Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Puigdemont macht neue Ansprüche geltend
Ex-Ministerpräsident Kataloniens wertet Wahl als „Ohrfeige“für Spaniens Zentralregierung
MADRID - Viele hatten ihn schon totgesagt. Weil Kataloniens Ex-Ministerpräsident Carles Puigdemont aus der Ferne, von seinem selbstgewählten belgischen Exil aus, den Wahlkampf führte. Doch der 54-Jährige überraschte in der katalanischen Neuwahl. Die Wähler verhalfen ihm zu ausreichend vielen Stimmen, um sich wieder zum Anführer der Separatistenbewegung aufzuschwingen. Das Unabhängigkeitslager konnte im Katalonien-Parlament seine bisherige absolute Mehrheit bestätigen. Dies beflügelte Puigdemont, das Amt des katalanischen Ministerpräsidenten erneut für sich zu beanspruchen.
Das Wahlergebnis sei „eine Ohrfeige“für Spaniens konservative Zentralregierung, sagte Puigdemont. „Der spanische Staat wurde bezwungen.“Der Plan Madrids, einen Machtwechsel in Katalonien herbeizuführen, sei komplett gescheitert. Er forderte den konservativen spanischen Regierungschef Mariano Rajoy auf, über die Unabhängigkeit Kataloniens zu verhandeln und die Zwangsverwaltung der Region zu beenden. Nach dem Wahlsieg hätten sich die Unabhängigkeitsbefürworter verdient, „dass wir angehört werden“.
Wahlrecht hilft Separatisten
Puigdemont, der vom Obersten Gerichtshof Spaniens beschuldigt wird, illegal die Unabhängigkeit vorangetrieben zu haben, muss bei seiner Einreise nach Spanien mit Verhaftung rechnen. Nachdem er einer Vorladung des Gerichtshofs nicht Folge geleistet hatte, war ein Haftbefehl ausgestellt worden. Rajoy hatte Ende Oktober die Regionalregierung von Puigdemont nach mehreren gesetzeswidrigen Beschlüssen abgesetzt und Neuwahlen angeordnet. Bis eine neue Regionalregierung im Amt ist, wird Katalonien von Madrid aus verwaltet.
Mit 21,65 Prozent setzte sich Puigdemonts Unabhängigkeitsliste Junts per Catalunya (JxCat) bei der Neuwahl an die Spitze der Unabhängigkeitsbewegung, die für die Loslösung der Region von Spanien eintritt. Gefolgt von der Separatistenpartei Esquerra Republicana (ERC), die bei 21,39 Prozent landete. Die ebenfalls für einen eigenen Staat eintretende Candidatura d'Unitat Popular (CUP) kam auf 4,45 Prozent.
Zusammengerechnet kam der Block der Sezessionisten auf 47,5 Prozent. Das ist zwar weniger als die Hälfte der Stimmen. Aber es reichte trotzdem, um mit 70 Abgeordnetenmandaten die absolute Mehrheit zu erobern, die bei 68 der insgesamt 135 Parlamentssitze liegt. Bei der Sitzverteilung kam dem Unabhängigkeitslager das Wahlrecht zu Hilfe, wonach das dünn besiedelte katalanische Hinterland, wo die Separatisten stark sind, bei der Sitzverteilung begünstigt wird.
Damit wiederholten die Befürworter einer Abspaltung von Spanien in etwa das Ergebnis, das sie schon in der vergangenen Wahl im Jahr 2015 holten. Damals waren es 47,8 Prozent und 72 Sitze. Nun also etwas weniger, aber immer noch genug, um wieder die Macht in Katalonien zu übernehmen.
Die Unabhängigkeitsgegner, zu denen die Sozialisten (PSC), die Konservativen (PP) und die linksalternative Catalunya en Comú (CeC) gehören, errangen zwar zusammengerechnet etwas mehr als 50 Prozent der Stimmen. Aber dies brachte ihnen trotzdem nur 65 Sitze ein. Da half es auch nicht, dass die pro-spanische Partei Ciutadans (C’s) mit ihrer Chefin Inés Arrimadas auf 25,3 Prozent kam und damit sogar stärkste Partei Kataloniens wurde.
Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy sagte, dass er sich zwar um einen Dialog mit der künftigen Regierung bemühen werde, wies aber darauf hin, dass sich auch eine neue Regionalregierung der Unabhängigkeitsbefürworter an das Recht halten müssten – also keine einseitigen Schritte Richtung Abtrennung von Spanien unternehmen dürften. „Ich werde nicht zulassen, dass sie die Verfassung verletzen.“Spaniens Verfassung sieht eine Abspaltung von Regionen nicht vor. Ein Angebot von Puigdemont zu einer Begegnung außerhalb Spaniens lehnte Rajoy ab. Gegen Puigdemont wird wegen Rebellion, Anzettelns eines Aufstandes und Veruntreuung von Steuergeldern ermittelt. Wegen des gleichen Vorwurfs sitzen derzeit Puigdemonts früherer Stellvertreter, Oriol Junqueras, und sein Ex-Innenminister Joaquim Forn in U-Haft. Beide eroberten aus dem Gefängnis heraus Abgeordnetenmandate.