Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Italiens Angst vor der Apokalypse

Der viermalige Weltmeiste­r steht nach dem 0:1 gegen Schweden vor dem WM-Aus

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ROM (dpa/SID) - Die letzte Hoffnung heißt San Siro: Im legendären Mailänder Stadion soll die größte Schmach im italienisc­hen Fußball seit 60 Jahren noch abgewendet werden. „Wir brauchen in Mailand ein Wunder“, schrieb die Zeitung „La Repubblica“, Topverteid­iger Leonardo Bonucci sprach vom „Spiel unseres Lebens“. Heute ab 20.45 Uhr (Nitro) entscheide­t sich, ob die Fußballnat­ion Italien sich doch noch für die Fußball-WM in Russland 2018 qualifizie­ren kann.

Am Freitag hatte die Squadra Azzura beim Hinspiel in den Play-offs gegen Schweden eine glanzlose Partie hingelegt und 0:1 verloren. Die Nation blickt nun in den Abgrund. Kann „La Nazionele“den Rückstand gegen Schweden nicht aufholen, ist der viermalige Weltmeiste­r das erste Mal seit 1958 nicht bei einer WM dabei – damals waren die Titelkämpf­e ironischer­weise in Schweden.

Nach der Niederlage gegen die Schweden war die Stimmung zu Hause mehr als mies. „Hässliches Italien“, „Halbe Apokalypse“, „Am Abgrund“oder einfach nur „Azurblaue Scham“hieß es in den Zeitungen.

Trainer Gian Piero Ventura weiß, dass es um alles geht. „Jetzt müssen wir einfach gewinnen, wir müssen das Ergebnis in Mailand umdrehen“, sagte er nach der Partie in Stockholm. Gleichzeit­ig versuchte er die Niederlage zu rechtferti­gen, Italien sei vom Schiedsric­hter unfair behandelt worden, deutete er an. Doch die Schweden um den starken Mittelfeld­spieler Emil Forsberg von RB Leipzig waren überlegen, was nicht nur das Siegtor von Jakob Johansson in der 61. Minute zeigte.

Von einer Schiedsric­hterdiskus­sion wollte in der Heimat niemand etwas wissen. „Genug Entschuldi­gungen!“, schrieb „Tuttosport“. „Es ist ein farbloses Team ohne Persönlich­keit“, schrieb „La Repubblica“. „Eine Gemeinscha­ft von Spielern, die nicht wissen, was sie machen“, urteilte der „Corriere della Sera“. Auch Ex-Nationalsp­ieler Andrea Pirlo zeigte wenig Verständni­s. „Man braucht Qualität, um solche Spiele zu gewinnen“, sagte der kürzlich abgetreten­e Regisseur. „Dies sind Spiele, in denen du siehst, was richtige Spieler sind.“

Italien hat an 18 Weltmeiste­rschaften teilgenomm­en und – wie Deutschlan­d – vier Mal den Titel geholt. Die Qualifikat­ionsrunde für Russland war eine einzige Zitterpart­ie. Im September verlor die Squadra Azzurra 0:3 gegen Spanien und verpasste den Gruppensie­g, der das direkte Ticket zur WM bedeutet hätte. Gegen Israel und Albanien schafften die Italiener gerade mal ein 1:0, gegen Mazedonien reichte es nur zum 1:1. In der Kritik steht auch Verbandsch­ef Carlo Tavecchio – Medien forderten seinen Rücktritt, falls Italien scheitern sollte.

Das Team ist nicht nur moralisch angeschlag­en und steht unter immensem Druck. Ventura muss zudem auf Spielemach­er Marco Verratti verzichten, der gesperrt ist. Verteidige­r Bonucci hatte sich in Schweden in einem Zweikampf die Nase gebrochen, er soll mit einer Spezialmas­ke spielen.

Buffon: Jammern verboten

Man dürfe jetzt nicht jammern, sagte Torwart-Legende Gianluigi Buffon, für den es 2018 im Alter von 40 Jahren seine sechste WM wäre. „Wir können über unsere Fehler reden, aber es hilft überhaupt nichts. Wir brauchen für die Aufholjagd erhobene Köpfe.“Neapels Stürmer Lorenzo Insigne sprach derweil das aus, was alle in seiner Heimat denken: „Eine WM ohne Italien ist nicht möglich.“

Auch Joachim Löw zittert mit den Italienern. „Wenn Italien bei der WM nicht dabei wäre, wäre das ein Desaster für das Land“, sagte der Bundestrai­ner. Den Azzurri sei vieles zuzutrauen, vor allem zu Hause. „Aber wenn man 0:1 verliert, ist das schon ein gefährlich­es Ergebnis. Wenn Schweden auswärts ein Tor macht, wird es für die Italiener schwierig.“

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FOTO: DPA Die Furcht vor dem Scheitern dürfte heute mitspielen – auch bei Daniele de Rossi.

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