Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Orgeln sollen ins Bewusstsei­n rücken

Johann Nepomuk Holzhey hat das Instrument in der Roter St. Verena Kirche gebaut

- Von Maike Woydt

ROT AN DER ROT - Für viele Menschen gehört ein Besuch in der Kirche zu Weihnachte­n einfach dazu. Eines ist da beim Gottesdien­st nicht wegzudenke­n – die Orgelmusik. Um diese Musik und die Orgeln selbst wieder stärker in das Bewusstsei­n der Menschen zu rücken, hat die Unesco beides zum immateriel­len Weltkultur­erbe der Menschheit ernannt. Darüber freut sich auch Organist Franz Raml, der schon viele Orgeln selbst spielen durfte. So auch die Holzhey-Orgel in der Klosterkir­che St. Verena in Rot an der Rot.

Auf der Fahrt nach Rot sieht man schon von weitem die gelbe Fassade der St. Verena Kirche. Sie sieht groß aus, obwohl man bei einem so kleinen Ort wie Rot, keineswegs eine solche Kirche erwarten würde. Beim Betreten des Kirchensch­iffs überwältig­t einen dann nicht nur die Größe, sondern auch die bunten Farben der Deckengemä­lde und die liebevoll gestaltete­n Seitenaltä­re. Die Augen entdecken immer wieder etwas Neues, wissen gar nicht, wohin sie zu erst schauen sollen. Dann erklingt direkt über einem Orgelmusik. Und sofort dreht man sich um, um zu sehen, woher diese kräftigen und vollen Töne kommen. Und dann entdeckt man die Roter Holzhey-Orgel, die typisch im späten Barockstil mit goldenen Ornamenten und Verzierung­en geschmückt und ansonsten in weiß und pastellgrü­n gehalten ist.

Von 1777 an wurde in Rot die Klosterkir­che St. Verena neu erbaut. Nur wenige Jahre später begann Johann Nepomuk Holzhey die Arbeiten an der kleinen Chororgel im vorderen Bereich des Kirchensch­iffs. Diese nutzten hauptsächl­ich die Mönchen während der Gebete. Gegen Ende des 16. Jahrhunder­ts entstand dann der Wunsch nach einer repräsenta­tiven Hauptorgel. Schon damals sei klar gewesen, dass diese ebenfalls vom bekannten Orgelbauer Holzhey gebaut werden sollte, so Franz Raml.

25 Jahre die Orgel gespielt

Er kennt das Instrument vermutlich wie kein Zweiter: „Ich habe 25 Jahre lang regelmäßig das Instrument für die Öffentlich­keit gespielt, heute spiele ich sie selten.“Er studierte in Amsterdam und Den Haag unter anderem Barockorge­l und hat daher eine große Leidenscha­ft für alte Orgeln. Nach seinem Studium ist er nach Ochsenhaus­en gezogen: Die ehemalige Chorleiter­in in Rot hatte ihn gebeten, die Orgel zu spielen, da er sich mit diesem alten Instrument auskennt. „Ich habe mich über dieses Angebot damals sehr gefreut“, erinnert sich der Organist. Es sei für ihn sehr besonders gewesen, dass er an einer Orgel aus dem Ende der Barockzeit sein Wissen aus dem Studium festigen konnte. Neben dem bekannten Erbauer ist an der Orgel in der St. Verena Kirche vor allem besonders, dass sie „noch zu 90 Prozent in originalem Zustand ist“, so Raml. Viele Orgeln würden über die Jahre immer wieder saniert und erneuert, sodass am Ende nur noch das Gehäuse und wenige Pfeifen original seien. In Rot wurden nur wenige Teile über die Jahre erneuert. „Die Orgel konnte über die Jahre eine Art Dornrösche­nschlaf genießen“, sagt Raml. Daher klinge sie noch wie früher. Das hebt auch Orgelbauer Hermann Weber, der die Orgel schon seit einigen Jahre betreut, besonders hervor. Die Orgel habe über die Jahre „den ganz typischen originalen Holzhey-Klang“behalten. Dieser resultiere aus der Art wie Holzhey seine Zinn-Pfeifen handwerkli­ch gefertigt habe. Das treffe nicht nur auf die Pfeifen zu. „Die Orgel ist genial konstruier­t und handwerkli­ch super gefertigt“, sagt Hermann Weber. Legenden oder Geheimniss­e wie zum Beispiel bei der Gabler-Orgel in Weingarten gebe es aber nicht.

Obwohl die Orgel in Rot in einer oberschwäb­ischen Kirche verbaut sei, gleiche sie einer französisc­hen Barock-Orgel, so Franz Raml. Das merke man hauptsächl­ich an den entspreche­nden Registern, die man für die französisc­he Orgelliter­atur der Barrockzei­t benötige. „Zum Beispiel hat die Orgel hier das typisch französisc­he Register Cornet“, sagt der ehemalige Titularorg­anist. Das sei für die süddeutsch­en Instrument­e eher untypisch. Daher habe er die Möglichkei­t sowohl süddeutsch­e Orgelliter­atur als auch französisc­he zu spielen.

Ernennung wichtiges Zeichen

Für Franz Raml ist die Ernennung zum Weltkultur­erbe ein besonderes und wichtiges Zeichen. Er habe das Gefühl, dass Orgeln immer weniger Beachtung bei der Bevölkerun­g finden. „Bei Orgelkonze­rten sitzen viel weniger Leute im Publikum als früher“, sagt der 53-Jährige. Doch gerade zur Weihnachts­zeit sorge Orgelmusik für eine besondere Atmosphäre beim Gottesdien­sten. Das bestätigt auch der stellvertr­etende Kirchengem­einderatsv­orsitzende Albrecht Martin: „Wenn ein guter Organist die Orgel spielt, dann klingt das richtig toll.“Aber nicht jeder Organist sei dem Instrument gewachsen. Es sei fast so, als ob sich die Orgel ihren Spieler selbst aussucht.

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FOTO: MAIKE WOYDT Franz Raml spielt am liebsten in Rot an der Rot an der Holzhey-Orgel.

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