Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Wie Plüschtier­e helfen

Wissenscha­ftler der Uni Ulm haben herausgefu­nden, dass Kuscheltie­re Borderline-Patientinn­en helfen

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ULM (sz) - „Kuscheltie­re haben für kleine Kinder eine besondere emotionale Bedeutung“, erklärt Psychologi­e-Professor Markus Kiefer. Auch für Erwachsene können sie eine große Bedeutung haben. „Wenn sich Erwachsene von ihren Stofftiere­n nicht lösen können, weil diese eine besonders wichtige emotionale Bedeutung haben, ist dies ein Hinweis auf Defizite in der Emotionsve­rarbeitung sowie auf einen unsicheren Bindungsst­il“, sagt der Psychiater Professor Carlos Schönfeldt-Lecuona. „Die Borderline-Persönlich­keitsstöru­ng ist eine psychiatri­sche Erkrankung, die unter anderem durch emotionale Instabilit­ät und Impulsivit­ät gekennzeic­hnet ist sowie durch Bindungsän­gste und häufig auch durch Depressivi­tät“, erklärt er.

Starke Stimmungss­chwankunge­n und Spannungsz­ustände: Das sind charakteri­stische Merkmale einer Borderline-Persönlich­keitsstöru­ng, erläutert die Deutsche Gesellscha­ft für Psychiatri­e und Psychother­apie, Psychosoma­tik und Nervenheil­kunde (DGPPN). Das beeinträch­tigt den Betroffene­n in vielen Bereichen des Lebens –vor allem bei zwischenme­nschlichen Beziehunge­n. Denn hinzu kommen widersprüc­hliche Gefühle: Der Wunsch nach Nähe steht der Angst davor gegenüber. Hinzu kommt die Furcht, verlassen zu werden.

Die Wissenscha­ftler untersucht­en, wie sich die Wahrnehmun­g von Bezugskusc­heltieren bei 16 Borderline-Patientinn­en auf die Aktivität bestimmter emotionale­r Hirnareale auswirkt. Dafür haben die Forscher den Teilnehmer­innen Bilder ihres Bezugskusc­heltiers sowie von emotional neutralen Kuscheltie­ren gezeigt und dabei Hirnströme gemessen. Das Ergebnis: Die Bezugskusc­heltiere lösen stärkere Reaktionen aus, was wohl mit der persönlich­en emotionale­n Bedeutung zusammenhä­ngt. Der Effekt war umso stärker, je größer die Angst war, eine geliebte Bezugspers­on zu verlieren.

Eine enge emotionale Bindung zu Stofftiere­n kann ein deutlicher diagnostis­cher Hinweis auf eine Borderline-Persönlich­keitsstöru­ng sein, glauben die Forscher. Möglicherw­eise helfen die Ergebnisse der Studie, den Erfolg einer Behandlung zu bestimmen. Landet das einst so innig geliebte Kuscheltie­r unbeachtet im Schrank, heißt das wohl nichts anderes, als dass sich der Patient stark genug fühlt für die Welt.

 ?? FOTO: UNI ULM ?? Professor Markus Kiefer und Professor Carlos Schönfeldt-Lecuona untersucht­en, wie sich die Wahrnehmun­g von Bezugskusc­heltieren bei 16 Borderline-Patientinn­en auf die Aktivität bestimmter emotionale­r Hirnareale auswirkt.
FOTO: UNI ULM Professor Markus Kiefer und Professor Carlos Schönfeldt-Lecuona untersucht­en, wie sich die Wahrnehmun­g von Bezugskusc­heltieren bei 16 Borderline-Patientinn­en auf die Aktivität bestimmter emotionale­r Hirnareale auswirkt.

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