Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Hören, sehen, sprechen
Kommunikation durch klassische Musik: Festival „Montforter Zwischentöne“probiert neue Konzertformate aus
FELDKIRCH - Erfolgreich erproben die vor drei Jahren gegründeten „Montforter Zwischentöne“neuartige Darbietungsformen von Kunstmusik im Rahmen interdisziplinärer Veranstaltungen. Unter der Leitung des Kulturmanagers und Konzertdesigners Folkert Uhde und des Bregenzer Kongressgestalters Hans-Joachim Gögl ermöglicht das Feldkircher Festival jährlich an drei Wochenenden kreative Dialoge zwischen Künstlern und Vertretern unterschiedlicher Lebensbereiche. Jetzt wurde der Vertrag der Intendanten um weitere drei Jahre verlängert.
Vorzeigeobjekt Montforthaus
Nach dem Abriss des alten Feldkircher Montforthauses wurde dort Anfang 2015 ein neues Kultur- und Kongresszentrum eröffnet. Wie das Bregenzer Festspielhaus ist es eine „Dienstleistungshalle“, die Veranstalter mieten können. Zu 90 Prozent wird sie laut Hans-Joachim Gögl auch so genutzt. Die Stadt sei jedoch als Betreiberin bestrebt gewesen, den großartigen modernen Konzertsaal auch im Sinne eines Vorzeigeobjekts in Szene zu setzen. Man habe nach Ideen gesucht, das Haus mit zeitgenössischer Dramaturgie „aufzuladen“.
In dieser Situation kamen Uhde und Gögl ins Spiel. Sie trafen sich auf einem Kongress und waren sich einig, für die Entwicklung eines solchen Projekts mit Signalwirkung nach außen genau das richtige Team zu sein. Uhde ist seit 2013 Intendant der Internationalen Orgelwoche Nürnberg, seit 2015 auch der Köthener Bach-Festtage. Daneben unterrichtet er Musikmanagement sowie Konzert- und Festivaldramaturgie an der Friedrichshafener Zeppelin-Universität und an der Musikhochschule Nürnberg. Gögl organisiert interdisziplinäre Begegnungen zwischen Kunst und Alltagskultur.
Uhdes Kontakte zu überregional bekannten Künstlern und Gögls Verankerung im Vorarlberger Raum, seine Vernetzung auch über den Konzertbetrieb hinaus boten die Chance, in gegenseitiger Ergänzung die Feldkircher Aufgabe eines zukunftsorientierten Festivals anzugehen. Gögl leitet in Götzis die „Tage der Utopie“und weiß, was die Leute vor Ort bewegt. Nachdem das frühere Feldkirch-Festival 2012 von der Stadt ausgesetzt worden war, galt es nun, diese „Lücke“zu schließen und das neue Montforthaus mit experimentellen Projekten und Konzertformaten zu beleben.
Uhde und Gögl möchten die „Zwischentöne“eng verbinden mit der Region, gleichzeitig aber internationale Künstlerpersönlichkeiten und Tendenzen präsentieren. Es galt, regionale Relevanz jenseits von provinzieller Engstirnigkeit mit innovativen Veranstaltungsideen programmatisch zu verknüpfen. Drei Jahre später meint Gögl, man habe es geschafft, solche Brücken zu bauen und damit beim Publikum zu punkten. Wichtig sei es gewesen, Themen zu finden, mit denen die Besucher persönliche Erfahrungen gemacht haben.
So stellte etwa die achte FestivalFolge im Sommer unter dem Motto „Träumen“Musik in den Kontext einer hochpolitischen, im Ländle heftig geführten Diskussion. Es ging um die Frage der Zusammenlegung all jener Gemeinden, die im Vorarlberger Rheinbett de facto längst zu einer großen Stadt zusammengewachsen sind. Mit insgesamt einer Viertelmillion Einwohnern wäre sie die drittgrößte Stadt Österreichs. In einem fiktiven Gerichtsprozess wurden die besten Argumente pro und contra auf die Bühne geholt. Lokale Prominenz, Sachverständige und Gutachter traten gegeneinander an.
Streit schlichten mit Musik
Zu den einzelnen Plädoyers improvisierte der weltweit erfolgreiche JazzPianist David Helbock, der am Feldkircher Konservatorium seine Ausbildung absolviert hat. Das Publikum stimmte ab. Bei derlei Veranstaltungen treffen als Besucher Gemeinderäte mit Musikfreaks zusammen. Was in der Politik zu erbittertem Streit führt, kann auf dieser Plattform humorvoll entspannt und doch ernsthaft verhandelt werden, weil es ein Spiel bleibt. Ein solches auf andere Regionen übertragbares Konzertmodell könnte sich Gögl in ganz Europa vorstellen.
Die neunte Folge widmet sich nun dem Thema „Vollenden oder: ‚Es gut sein lassen’“. Vor der Präsentation von Franz Schuberts spätem Streichquintett C-Dur spricht die Moderatorin Annekatrin Schnur (BR-Klassik) mit den Musikern (17. November). Einen Wort-Ton-Dialog über die letzte Lebensphase gestalten ein Demenzforscher, eine Zisterzienseräbtissin, eine Psychoanalytikerin und ein Gamben-Ensemble zu John Dowlands berühmten „Seven Tears“von 1604 (18. November). Im Februar 2018 widmen sich die „Zwischentöne“dem 800-jährigen Jubiläum der Stadtgründung Feldkirchs mit einem Projekt „Aufbrechen/Heimkehren“.
Weitere Informationen über: www.montforter-zwischentoene.at