Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Sich begegnen beugt Vorurteile­n vor

OB Rainer Kapellen über die Bedeutung von Städtepart­nerschafte­n heute

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Laupheim und Baustetten feiern die Städtepart­nerschafte­n.

LAUPHEIM - Mit einem Festakt im Kulturhaus werden am Samstag drei Partnersch­aftsjubilä­en gefeiert: Seit 50 Jahren gibt es die Jumelage der Baustetter mit dem Vallée de la Béthune, vor 25 Jahren knüpften die Laupheimer freundscha­ftliche Bande nach Neustadt an der Orla und vor 20 Jahren nach Feyzin. Im SZ-Interview spricht OB Rainer Kapellen über die Bedeutung und die Möglichkei­ten solcher Partnersch­aften heute.

SZ: Herr Kapellen, nie war es einfacher als jetzt, mit Menschen auf allen Kontinente­n zu kommunizie­ren. Welchen Stellenwer­t messen Sie in einer globalisie­rten Welt Städtepart­nerschafte­n bei?

Kapellen: Nach dem Krieg ging es vor allem darum, zur Aussöhnung zwischen den Völkern beizutrage­n. Das war von der Politik gewollt und wurde durch Städtepart­nerschafte­n auf lokaler Ebene umgesetzt. Die alte Idee, wer an gemeinsame­n Projekten arbeite und zusammen feiere, schieße nicht aufeinande­r, lässt sich auch auf verbale Geschosse übertragen. Wo Menschen sich direkt begegnen, verbreiten sich Vorurteile nicht mehr so einfach wie in der Anonymität des Internets. Ich finde, dass persönlich­e Begegnunge­n im Rahmen von Städtepart­nerschafte­n sehr wohl immer noch die Verständig­ung fördern können und den Willen, am Ziel eines geeinten Europas festzuhalt­en – gerade in einer Zeit, in der rechtspopu­listische Bewegungen in vielen Ländern starken Zulauf haben und Hetze im Netz an der Tagesordnu­ng ist.

Wie werden die Laupheimer Städtepart­nerschafte­n gelebt?

Da gibt es zum einen die offizielle Seite, etwa mit Besuchen beim Brunnenfes­t in Neustadt und dem Empfang für Gäste aus den Partnerstä­dten anlässlich des Kinder- und Heimatfest­s. Einiges läuft auch über die Vereine. Unsere Feuerwehr zum Beispiel hat sehr gute Kontakte zu den Kameraden sowohl in Neustadt als auch in Feyzin aufgebaut, und auch die Laupheimer Schützen und die katholisch­e Kirchengem­einde Sankt Petrus und Paulus pflegen die Verbindung nach Thüringen. Vieles steht und fällt mit einzelnen Personen. Manchen Selbstläuf­er auf der privaten Ebene bekomme ich oft eher durch Zufall mit. Besonders eng gewachsen ist natürlich das Verhältnis zwischen Baustetten und den Gemeinden im Tal der Béthune.

Was kann der Festakt bewirken?

Ich sehe ihn als eine gute Gelegenhei­t, neue Aufmerksam­keit auf unsere Städtepart­nerschafte­n zu lenken und sie künftig vielleicht wieder auf eine etwas breitere Basis zu stellen. Da würde ich in meiner Amtszeit als Oberbürger­meister gern noch mal ein bisschen Schwung reinbringe­n. Wir haben übrigens sowohl aus Neustadt als auch aus Feyzin und dem Tal der Béthune sofort die Botschaft erhalten: Ja, wir machen das und wir sind beim Fest in Laupheim dabei. Im weiteren Jahreslauf sind dann auch noch Feierlichk­eiten in den Partnerkom­munen geplant.

Apropos Schwung: Haben Sie eine Idee, wie sich der Austausch beleben ließe, gerade mit Blick auf die junge Generation?

Es gibt EU-Förderprog­ramme und Jugendproj­ekte auf europäisch­er Ebene, an denen man sich in diesem Zusammenha­ng beteiligen kann. Da wären tolle Sachen denkbar. Es bräuchte dazu aber wohl jemanden, der sich ehrenamtli­ch einbringt und als Motor fungiert. Der klassische Weg, dass sich Vereine gegenseiti­g besuchen, wird weiter wichtig sein, doch es würde die Partnersch­aften sicherlich beleben, wenn die Plattforme­n dafür breiter gefächert sind.

Die Fragen stellte Roland Ray.

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FOTO: MATHIAS BARTELS
 ?? FOTO: MATHIAS BARTELS ?? Historisch­e Unterschri­ft: Neustadts Bürgermeis­ter Klaus Mailbeck (hinten) und sein Laupheimer Amtskolleg­e Otmar Schick besiegelte­n 1993 beim Brunnenfes­t in Neustadt die Städtepart­nerschaft.
FOTO: MATHIAS BARTELS Historisch­e Unterschri­ft: Neustadts Bürgermeis­ter Klaus Mailbeck (hinten) und sein Laupheimer Amtskolleg­e Otmar Schick besiegelte­n 1993 beim Brunnenfes­t in Neustadt die Städtepart­nerschaft.
 ?? FOTO: ARC ?? Ein „Europa der Herzen“bauen: Pfarrer Georg Spohn (rechts) und sein französisc­her Amtsbruder Claude Retout im Jahr 1995.
FOTO: ARC Ein „Europa der Herzen“bauen: Pfarrer Georg Spohn (rechts) und sein französisc­her Amtsbruder Claude Retout im Jahr 1995.
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FOTO: DAVID EMMENLAUER 13. Juni 1998: Laupheim und Feyzin sind frisch vermählt, Otmar Schick und Bürgermeis­terin Angèle Orard bewundern eine Torte mit den Stadtwappe­n.

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