Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Für Bauern auf der Ostalb fallen Fördergelder weg
EU regelt Ausgleichszulagen neu – Mehr Gebiete in Oberschwaben ab 2019 förderfähig
STUTTGART (kab) - Wegen neuer EU-weiter Kriterien verlieren Grünlandbauern in Baden-Württemberg Fördergelder. Besonders betroffen ist der Nordosten des Landes, auch der Ostalbkreis gehört zu den großen Verlierern. In Oberschwaben kommen indes neue Gebiete in den Genuss der sogenannten Ausgleichszulage. Diese zahlen EU, Bund und Land bislang an Bauern, die Grünland in benachteiligten Gebieten bewirtschaften. Was als benachteiligt gilt, bewerteten bislang die EU-Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich. Durch die neue Regelung sollen die Zuschüsse in allen EU-Ländern nach denselben Maßstäben fließen. Freuen können sich Ackerbauern. Sie bekamen bislang keine Fördergelder. In benachteiligten Gebieten stehen ihnen künftig Ausgleichszulagen zu. Dies ist ebenfalls eine EU-Vorgabe, die ab 2019 greifen soll.
STUTTGART - Etliche GrünlandBauern im Südwesten müssen mit weniger Fördermitteln rechnen, vor allem Ackerbauern können sich über neue Gelder freuen. Das erklärte Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) am Mittwoch in Stuttgart. Hintergrund ist eine europaweite Neuregelung dazu, welche landwirtschaftlichen Gebiete als benachteiligt gelten. Zu den großen Verlierern der Reform gehört der Ostalbkreis. In Oberschwaben kamen indes neue förderfähige Gebiete hinzu.
Die EU regelt ihre Ausgleichszulagen (AZL) neu. Diese Gelder fließen an Landwirte, die sogenannte benachteiligte Gebiete bewirtschaften – etwa steile Hänge. Nach Informationen des Landwirtschaftsministeriums gingen dafür im vergangenen Jahr fast 30 Millionen Euro an rund 17 300 Grünland-Betriebe im Land. Förderfähig ist bisher eine Fläche von rund 915 800 Hektar – fast zwei Drittel der Landesfläche. Tatsächlich gefördert wurden allerdings 420 000 Hektar. In großem Maßstab macht bisher neben Baden-Württemberg nur Bayern Gebrauch von dieser Fördermöglichkeit. Im Freistaat flossen in den vergangenen Jahren recht konstant 110 Millionen Euro an die Bauern.
Veraltete Grundlagen
Laut Minister Hauk basiert die Förderung in Deutschland auf der Reichsbodenschätzung aus den 1930er-Jahren. Seit 2004 gibt es in der EU eine Diskussion um eine Reform. Ziel ist eine Vereinheitlichung, da es EU-weit 150 unterschiedliche Klassifizierungen dazu gibt, was ein benachteiligtes Gebiet ausmacht. „Die EU wollte nicht mehr nach Bodengüteklassen fördern“, erklärte Hauk.
Die Gebiete, die weiter Förderungen erhalten wollen, müssen künftig eine von acht Kriterien erfüllen – so sieht es eine Neuabgrenzung der EU vor. Auf dieser Basis rechne er damit, dass rund 354 000 Hektar weniger als bisher gefördert werden.
Nordosten besonders betroffen
Mit Veränderungen müssen laut Hauk vor allem die nordöstlichen Landkreise rechnen. Während etwa der Ostalbkreis bislang fast gänzlich förderfähig war, sind es künftig nur wenige Gemarkungen im Süden und etwas weiter im Osten des Kreises. „Die anderen müssen sich auf den Wegfall der Zahlungen einstellen“, sagte Hauk.
Doch wird es auch Gewinner geben – insbesondere in Oberschwaben in den Kreisen Biberach, Ravensburg und Sigmaringen. 80 000 Hektar sind landesweit erstmals förderfähig. Freuen können sich zudem die Ackerbauern, die bislang keine Zahlungen bekamen. Die EU-Kommission habe es zur Pflicht gemacht, auch Ackerland zu fördern, wenn in einer Gemarkung das Grünland bezuschusst wird. Während GrünlandBauern aber weiter mit bis zu 100 Euro, in Berggebieten sogar bis zu 150 Euro pro Hektar unterstützt werden, können Ackerbauern nur mit festen 25 Euro Zuschuss pro Hektar rechnen. Hauk rechnet damit, dass auch künftig die Fördersumme rund 30 Millionen Euro beträgt.
Eigentlich sollte die EU-Förderung zum Januar 2018 umgestellt werden. Baden-Württemberg unterstützte den Antrag aus Irland, die Einführung um ein Jahr zu verschieben. Hauk glaubt daran, dass dies auch so kommt. Das Europaparlament muss dafür noch im Dezember den entsprechenden Beschluss fassen.
Bauernverband äußert Bedauern
Den Landesbauernverband trifft die Umstellung nicht unerwartet. „Die jetzige Abgrenzung beruht auf EUVorgaben. Da konnte nur rauskommen, was nun rauskam“, erklärte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Horst Wenk der „Schwäbischen Zeitung“. „Wir bedauern es sehr, dass so viele Gebiete rausfallen. Wir hätten gerne, dass es irgendwelche Maßnahmen für diese Betriebe gibt. Aber das ist eine Geldfrage.“Rund sechs Millionen Euro fehlen den Betrieben, die nun nicht mehr gefördert werden. „Um die Betriebe zu unterstützen, bräuchten wir frisches Geld.“Im Extremfall könne die Neuregelung dazu führen, dass ein Betrieb in Liquiditätsschwierigkeiten komme, erklärte Wenk. „In den Betrieben wird jeder Euro gebraucht – gerade mit Blick auf den Milchpreis.“
Der Naturschutzbund lobt: „Es ist wichtig, dass Landwirtinnen und Landwirte mit schwer zu bewirtschaftenden, extensiven Flächen weiter unterstützt werden.“Jochen Goedecke, Nabu-Landwirtschaftsreferent, pocht darauf, dass das Geld insgesamt in der Landwirtschaft bleiben muss und nicht in andere Bereiche abfließen darf.