Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Dealender Sohn und kiffende Mutter
Ein Neu-Ulmer Rauschgifthändler versteckte Marihuana im Schlafzimmer seiner Mutter - Die Frau bediente sich bei der Droge
NEU-ULM/MEMMINGEN - Ein Sohn, der das Marihuana, mit dem er dealt, im Schlafzimmer der Mutter versteckt. Und eine Mutter, die das nicht nur duldet, sondern sich bei den Drogen auch gerne einmal selbst bedient. Das brachte die beiden nun auf die Anklagebank vor das Schöffengericht im Landgericht Memmingen.
Der arbeitslosen Mann soll nicht nur mit dem Rauschgift gehandelt haben – bei ihm wurde auch eine Waffe gefunden. Die Ermittlungen deuteten darauf hin, dass auch die Mutter beim Drogenhandel des Sohns geholfen hatte.
Dieser Vorwurf stand im Raum, da die Kriminalpolizei in Neu-Ulm die Telefonate und Handynachrichten des 25-Jährigen über einen längeren Zeitraum überwacht hatte. Eine Polizeibeamtin erläuterte dem Vorsitzenden Richter Jürgen Hasler, dass der Angeklagte mit vermeintlichen Abnehmern telefoniert hatte. Aus den Gesprächen ergab sich: Wenn der 25-Jährige nicht in der Wohnung in Neu-Ulm gewesen war, dann sagte er zu seinen Kunden, dass seine Mutter die Drogen übergibt.
In den letzten Wochen bevor der Rauschgifthandel des jungen Mannes aufflog, habe er gar nicht daheim gewohnt. „Ich mietete ein Zimmer im Hotel an, da ich Stress mit meiner Mutter hatte“, sagte der 25-Jährige vor Gericht. Er selbst bezeichnete das Appartement als „Zockerzimmer“. Sein Rechtsanwalt, Heiko Weber, betonte, dass sein Mandant und dessen Freunde in dem Zimmer nicht anderes gemacht hatten, als Playstation zu spielen und zu kiffen. „Im Hotel ist nichts verkauft worden“, sagte der Rechtsanwalt.
Doch als Ende April dieses Jahres die Wohnung der beiden Angeklagten und das Hotelzimmer durchsucht wurden, fanden die Polizisten eine erhebliche Menge an Marihuana: rund 500 Gramm im Hotelzimmer und etwa 200 Gramm im Schlafzimmer der Mutter.
Der Angeklagte beteuerte, die Droge sei lediglich für den eigenen Konsum und dem seiner Mutter gedacht gewesen.
Doch dass der 25-jährige Neu-Ulmer nicht nur in Besitz von Marihuana war, sondern auch damit gedealt hatte, sah das Gericht als sicher an. Nicht nur wegen der Erkenntnisse der Polizei aus der Telefonüberwachung. Im Sommer 2016 fassten die Beamten einen jungen Mann am Neu-Ulmer Bahnhof mit Marihuana. Er erklärte, dass er die Drogen bei dem Angeklagten gekauft hatte.
Im Hotelzimmer fand die Polizei nicht nur 500 Gramm Marihuana in Vorratsdosen, sondern auch ein machetenartiges Messer, mit einer mehr als 31 Zentimeter langen Klinge. Da aber der Strafrahmen bei bewaffneten Drogenhandel (ein bis zehn Jahre) im Gegensatz zum unbewaffneten Drogenhandel (ein bis fünfzehn Jahre) nicht erheblich ins Gewicht fällt, wurde dieser Anklagepunkt eingestellt.
Bereits mit 21 Jahren hat der junge Mann nach Angaben eines medizinischen Sachverständigers angefangen, täglich Marihuana zu rauchen. Rund dreieinhalb bis vier Gramm am Tag seien für den Neu-Ulmer normal. Er rauchte die Droge pur – ohne Zugabe von Tabak. Seine depressive Mutter konsumierte das Betäubungsmittel ebenfalls.
Erziehungsanstalt statt Gefängnis
Dass der Angeklagte mit Marihuana handelte und selbst verbrauchte, lag aus Sicht des medizinische Sachverständigers an der familiären Situation des 25-Jährigen. 2002 erkrankte seine Mutter an Depressionen. Wenn es der 45-Jährigen schlecht ging, musste sich der Sohn um den Haushalt oder Amtsgänge kümmern.
Die schwierige familiäre Situation und die Drogenabhängigkeit des Angeklagten bewegte Richter Hasler den jungen Mann nicht ins Gefängnis, sondern in eine Erziehungsanstalt zu bringen – für drei Jahre. Seine Mutter bekam sechs Monate auf Bewährung, da sie den Drogenhandel geduldet hatte – ihr das Gericht aber keine aktive Beihilfe nachweisen konnte.