Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Neue Lichter in der Weihnachtswelt
Der Budenzauber bieten neben Klassikern wie Wurst und Glühwein auch Überraschendes
ULM - Terroristen sollen die Steine abhalten, die vor dem Eingang zum Weihnachtsmarkt am Münstertor stehen. Die Anwesenheit der mächtigen Quader hat jedoch einen erfreulicheren Nebeneffekt. Als Teil des Nebelbrunnens werden sie im Sommer mit Wasser besprüht. Auf dem durch die Lastersperre frei gewordenen Fleckchen am südlichen Münsterplatz eröffnete der Ulmer Gastronom Christian Becker (Stadthaus, Becker‘s) jetzt die urige Gastwirtschaft „Zur Ente“. Nomen est Omen: Ab 18 Uhr werden nach Reservierung in der beheizten Bude gebratene Vögel serviert. Vor 18 Uhr kann man sich hier auch ohne Reservierung aufwärmen. Zwar ohne Ente, aber mit Glühwein.
Neues zu entdecken gibt es auch ein paar Meter weiter auf dem „Münsterplätzle“im Bereich des Delfinbrunnens, das aufgrund abgeschlossener Bauarbeiten am Münster nun erstmals Teil des Weihnachtsmarkts werden konnte.
Das Areal könnte zum Treffpunkt für Freunde eher weihnachtsmarktuntypischer Freuden werden. Denn statt Glühwein schenkt etwa der Stand der Edel-Bar Rosebottel war- me Cocktails aus. Die werden mit hausgemachten Limonaden-Essenzen und Zutaten wie Ingwer oder Minze sowie Hochprozentigem gemixt.
Wer danach wieder einen Wachmacher braucht, kann zur Heroldstätter Kaffeerösterei Kley nebenan gehen. Axel Kley röstet in dem Familienbetrieb auf der schwäbischen Alb nur Bio-Hochlandkaffee im Langzeitverfahren. Gegenüber feiert der Ulmer Biergarten Teutonia Weihnachtsmarkt-Premiere. Maultaschen in allerlei Varianten lassen Steffi und Stefan Beilhardt gegen die omnipräsente Rote Wurst antreten.
Basketballer preisen Fanartikel an
Abgesehen vom neuen „Münsterplätzle“sind dieses Jahr sechs der 130 Stände neu. Die Basketballer von Ratiopharm Ulm verkaufen Fanartikel, die Brauerei Gold Ochsen Bier, Whisky und Geschenkideen und die Ulmer City Werbegemeinschaft Gutscheine und Ulm-Souvenirs. Neu sind auch ein Weihrauch-Experte, ein Süßwarenstand, ein Geschäft für Winterkleidung und ein Stand für Mosaik-Lampen.
Für Jürgen Eilts, dem Geschäftsführer der Ulmer Messe, dem Weihnachtsmarkt-Veranstalter, wäre es ein Leichtes gewesen, alle freien Standlizenzen an Glühwein- und Wurst-Verkäufer zu vergeben. „Hier ist ganz einfach die Gewinnmarge am größten.“
Doch der Aufsichtsrat (Oberbürgermeister und zehn entsandte Gemeinderäte) der städtischen Messe legte vor Jahren einen Proporz fest, wie sich der Weihnachtsmarkt idealerweise zusammen setzen solle: 25 Prozent Kunsthandwerk und Deko, 18 Prozent Süßwaren, 17 Prozent Essen und Trinken, 13 Prozent Bekleidung und drei bis fünf Prozent Schmuck.
Der Rest läuft unter der Kategorie „Verschiedenes/Gemischtes“, was Stände definiert, die kaum einer Kategorie zuzuordnen sind. Darunter fallen etwa die Karussells oder auch der Stand der Münsterbauhütte, dessen Sortiment von Steinen bis zu Maultaschen reicht. Die Liste an Interessenten sei von Kategorie zu Kategorie sehr unterschiedlich.
Bis zu 60 Bewerber stehen auf einer Art Warteliste für den Glühweinverkauf. Im Bereich Kunsthandwerk, insbesondere der Krippenfiguren, gebe es kaum mehr Betriebe als Stände. Und auch innerhalb der Kategorien versucht Eilts möglichst viel Vielfalt anzubieten. So sei Glühwein nicht Glühwein. In Ulm geben es den Klassiker für 2,50 Euro die Tasse, aber auch ganz bewusst hochwertigere Varianten.
Sechsstellige Summen für Buden
Mit der Eröffnung eines Standes sind zudem hohe Investitionen verbunden. Üblich ist, dass die Betreiber die Holzbuden kaufen. 10 000 Euro kostet die billigste Variante eines „Ulmer Modells“. So heißen die Stände, bei denen vom Farbton über die Gauben-Gestaltung bis hin zur Dachneigung alles geregelt ist. Bei 50 000 Euro fängt die Kategorie Imbiss an, die weit höhere Anforderungen in Sachen Technik und Sicherheit zu erfüllen hat. „Sonderstände“, wie etwa der zweistöckige Holzbau der Feuerwurst-Brater aus dem Hause Burger, könnten leicht in „Hundertausende gehen“, so Eilts. Eine Genehmigung brauchen diese auch. Das „stimmige Bild“des Ulmer Weihnachtsmarkts dürfe nicht durch allzu gewagte Konstruktionen gestört werden.