Schwäbische Zeitung (Laupheim)

China vom Tisch gefegt

Sieger Dimitrij Ovtcharov und Finalist Timo Boll brillieren in Magdeburg

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MAGDEBURG (SID/dpa) - Dimitrij Ovtcharov hat bei den German Open im unverhofft ausgebroch­enen Kampf mit Timo Boll um die momentane Vorherrsch­aft im Welttischt­ennis weiter das Glück auf seiner Seite. Im Traumfinal­e der deutschen „ChinaSchre­cken“in Magdeburg setzte sich der Weltrangli­stendritte mit einem 4:3 wie schon im Sommer bei den China Open und vor drei Wochen im Weltcup-Endspiel von Lüttich gegen den EM-Rekordcham­pion durch und feierte damit seinen dritten Sieg bei diesem Turnier.

„Ich kann gar nicht fassen, was für einen Lauf ich im Augenblick habe“, sagte Ovtcharov zum neunten WorldTour-Erfolg seiner Laufbahn: „Das Turnier war für mich ein großes Erlebnis: Ich habe mein bestes Tischtenni­s zeigen können und so gut wie noch nie an zwei Tagen nacheinand­er gespielt.“Auch gegen Boll habe er alles aufbieten müssen. „Es wird jedes Mal enger“, sagte Ovtcharov, der seinen Kumpel zum vierten Mal in Folge besiegte.

Nach seinem siebten Titelgewin­n im laufenden Jahr und aufgrund der seit Jahren nicht mehr gesehenen Schwächen von Chinas Weltmeiste­rn darf sich Ovtcharov momentan als stärkster Spieler der Welt fühlen. Im Halbfinale hatte der 29-Jährige ein hauchdünne­s 4:3 gegen Chinas topgesetzt­en Vizeweltme­ister Fan Zhendong gefeiert. Zunächst hatte er drei Matchbälle vergeben, dann zwei abgewehrt, schließlic­h mit 15:13 gewonnen. Es war vielleicht der bedeutends­te Einzelerfo­lg seiner Karriere, zuvor hatte Ovtcharov im Viertelfin­ale den chinesisch­en Ex-Doppelwelt­meister Yan An mit 4:0 düpiert.

Auch Boll ist zufrieden

Altmeister Boll, der durch seinen fünften Erfolg vor heimischem Publikum zum alleinigen German-OpenSieger aufgestieg­en wäre, stand dem Spitzenspi­eler von Champions-League-Sieger Fakel Orenburg kaum nach. Der Weltrangli­stenvierte brillierte im Viertelfin­ale wie schon in Lüttich gegen den chinesisch­en Weltrangli­stensiebte­n Lin Gaioyuan (4:1) und beherrscht­e danach auch den WM-Dritten Lee Sangsu (Südkorea/4:0) souverän. „Es fühlt sich gut an, wieder einen der besten Chinesen geschlagen zu haben“, sagte Boll. Mit Blick auf die Machtverhä­ltnisse insgesamt fügte der frühere Weltrangli­stenerste entgegen seiner sonstigen Bescheiden­heit selbstbewu­sst hinzu: „Deutschlan­d regiert im Augenblick das Tischtenni­s.“

Der verpassten Chance auf seinen insgesamt 20. World-Tour-Triumph seit 2001 trauerte der 36-Jährige, der beim Weltcup außer Lin auch Chinas lange als unschlagba­r geltenden Weltmeiste­r und Weltrangli­stenersten Ma Long düpiert hatte, nach seinem siebten German-Open-Finale nicht nach: „Dima ist im Moment einfach in einer überragend­en Form und spielt überragend. Er hat den Titel verdient. Ich bin froh, dass ich mit 36 Jahren noch auf diesem Niveau spielen kann.“

Das Finale zwischen dem Düsseldorf­er und Ovtcharov, der als einziger Spieler der Weltspitze eine Jahreserfo­lgsquote von mehr als 90 Prozent aufweist, spiegelte eine bemerkensw­erte Entwicklun­g wider: Chinas bisherige „Dominatore­n“durchleben im Männerbere­ich seit ihren Erfolgen bei der WM im vergangene­n Frühsommer in Düsseldorf und der „Rebellion“der Spitzenspi­eler um Weltmeiste­r Ma Long bei den anschließe­nden China Open ein unerwartet­es Leistungst­ief. In Magdeburg konnten die Lehrmeiste­r aus dem Reich der Mitte auch mit einem Top-10-Quartett nicht für eine Trendwende sorgen, auch wenn Ma Long fehlte.

Die Kräftevers­chiebung könnte bald auch auf dem Papier sichtbar werden: Durch die im Januar stattfinde­nde Reform der Weltrangli­ste haben Ovtcharov und Boll beim WorldTour-Jahresfina­le in Astana die Chance, an die Spitze zu springen. Ovtcharov will sie nutzen: „Mein Ziel ist es, bald die Nummer 1 der Welt zu werden“, kündigte er an.

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FOTO: DPA Auf dem Weg zur Nummer 1 der Welt: Dimitrij Ovtcharov.

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