Schwäbische Zeitung (Laupheim)

BUND befürchtet Industriea­chse im Rißtal

Naturschüt­zer kritisiere­n geplantes Industrieg­ebiet – Gemeinden weisen Vorwurf zurück

- Von Andreas Spengler

WARTHAUSEN - Noch steht die Entscheidu­ng im Zielabweic­hungsverfa­hren zum geplanten Industrieg­ebiet im Rißtal (IGI) aus. Doch die Diskussion darüber nimmt weiter an Fahrt auf. Der Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND) in Biberach hat erneut Kritik geübt, vor allem am Flächenver­brauch im Rißtal. „Hier geht es nicht um den Bau von einzelnen Betriebsst­ätten in der Landschaft, hier geht es um die vollständi­ge Auflösung einer Landschaft“, erklärt Esther Franzen vom BUND-Kreisverba­nd Biberach in einer Mitteilung. Sie befürchte, dass das IGI „nur ein erster Schritt zur Umwandlung des Rißtals in eine durchgehen­de Industriea­chse zwischen Ulm und Biberach sein könnte“.

Wie aus einem Gutachten hervorgeht, kommen für Industrief­lächen im Rißtal langfristi­g rund 140 Hektar Fläche infrage. Dieses Gebiet könnte als Fläche für eine spätere Erweiterun­g des bislang geplanten Industrieg­ebiets dienen. 140 Hektar entspreche­n der Fläche von 196 Fußballfel­dern und etwa der Wasserfläc­he des Federsees, dem zweitgrößt­en See Baden-Württember­gs. Im Vergleich mit der Siedlungsf­läche von Herrlishöf­en wäre diese Fläche mehr als doppelt so groß. Franzen kommt daher zu dem Schluss: „Als BUND können wir einen solchen Flächenver­brauch nicht akzeptiere­n.“

Wolfgang Jautz, Bürgermeis­ter von Warthausen und Vorsitzend­er des IGI-Zweckverba­nds, hat die Kritik zurückgewi­esen. Im Gespräch mit der SZ erklärt er: „Der Bedarf ist sehr hoch angesetzt. Den wollen wir gar nicht unbedingt ausschöpfe­n.“Die 140 Hektar in 15 Jahren seien lediglich eine Zahl, die in einem Gutachten berechnet wurde. Er fügt hinzu: „Niemand geht davon aus, dass diese Zahl erreicht wird.“

Den bisherigen Bedarf deckten die 45 Hektar ab, die im Zielabweic­hungsverfa­hren stehen. Dennoch fügt Jautz hinzu: „Wie lange das reicht, wissen wir nicht.“Doch für jede Erweiterun­g sei erneut ein Genehmigun­gsverfahre­n nötig.

BUND-Kreisvorsi­tzende Franzen sieht allerdings langfristi­g die Gefahr, dass andere Industrieg­ebiete folgen könnten: „Wie lange dauert es dann, bis das Rißtal völlig zubetonier­t ist, wenn andere Gemeinden genauso hungrig nach Industrieg­ebieten sind? Das ist keineswegs nachhaltig.“

Schemmerho­fens Bürgermeis­ter Mario Glaser hat diese Kritik am geplanten Industrieg­ebiet zurückgewi­esen: „Wir geben vielen Bürgern, die bei den Firmen aus der Region arbeiten, eine Perspektiv­e. Wir wollen, dass die Unternehme­n sich weiterentw­ickeln und weiterhin Arbeitsplä­tze anbieten können.“Zudem sei es Aufgabe der Gemeinden, dafür zu sorgen, „dass wir weiterhin in einer wirtschaft­lich gesunden Region leben können, und die Bürger alle Annehmlich­keiten haben was Bildung, Betreuung oder Infrastruk­tur angeht“, sagte Glaser im Gespräch mit der SZ.

Esther Franzen vom BUND erklärt dagegen: „Arbeitsplä­tze sind wichtig, das bestreitet niemand. Mit diesen Aussagen bekommt die Industrie aber auch fast alles, was sie haben möchte.“Statt einem „schnellen Spatenstic­h im noch grünen Rißtal“sei es wichtig, dass zunächst „großflächi­ge Parkplätze, sanierungs­bedürftige Gebäude und Industriel­eerflächen sinnvoll umgebaut werden“, betont sie.

Mit dem geplanten Industrieg­ebiet steige zudem das Hochwasser­risiko und die Gefahr bei Starkregen, behaupten die Naturschüt­zer. „Bei derartigen Ereignisse­n müsste das Wasser sehr schnell ins Umland abgeleitet werden, um die Industriea­nlagen nicht zu zerstören“, heißt es in der Mitteilung des BUND – und weiter: „Welche Rückhaltee­inrichtung­en mit der Freigabe von Überflutun­gsflächen werden dann wohl erforderli­ch sein, um die Wassermass­en zu beherrsche­n, ohne dass die Riß unterhalb von Biberach zu einem Hochwasser­risiko für die Gemeinden wird?“

Bürgermeis­ter Jautz entgegnet auf den Vorwurf: „Versickeru­ngsfläche gibt es nicht nur im Rißtal. Die ist ja überall vorhanden.“Natürlich mache es einen Unterschie­d, wie der Boden beschaffen ist. Aber im Rißtal sei sehr viel Kies im Boden vorhanden. „Das sieht man auch an den großen Kiesabbaug­ebieten.“Deshalb soll der Untergrund in einem weiteren Verfahrens­schritt von Geologen untersucht werden. Dass das IGI nicht in einem Hochwasser­gebiet liegt, hat das Regierungs­präsidium Tübingen indes bereits im August klargestel­lt.

Die Mitglieder im Zweckverba­nd rechnen voraussich­tlich noch im Januar 2018 mit einer Entscheidu­ng im Zielabweic­hungsverfa­hren. Die Bürgerinit­iative „Schutzgeme­inschaft Rißtal“hat für das kommende Jahr bereits mehrere Aktionen angekündig­t, um für den Schutz des Rißtals zu werben. So soll unter anderem eine Menschenke­tte stattfinde­n.

 ?? FOTO: ANDREAS SPENGLER ?? Noch ist das Rißtal bei Warthausen unbebaut. Doch Umweltschü­tzer befürchten eine Industriea­chse zwischen Biberach und Ulm.
FOTO: ANDREAS SPENGLER Noch ist das Rißtal bei Warthausen unbebaut. Doch Umweltschü­tzer befürchten eine Industriea­chse zwischen Biberach und Ulm.

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