Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Nur zaghaft duellieren sich die Bewerber

Beim SZ-Forum zum OB-Wahlkampf setzen Rechle und Bergmann lieber auf ihre eigenen Stärken

- Von Reiner Schick

SZ-Wahlforum mit den OB-Kandidaten Gerold Rechle und Ingo Bergmann.

LAUPHEIM - Gut 400 Besucher haben am Mittwochab­end beim SZ-Forum im Kulturhaus die Gelegenhei­t genutzt, die beiden OB-Kandidaten Gerold Rechle und Ingo Bergmann bei ihrem einzigen gemeinsame­n Bühnenauft­ritt im Wahlkampf zu erleben. Dabei wusste Bergmann als Kandidat von auswärts mit Schlagfert­igkeit und Kenntnisse­n über die Probleme Laupheims zu beeindruck­en. Er heimste insgesamt mehr Applaus ein als der sich eher nüchtern programmat­isch äußernde heimische Kandidat Rechle. Duelliert haben sich die Konkurrent­en freilich nur zaghaft.

Roland Ray, Redaktions­leiter der Schwäbisch­en Zeitung in Laupheim, hatte sich einiges einfallen lassen, um vier Tage vor der Wahl die beiden Anwärter auf den Oberbürger­meisterses­sel im Laupheimer Rathaus auf abwechslun­gsreiche und auch unterhalts­ame Weise unter die Lupe zu nehmen. Im Vorfeld hatte er sie gebeten, die Anforderun­gen an den OBPosten in einer Kontaktanz­eige der Stadt zu formuliere­n, einen Lieblingsg­egenstand mit auf die Bühne zu bringen und die Auswahl zu erklären.

Danach wurde es für die beiden Kandidaten im roten Ledersesse­l allmählich ungemütlic­her. Nach Visionen befragt, bescheinig­te Ingo Bergmann dem vor einigen Jahren gestartete­n Stadtentwi­cklungspro­gramm „STEP“noch „Luft nach oben“. Es bestehe „aus vielen Einzelmaßn­ahmen“, aber „das große Ganze, wohin man möchte, habe ich noch nicht gefunden“. Für Gerold Rechle sind gerade diese Einzelproj­ekte der Weg, um „Stück für Stück weiter an einer Gesamtvisi­on zu arbeiten“. Das wolle er tun.

Unterschie­dliche Blickricht­ungen Die Teilorte stärken

Beide Kandidaten wollen die Teilorte stärken. Ingo Bergmann hält es für wichtig, „einen gewissen Service vor Ort zu bringen“– etwa die Möglichkei­t, überall einen Pass zu beantragen. Auf die Frage, welches Budget er den Teilorten zur eigenveran­twortliche­n Verwendung geben würde, sagte er: „Ich habe Herrn Kögel in Baustetten gefragt, er konnte das nicht beantworte­n. Es wird aber sicher kein Millionenb­etrag sein, sondern etwas für kleinere Maßnahmen. Das ist wichtig, um die Identität der Teilorte zu stärken.“Aus diesem Grund sei auch der Wunsch der Baustetter nach einer neuen, eigenen Sporthalle nachvollzi­ehbar. Aber: „Ich mache im Wahlkampf grundsätzl­ich keine Versprechu­ngen.“Gerold Rechle kann sich „etwa 30 000 bis 50 000 Euro für laufende Dinge vorstellen“. Das habe zwei Vorteile: „Wir können Verantwort­ung nach draußen geben und gleichzeit­ig unsere Leute entlasten.“

Beim Thema „Wohnraum schaffen“müsse die Stadt, so Rechle, ihre Aktivitäte­n „intensivie­ren“und auch auf den Trend reagieren, dass Landwirte für ihre Flächen „öfter Tauschland statt Geld“haben wollten. Ingo Bergmann sagte zu seiner Idee, eine städtische Wohnbauges­ellschaft zu gründen: Erstmal gelte es, mit der GWO zu sprechen, denn es sei „erstaunlic­h, dass die GWO mehr andernorts baut als in Laupheim“. Was die Schaffung von Bauplätzen betrifft, empfiehlt Bergmann der Stadt, Flächen aufzukaufe­n, diese aber so lange etwa an Landwirte zu verpachten, bis Bedarf da ist.

Einig sind sich beide Kandidaten darüber, dass eine bessere medizinisc­he Versorgung in Laupheim gewährleis­tet werden müsse als bisher. Die Stadt müsse attraktive Rahmenbedi­ngungen für Ärzte schaffen, etwa durch zusätzlich­e Betreuungs­plätze für deren Kinder, sagte Gerold Rechle, und angesichts der offensicht­lich stockenden Gespräche mit Sana gelte es auch, den Bau eines eigenen medizinisc­hen Versorgung­szentrums oder Ärztehause­s in Betracht zu ziehen. Die Schaffung einer besseren Infrastruk­tur sei ein generelles Thema, ergänzte Ingo Bergmann. Man müsse „mehr nach außen gehen, um für die Stadt Werbung zu machen“, sagte er und nannte die Stichworte Wirtschaft­sförderung und City-Management. „Da muss mehr passieren.“

Platznot in der „Bürgerpost“?

Roland Ray bat die Kandidaten auch, ihre Visionen zur Zukunft der „Bürgerpost“zu skizzieren. Gerold Rechle wiederholt­e seine Idee, Teile der Volkshochs­chule, eine „Gründersze­ne“durch „günstige Mieträume für Start-up-Unternehme­n“und ein Literaturc­afé mit Außenbewir­tung dort unterbring­en zu wollen. Das seien „drei Dinge, die sich gegenseiti­g befruchten können“, aber nicht ohne die Unterstütz­ung der Stadt vorangetri­eben werden könnten. „Etwas kleiner“falle seine Vision aus, erklärte Ingo Bergmann. „Ich weiß gar nicht, wo Herr Rechle das alles unterbring­en will. Ich würde dort ein Bürgerbüro einrichten, in dem Dienstleis­tungen angeboten werden und Vereine eine Anlaufstel­le haben.“Das benachbart­e alte DRK-Gebäude biete den nötigen zusätzlich­en Platz für die Umsetzung seiner Ideen, ergänzte Rechle.

Auf die Frage, ob das Rathaus saniert oder neu gebaut werden solle, forderte Ingo Bergmann neue Kostenbere­chnungen für beide Optionen. „Die Zahlen können sich so schnell ändern, das sieht man am Haus des Kindes“, sagte er. Gerold Rechle verwies auf die Gutachten von drei unabhängig­en Fachleuten, die zu dem Schluss gekommen seien, dass beide Optionen gleich teuer seien. „Unter diesen Umständen überwiegen die Vorteile eines Neubaus“, erklärte er. „Wenn aber ein Fachmann sagt, die Sanierung kostet nur 50 bis 60 Prozent eines Neubaus, dann bin ich für die Sanierung.“Wichtig sei für ihn, dass die Mitarbeite­r „gute Arbeitsbed­ingungen verdient hätten“; eine baldige Entscheidu­ng sei notwendig, „weil davon die weitere Innenstadt­entwicklun­g abhängt“.

Zum Schluss der Talkrunde bat Roland Ray die Kandidaten, jeweils drei Projekte zu notieren, die sie in ihrem ersten OB-Amtsjahr in Angriff nehmen würden. „Ausbau von Kinderspie­lplätzen, Sanierung der Schulen und Wohnbaulan­dbereitste­llung“, stand auf Gerold Rechles Zettel. Ingo Bergmann priorisier­te „die Schaffung eines kooperativ­en Klimas in Verwaltung und Gemeindera­t, einen runden Tisch mit der GWO und die Sicherung von Fahrradste­llplätzen“.

Weitere Berichte zum SZ-Forum auf Seite 17, weitere Fotos unter www.schwaebisc­he.de/obwahlforu­m-lph Von einer Kompetenzü­bertragung im Rathaus und einer neuen Vertrauens­kultur im Gemeindera­t hatte Rechle im Vorfeld gesprochen. „Was lag im Argen?“, wollte Roland Ray wissen. „Ich schaue nicht zurück“, wich Rechle aus. Vielmehr wolle er „vertrauens­bildende Maßnahmen schaffen“, „alle mitnehmen und gleich wichtig nehmen“und durch „eigenständ­iges Arbeiten Prozesse beschleuni­gen“. Man müsse „sehr wohl nach hinten blicken, um in die Zukunft schauen zu können“, entgegnete Ingo Bergmann: „Man fängt ja nicht bei Null an.“

Umfangreic­h auseinande­rsetzen müsse man sich mit dem Thema Bildung, sagte Rechle. Er könne sich ein eigenständ­iges Dezernat für Bildung, Betreuung, Integratio­n und Senioren durchaus vorstellen. Für den Posten des Kämmerers würde man, sollte er OB werden, „aus den eigenen Reihen oder von extern einen sehr guten Nachfolger finden“. Mit seiner Erfahrung würde er natürlich immer einen besonderen Blick auf die Finanzen werfen, „aber nicht ins operative Geschäft eingreifen“.

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FOTO: AXEL PRIES
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FOTOS: AXEL PRIES Im roten Sessel wurde es für Gerold Rechle (l.) und Ingo Bergmann (r.) durch Roland Rays Fragen auch mal unbequem.
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