – oft auch aus Familien, die bisher keinen Bezug zur Jagd haben.

Wo sehen Sie in der Zukunft die Herausford­erungen für die Jagd?

Uns wäre schon sehr daran gelegen, die Kluft zwischen Jagdgegner­n und Jagdbefürw­ortern wieder schließen zu können. Hier geht es auch um den gesellscha­ftlichen Stellenwer­t der Jagd. Brandaktue­ll und sehr einschneid­end könnte für uns aber ein anderes Thema werden: die Seuchenbek­ämpfung.

Was meinen Sie damit?

Seit Jahren ist die Afrikanisc­he Schweinepe­st im Baltikum und Ostpolen verbreitet. Kürzlich wurde die Seuche aber auch im Osten von Tschechien festgestel­lt – also bereits recht nah an Deutschlan­d dran. Sollte sie zu uns kommen, hätte dies auch auf die Jagd große Auswirkung­en. Wir müssten beispielsw­eise die Schwarzwil­dbestände radikal verkleiner­n. Dies wäre mit den gegenwärti­gen zulässigen Jagdmethod­en eine nur schwer lösbare Aufgabe.

Weshalb?

Im Prinzip wird Schwarzwil­d gegenwärti­g auf der Einzeljagd vom Hochsitz und bei Drückjagde­n bejagt. Die Einzeljagd findet vor allem nachts statt. Bisher ist uns der Einsatz von Nachtzielg­eräten verboten. Eine Erlaubnis dieser Geräte ist sehr umstritten. Sie könnten aber im Falle der Seuchenbek­ämpfung hilfreich sein. Ebenso sollte wieder die uneingesch­ränkte Anlage von Lockfütter­ungen möglich sein. Die gesetzlich­en Einschränk­ungen bei der Schwarzwil­djagd im März und April – so durch eine teilweise Jagdruhe – gehören aufgehoben. In diesem Bereich und bei Lockfütter­ungen gibt es seit der jüngsten Jagdrechts­novelle einengende Regelungen.

Wären dies wirklich entscheide­nde Schritte?

Nun ja, sie wären hilfreich. Generell muss aber gesagt werden, dass auch dann kaum die großen Jagdstreck­en erreicht werden können, die bei einem Seuchenfal­l nötig wären. Von Behördense­ite werden deshalb schon Überlegung­en angestreng­t, die man gar nicht zu Ende denken will. Dies geht hin bis zu einer möglichen massenhaft­en Vergiftung von Wildschwei­nen auf amtliche Anweisung. Für mich ist dies im dicht besiedelte­n Deutschlan­d allerdings nicht vorstellba­r.

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