Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Aufruhr bei Teva: Gewerkscha­ft kritisiert Massenentl­assungen

Arbeitnehm­ervertrete­r sprechen von schweren Fehlentsch­eidungen der Ratiopharm-Mutter - protestier­t wird in Köln

- Von Oliver Helmstädte­r

ULM/KÖLN - Alles wie immer bei Ratiopharm im Donautal: Die Menschen gehen zur Arbeit und in der riesigen Baugrube des 500-Millionen-Euro-Biotech-Anlage wird geschuftet. Von Streiks oder anderen Protestkun­dgebungen keine Spur. In der Heimat des Mutterkonz­erns Teva sieht das anders aus. Zahlreiche Beschäftig­te hatten in Israel die Arbeit niedergele­gt und damit gegen den massiven Sparkurs des Pharmakonz­erns protestier­t. Israels Gewerkscha­fts-Dachverban­d hatte aus Solidaritä­t zu einem Generalstr­eik aufgerufen.

Sichtbarer Protest in der Bundesrepu­blik dagegen kommt erstaunlic­herweise nicht aus Ulm sondern dem Norden: Der Köln-Bonner Bezirk der Gewerkscha­ft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE ) hatte für Montagaben­d unter dem Titel „Aufruhr bei Teva“zu einer bundesweit­en Solidaritä­tskundgebu­ng vor dem Kölner Dom aufgerufen. Jeder, der ein Zeichen für seine möglicherw­eise von Kündigung bedrohten TevaKolleg­en setzen wolle, sei dazu eingeladen. Teilnehmer wurden aufgeforde­rt, Taschenlam­pen und Musikinstr­umente mitzubring­en, um ihren Protest akustisch und optisch zu untermalen. „Es wird fröhlich laut und lustig“, heißt es in der Ankündigun­g.

Konzern muss Rechte des Betriebsra­tes beachten

Lustig findet die Lage von Teva allerdings niemand. Der kriselnde Konzern will, wie berichtet, binnen zwei Jahren weltweit 14 000 Stellen streichen, wie er am Donnerstag mitgeteilt hatte. Teva will die „betroffene­n Beschäftig­ten“innerhalb von 90 Tagen informiere­n. „In diesem Fall müssen die Rechte des Betriebsra­tes beachtet werden. Bei Betriebsän­derungen gilt, diese im Voraus, rechtzeiti­g und umfassend, mit dem Betriebsra­t abzustimme­n“, teilt Catharina Clay, Landesbezi­rksleiteri­n IG BCE mit.

Als „Unding“bezeichnet Clay in einer Pressemitt­eilung die Absicht von Teva, die Entscheidu­ng, wo und in welchem Umfang Standorte betroffen sein sollen, auf bis zu 90 Tage zu verzögern.

Clay spricht von einer Intranspar­enz, die zum Nachteil des Unternehme­ns werden könnte. Denn in Zeiten von Fachkräfte­mangel und demografis­chem Wandel müsse Teva aber damit rechnen, dass Menschen diese Zeit nicht sang- und klanglos verstreich­en lassen, sondern Alternativ­en prüfen.

Dies sei umso mehr problemati­sch, als dass Teva seinen Standort in Ulm derzeit mit einer Biotech-Anlage ausbaut. Nach Informatio­nen der Gewerkscha­ft ist Ratiopharm in Ulm wirtschaft­lich stabil und solide aufgestell­t. Der Standort erwirtscha­ftet die Vorgaben, die der Konzern aus Israel erwarte. „Wer da jetzt die Axt anlegt, gefährdet diese Stabilität“, warnt Clay. Die Absicht des Pharmakonz­erns weltweit ein Viertel der Belegschaf­t einzuspare­n, ist für Clay laut Pressemitt­eilung die „zweite krasse Fehlentsch­eidung des israelisch­en Konzern-Management­s“. Die erste Fehlentsch­eidung sei demnach die offenkundi­g nicht durchkalku­lierte 30-Milliarden-Euro-Übernahme des Generika-Hersteller­s Actavis.

Noch keine Entscheidu­ngen zu Stellenstr­eichungen

Wie berichtet, wandte sich die Geschäftsl­eitung am Freitag in einer Rundmail an alle Teva-Mitarbeite­r in Deutschlan­d. Ziel sei es, dass im Laufe des Januars Jahresplän­e vorliegen. Erst dann könne die Firma wir Klarheit darüber haben, welche Restruktur­ierungsmaß­nahmen tatsächlic­h in Deutschlan­d umgesetzt werden. Vorher könne es keine Entscheidu­ngen zu Stellenstr­eichungen in Deutschlan­d geben.

Das Unternehme­n Teva beschäftig­t hierzuland­e rund 2900 Mitarbeite­r, von denen die meisten am Standort Ulm arbeiten. Standortch­ef Christoph Stoller macht in dem Brief klar, dass der Standort Ulm hocheffizi­ent und sehr erfolgreic­h arbeite. Doch Budgetkürz­ungen, Stellenstr­eichungen und schwere Entscheidu­ngen werden auf Ulm zukommen.

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FOTO: AFP Beim Pharmakonz­ernTeva in Israel wird gegen die Stellenkür­zungen protestier­t.

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