Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Dreimal Lesehr
Ausstellung mit Werken einer Biberacher Künstlerfamilie der Stiftung S BC pro arte
BIBERACH - Der Name Lesehr ist angesehen in der bildenden Kunst. Die Stiftung „Pro Arte“zeigt nun Werke von Vater, Mutter und Sohn. „Dreimal Lesehr“widmet sich Georg Lesehr (1906 – 1995.), Lotte LesehrSchneider (1908 – 2003) sowie deren Sohn Michael (geboren 1941).
Alle drei studierten an der Kunstakademie Stuttgart. Georg studierte Bildhauerei, war Meisterschüler von Professor Habich. Lotte war als Malerin Meisterschülerin bei Professor Kolig, Michael war von 1960 bis 67 Schüler von Manfred Henninger und Albrecht Appelhans. Die Ausstellung stellt das Verbindende in zwei Künstlergenerationen heraus, betont dazu die expressive Individualität jedes Einzelnen.
Kuratorin Barbara Renftle machte in ihrer Begrüßung auf eine der bekanntesten Arbeiten von Georg Lesehr aufmerksam, die dieser 1960 geschaffen hat, nämlich die Christkindfigur des „Chrischtkindle ralau“an Heiligabend auf dem Biberacher Marktplatz.
Sie spricht über die Entwicklung der Künstler. Das Werk von Lotte Lesehr-Schneider steht im Zeichen des Expressionismus, ist durch sensible Porträt- und Milieuschilderungen ein wichtiges künstlerisches Zeugnis der 1920er- und 30er-Jahre. Georg Lesehr schuf sakrale und profane Werke für den öffentlichen und privaten Raum in einem klassisch bis expressiv orientierten Realismus. Sohn Michael hat aus den künstlerischen Stärken der Eltern eine Synthese gefunden.
Die Bad Honnefer Kunsthistorikerin Ingrid von der Dollen, die über die drei Lesehrs jeweils eine Monografie geschrieben hat, sprach die Laudatio. Sie begann mit dem Bildhauer, nannte beispielhaft den monumentalen „Christus am Kreuz“in Sankt Gallus in Tuttlingen. Dann ging sie auf die Prophetenfigur ein, die der 26-jährige Georg geschnitzt hatte. Der Kopf der Figur ist auf dem Flyer der Einladung zu sehen.
Außerhalb des religiösen Bereiches hat Lesehr auch viele andere Themen bearbeitet. Ein weiblicher Torso ist unter dem Einfluss seines Lehrers, des Jugendstilmeisters Ludwig Habich, entstanden. Später folgten freie Arbeiten wie die römische Göttin Flora. Die damals elfjährige Flori Kutter hat ihn bei ihren Besuchen in seinem Atelier wohl dazu inspiriert. Die Plastik ist in der Ausstellung zu sehen.
Georgs Frau Lotte Lesehr-Schneider hatte malerisch „weltliche Interessen.“Diese gelten in erster Linie dem Wesen des Menschen, nicht nur in seiner äußeren Erscheinung, auch in den „inneren Triebfedern.“Sie begab sich in die Stuttgarter Psychiatrie, es entstanden viele Kohlezeichnungen der Menschen dort. Dazu die Künstlerin: „Wenn ich ein Gesicht eines Menschen male oder zeichne, so verbinde ich mich mit ihm. Sein Schicksal, seine Herkunft konzentriert sich im Gesichtsausdruck, in der Haltung. Beim Nachspüren der Gesichtsform, der Falten, des Augenausdrucks entsteht der erlebte Strich.“Einige Beispiele sind in der Ausstellung zu sehen.
Reine Lichtenergie
Michael Lesehr verbindet stilistisch den religiösen Geist des Vaters mit der Expressivität der Mutter. Seit ihrem Tod malt er „Ur-Licht-Bilder“, spirituelle „Ikonen reiner Lichtenergie“, eröffnet die Sicht auf eine höhere überirdische Welt. Dazu die Laudatorin: „Zentrales Thema Michael Lesehrs ist das Licht als Ausdruck gottgleicher Präsenz.
Dieses Kernthema entwickelt er in verschiedenen, zunächst gegenständlichen Motiven und führt es schließlich in einem weit gespannten Entwicklungsbogen zum reinen Urlicht, in dem alles Gegenständliche wie auch alle Farben enthalten sind. Seine jüngsten Arbeiten sind zuweilen in bis zu 45 Schichten aufgebaut. Es ist reines Licht, das alle Entwicklungsmöglichkeiten in sich birgt.“Eines verbindet die drei Künstler über den Gehalt ihrer hohen Kunst hinaus, das ist der Anspruch auf eine makellose künstlerische Arbeit.