Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Das Gehirn schrumpft durch Computerspielen
Studie: Forscher der Uni Ulm haben herausgefunden, dass unter anderem Gefühle beeinflusst werden
ULM (sz) - Das Internet verändert das Gehirn. Die sogenannte Computerspielabhängigkeit ist ein weltweit wachsendes Gesundheitsproblem. In einer neuen Studie haben Forscher um Professor Christian Montag, Leiter der Abteilung Molekulare Psychologie an der Uni Ulm, untersucht, wie das Spielen die Hirnstruktur beeinflusst. Sechs Wochen lang haben sie das Hirnvolumen von Spielern beobachtet, die sich mit dem Online-Computerspiel „World of Warcraft“beschäftigten.
Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass bereits eine Stunde tägliches Spielen zu einer Abnahme des Hirnvolumens im orbitofrontalen Kortex führt – mit negativen Auswirkungen auf Emotionsregulation und Entscheidungsfindung.
Unter den 119 Teilnehmern waren zum einen 41 Spieler mit ausgeprägter Gaming-Erfahrung ebenso wie 78 sogenannte Game-Neulinge ohne nennenswerte Vorkenntnisse. Die Neulinge wurden für die Studie wiederum in zwei Gruppen eingeteilt: eine davon sollte sechs Wochen lang täglich mindestens eine Stunde „World of Warcraft“spielen, die anderen bildeten eine Kontrollgruppe und spielten in dieser Zeit nicht. Um mögliche Effekte auf die Hirnstruktur festzustellen, wurde zu Beginn und zum Ende dieser Periode ein Scan mittels Magnetresonanz-Tomografie erstellt.
Die Ergebnisse zeigen, dass es während des Untersuchungszeitraums in der Gruppe der Spieler zu einer Abnahme der grauen Substanz im orbitofrontalen Kortex kam. Dieser Bereich im Frontallappen des menschlichen Gehirns ist insbesondere zuständig für die Kontrolle von Emotionen und Entscheidungen. „Besorgniserregend ist, dass sich die hirnstrukturellen Veränderungen bereits nach sechs Wochen nachweisen ließen“, sagt Psychologe Christian Montag. Bereits zu Studienbeginn wurde der orbitofrontale Kortex von Neulingen und Langzeit-Spielern verglichen. Bei den erfahrenen Spielern zeigte sich ein geringeres Volumen, das mit höheren Suchttendenzen einherging. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass das reduzierte Hirnvolumen eine Folge der Computerspielabhängigkeit ist. „Wir wollten in unserer Studie beispielhaft zeigen, dass Internet-Gaming tatsächlich Spuren im Gehirn hinterlassen kann. Möglicherweise wären bei anderen Spielen ähnliche Beobachtungen zu machen“, erläutert Christian Montag.