Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Klavierkunst hinterlässt gemischte Gefühle
Duccio Beverini lässt in Schäfers Kultur-Stadel Stockhausens „Natürliche Dauern“klingen
WAIN (hego) - Es gehört Mut dazu, Karlheinz Stockhausen aufs Dorf zu holen. Theo Kobler von Schäfers Kultur-Stadel in Wain hatte diesen Mut und engagierte Duccio Beverini. Er stammt aus Florenz und hat dort studiert. Inzwischen lebt er in Stuttgart und unterrichtet dort und in München. Beverini gehört zu den renommierten Pianisten für Neue Musik und hat für seine 29 Jahre schon beachtliche Erfolge vorzuweisen.
Gut zwei Dutzend Besucher fanden sich am vergangenen Samstag in der alten Scheune ein, um völlig ungewohnten Klängen zu lauschen. Dabei saßen sie rund um einen großen Steinway-Flügel, bei dem extra der Deckel abmontiert worden war, um den Tönen den nötigen Freiraum zu geben. Genau darum geht es nämlich bei Beverinis Interpretationen von Stockhausens „Natürliche Dauern: Dritte Stunde aus Klang, die 24 Stunden des Tages“, von denen der Künstler 13 ausgewählte Stücke spielte. Ein Blick auf die Noten zeigt die Herausforderung, der sich der Pianist stellen muss. Was wie zufällig und improvisiert klingt, ist vom Komponisten genau geplant und exakt notiert.
Zur Einführung und zum besseren Verständnis von „Natürliche Dauern“erklärte Kobler die Kompositionen Stockhausens, welche zu seinem Spätwerk zählen, wurden sie doch erst 2007 fertig gestellt.
Basstöne schießen zum Stadeldach
Beverini wurde vorgestellt, nahm am Flügel Platz und konzentrierte sich lange. Dann begann er zu spielen. In die Stille hinein schossen Basstöne zum Stadeldach hoch, die nach geraumer Zeit von leisen und virtuos gespielten Diskantläufen abgelöst wurden. Jedem Ton, jedem Akkord wurde Zeit gelassen, sich zu entfalten und zu verklingen – eben so lange, wie der Ton in seiner Natürlichkeit dauert. Dazwischen zupfte der Künstler deutlich hörbar einzelne Saiten mit einem Plektrum an. Gegen Ende wurden mehrere Passagen durch angeschlagene Klangschalen unterstützt, was den ohnehin dissonanten Klängen zu weiteren Reibungen verhalf.
Die Reaktionen der Besucher waren unterschiedlich. Einige äußerten sich entsetzt und sagten, dies wäre keine Musik; andere waren erstaunt, welche Klangvielfalt möglich wäre. Wieder andere kannten diese Art von Musik bereits und waren hellauf begeistert.
Beverini äußerte sich dazu sinngemäß: Wenn es gelingt, aus kühl im Kopf entstandenen Kompositionen die Herzen zu erreichen und im Bauch Gefühle zu wecken, dann ist das Kunst.