Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Orgeln sollen ins Bewusstsein rücken
Johann Nepomuk Holzhey hat das Instrument in der Roter St. Verena Kirche gebaut
ROT AN DER ROT - Für viele Menschen gehört ein Besuch in der Kirche zu Weihnachten einfach dazu. Eines ist da beim Gottesdienst nicht wegzudenken – die Orgelmusik. Um diese Musik und die Orgeln selbst wieder stärker in das Bewusstsein der Menschen zu rücken, hat die Unesco beides zum immateriellen Weltkulturerbe der Menschheit ernannt. Darüber freut sich auch Organist Franz Raml, der schon viele Orgeln selbst spielen durfte. So auch die Holzhey-Orgel in der Klosterkirche St. Verena in Rot an der Rot.
Auf der Fahrt nach Rot sieht man schon von weitem die gelbe Fassade der St. Verena Kirche. Sie sieht groß aus, obwohl man bei einem so kleinen Ort wie Rot, keineswegs eine solche Kirche erwarten würde. Beim Betreten des Kirchenschiffs überwältigt einen dann nicht nur die Größe, sondern auch die bunten Farben der Deckengemälde und die liebevoll gestalteten Seitenaltäre. Die Augen entdecken immer wieder etwas Neues, wissen gar nicht, wohin sie zu erst schauen sollen. Dann erklingt direkt über einem Orgelmusik. Und sofort dreht man sich um, um zu sehen, woher diese kräftigen und vollen Töne kommen. Und dann entdeckt man die Roter Holzhey-Orgel, die typisch im späten Barockstil mit goldenen Ornamenten und Verzierungen geschmückt und ansonsten in weiß und pastellgrün gehalten ist.
Von 1777 an wurde in Rot die Klosterkirche St. Verena neu erbaut. Nur wenige Jahre später begann Johann Nepomuk Holzhey die Arbeiten an der kleinen Chororgel im vorderen Bereich des Kirchenschiffs. Diese nutzten hauptsächlich die Mönchen während der Gebete. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts entstand dann der Wunsch nach einer repräsentativen Hauptorgel. Schon damals sei klar gewesen, dass diese ebenfalls vom bekannten Orgelbauer Holzhey gebaut werden sollte, so Franz Raml.
25 Jahre die Orgel gespielt
Er kennt das Instrument vermutlich wie kein Zweiter: „Ich habe 25 Jahre lang regelmäßig das Instrument für die Öffentlichkeit gespielt, heute spiele ich sie selten.“Er studierte in Amsterdam und Den Haag unter anderem Barockorgel und hat daher eine große Leidenschaft für alte Orgeln. Nach seinem Studium ist er nach Ochsenhausen gezogen: Die ehemalige Chorleiterin in Rot hatte ihn gebeten, die Orgel zu spielen, da er sich mit diesem alten Instrument auskennt. „Ich habe mich über dieses Angebot damals sehr gefreut“, erinnert sich der Organist. Es sei für ihn sehr besonders gewesen, dass er an einer Orgel aus dem Ende der Barockzeit sein Wissen aus dem Studium festigen konnte. Neben dem bekannten Erbauer ist an der Orgel in der St. Verena Kirche vor allem besonders, dass sie „noch zu 90 Prozent in originalem Zustand ist“, so Raml. Viele Orgeln würden über die Jahre immer wieder saniert und erneuert, sodass am Ende nur noch das Gehäuse und wenige Pfeifen original seien. In Rot wurden nur wenige Teile über die Jahre erneuert. „Die Orgel konnte über die Jahre eine Art Dornröschenschlaf genießen“, sagt Raml. Daher klinge sie noch wie früher. Das hebt auch Orgelbauer Hermann Weber, der die Orgel schon seit einigen Jahre betreut, besonders hervor. Die Orgel habe über die Jahre „den ganz typischen originalen Holzhey-Klang“behalten. Dieser resultiere aus der Art wie Holzhey seine Zinn-Pfeifen handwerklich gefertigt habe. Das treffe nicht nur auf die Pfeifen zu. „Die Orgel ist genial konstruiert und handwerklich super gefertigt“, sagt Hermann Weber. Legenden oder Geheimnisse wie zum Beispiel bei der Gabler-Orgel in Weingarten gebe es aber nicht.
Obwohl die Orgel in Rot in einer oberschwäbischen Kirche verbaut sei, gleiche sie einer französischen Barock-Orgel, so Franz Raml. Das merke man hauptsächlich an den entsprechenden Registern, die man für die französische Orgelliteratur der Barrockzeit benötige. „Zum Beispiel hat die Orgel hier das typisch französische Register Cornet“, sagt der ehemalige Titularorganist. Das sei für die süddeutschen Instrumente eher untypisch. Daher habe er die Möglichkeit sowohl süddeutsche Orgelliteratur als auch französische zu spielen.
Ernennung wichtiges Zeichen
Für Franz Raml ist die Ernennung zum Weltkulturerbe ein besonderes und wichtiges Zeichen. Er habe das Gefühl, dass Orgeln immer weniger Beachtung bei der Bevölkerung finden. „Bei Orgelkonzerten sitzen viel weniger Leute im Publikum als früher“, sagt der 53-Jährige. Doch gerade zur Weihnachtszeit sorge Orgelmusik für eine besondere Atmosphäre beim Gottesdiensten. Das bestätigt auch der stellvertretende Kirchengemeinderatsvorsitzende Albrecht Martin: „Wenn ein guter Organist die Orgel spielt, dann klingt das richtig toll.“Aber nicht jeder Organist sei dem Instrument gewachsen. Es sei fast so, als ob sich die Orgel ihren Spieler selbst aussucht.