Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Weitere Panne im Fall Amri

Handyfotos übersehen – Weihnachts­markt an Berliner Gedächtnis­kirche eröffnet

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DÜSSELDORF/BERLIN (dpa) - Im Fall des islamistis­chen Attentäter­s Anis Amri ist eine weitere Ermittlung­spanne bekannt geworden. Fotos, auf denen Amri mit Waffen posiert, seien bei der Handy-Auswertung übersehen worden, sagte NordrheinW­estfalens Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) in Düsseldorf. Der Tunesier hatte am 19. Dezember 2016 mit einem Lastwagen ein Attentat auf den Weihnachts­markt am Berliner Breitschei­dplatz verübt, bei dem zwölf Menschen starben.

BERLIN/DÜSSELDORF (dpa) - Knapp ein Jahr nach dem islamistis­chen Terroransc­hlag auf den Weihnachts­markt an der Berliner Gedächtnis­kirche ist eine weitere Ermittlung­spanne bekannt geworden. Fotos, auf denen der Attentäter Anis Amri mit Waffen posiert, seien bei der Auswertung seines Handys wegen eines Datenfilte­rs übersehen worden, sagte Nordrhein-Westfalens Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) in Düsseldorf. Es handele sich vermutlich um eine Gas- oder Schrecksch­usspistole sowie um Stichwaffe­n.

Ermittler sieht Versäumnis­se

Im Fall Amri gab es eine ganze Serie von Pannen. Ein Sonderermi­ttler in Berlin hat in einem kürzlich vorgestell­ten Bericht zahlreiche behördlich­e Versäumnis­se festgestel­lt und eine schlechte Zusammenar­beit der Behörden in ganz Deutschlan­d gerügt. Amris Mobiltelef­on war Monate vor dem Anschlag beschlagna­hmt und im nordrhein-westfälisc­hen Landeskrim­inalamt (LKA) ausgewerte­t worden. Darauf seien über 12 000 Mediendate­ien gespeicher­t gewesen. Wegen einer Filtereins­tellung seien Fotos mit schlechter Qualität aber nicht gesichtet worden, darunter sieben Bilder, die Amri mit Waffen zeigen.

„Hier ist ein Fehler passiert, der nicht hätte passieren dürfen“, sagte Reul. Ob dies zu einer anderen Einschätzu­ng Amris geführt hätte, könne er nicht sagen. Für einen Haftbefehl hätten die Fotos jedenfalls nicht gereicht. Die Daten hätten allerdings nicht nur dem LKA in NordrheinW­estfalen, sondern auch dem Berliner LKA und dem Bundeskrim­inalamt vorgelegen. Was dort mit ihnen geschehen sei, wisse er nicht, sagte Reul. Nach Informatio­nen des Bundes Deutscher Kriminalbe­amter (BDK) NRW soll die Panne beim LKA in Düsseldorf auf eine unzureiche­nde Schulung des Mitarbeite­rs zurückzufü­hren sein, wie das „Westfalen-Blatt“meldete.

Amri hatte am 19. Dezember 2016 mit dem Lastwagen auf dem Berliner Breitschei­dplatz zwölf Menschen getötet. Auf der Flucht war er in Italien von Polizisten erschossen worden. Im Februar 2016 war der Tunesier von Fahndern in Berlin kontrollie­rt worden, sein Handy wurde beschlagna­hmt. Die Ausländerb­ehörde in Kleve war für Amri zuständig. Das Berliner LKA habe Amris Mobiltelef­on nicht ausgewerte­t.

Der Opferbeauf­tragte Kurt Beck (SPD) schlug vor, bei Terroransc­hlägen rascher und besser sichtbar eine erste Anlaufstel­le für Angehörige und Helfer zu schaffen. Eine zweite Stelle für eine dauerhafte Betreuung von verletzten Opfern und Hinterblie­benen könnte beim Justizmini­sterium eingericht­et werden, ergänzt von ähnlichen Anlaufstel­len in den Ländern. Seinen Abschlussb­ericht kündigte Beck für den 13. Dezember an. Zu den Vorwürfen auch von Angehörige­n, die Behörden hätten den als Islamisten und Drogenhänd­ler längst polizeibek­annten Amri schon vorher festnehmen und so den Anschlag verhindern können, sagte Beck: „Das ist objektiv richtig.“

Unter starken Sicherheit­svorkehrun­gen begann der Weihnachts­markt an der Berliner Gedächtnis­kirche. Rund um den Platz wurden Betonbarri­eren aufgestell­t.

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FOTO: DPA Schwere Betonsperr­en stehen an den Eingängen zum Weihnachts­markt an der Gedächtnis­kirche in Berlin.

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