Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Biberacher Arbeitgeber sehen Abschluss als Herausforderung
Vor allem die Lohnerhöhung wird als Belastung gesehen, die nicht an die Kunden weitergegeben werden kann
BIBERACH (gem) - Der Arbeitgeberverband Südwestmetall und die Gewerkschaft IG Metall haben sich am Montagabend auf einen Tarifabschluss geeinigt. Die Beschäftigten erhalten 4,3 Prozent mehr Geld und einen Anspruch auf eine verkürzte Vollzeit von bis zu 28 Wochenstunden für maximal zwei Jahre. Die SZ wollte von großen Biberacher Unternehmen der Branche wissen, wie sie den Abschluss einschätzen.
„Aufseiten beider Tarifparteien haben alle Beteiligten belastende Verhandlungswochen auf sich genommen, um eine tragfähige Lösung zu erreichen. Dafür möchten wir uns ausdrücklich bedanken“, sagt Kristian Küppers, Sprecher der Firmengruppe Liebherr. Aus Liebherr-Sicht habe ein Kompromiss erzielt werden können, der die Firmengruppe allerdings vor Herausforderungen stelle. „Ins Auge fällt die hohe Komplexität des Tarifabschlusses. Allerdings gehen wir davon aus, dass wir bei Liebherr in der Lage sein werden, die einzelnen Bausteine im Sinne der Beschäftigten und der betrieblichen Belange erfolgreich umzusetzen“, so Küppers. Die lange Laufzeit des Tarifvertrags komme Liebherr entgegen, „ist sie doch mit einer hohen Planungssicherheit verbunden“. Erst die nächsten Monate würden jedoch zeigen, wie sich der Tarifabschluss konkret auf die Wettbewerbsfähigkeit der Liebherr-Standorte auswirke.
Die Vollmer-Gruppe in Biberach ist zwar nicht mehr tarifgebunden, „wir haben allerdings keine andere Möglichkeit, als uns an den Tarifabschluss anzulehnen“, sagt Geschäftsführer Stefan Brand. Die Branche erlebe eine gute Zeit, die Zahlen seien gut, deshalb sollten die Mitarbeiter auch daran teilhaben, so Brand. „Wir haben deshalb 2017 eine Sonderprämie gezahlt.“
„Gut, dass wieder Ruhe einkehrt“
Im Gegensatz zum „statischen“Tarifabschluss, spricht sich der VollmerGeschäftsführer jedoch für flexiblere Modelle aus. Die jetzt beschlossene Entgelterhöhung sei schon eine Hypothek, die gerade mittelständische Unternehmen stärker treffe. „Wir können das nicht auf unsere Kunden umlegen“, sagt Brand. 80 Prozent davon befänden sich im Ausland. „Die interessiert zunächst einmal nicht, was in Deutschland vor sich geht.“Insgesamt sei aber gut, dass nach dem Tarifstreit nun wieder Ruhe einkehre.
„Die Flexibilisierung der Arbeitszeit ist okay, die Kosten machen uns Sorgen“, bewertet Jörg Hochhausen von der Geschäftsführung der Biberacher Handtmann-Unternehmensgruppe den erzielten Tarifabschluss. Dass die Möglichkeit zu flexiblen Arbeitszeiten nach unten wie nach oben gegeben sei, sei ein richtiger Ansatz. „Wir spüren das auch bei unserer Belegschaft“, sagt Hochhausen. „Es gibt Lebensphasen, da wollen und können Mitarbeiter mehr arbeiten, es gibt aber auch Zeiten, beispielsweise wenn es um Pflege in der Familie geht, da will man weniger arbeiten.“
Als schwierig erachtet Hochhausen die Kosten, die durch die Entgelterhöhung auf die Handtmann-Gruppe zukommen. „Die Kunden werden uns deswegen keinen Cent mehr bezahlen.“Hier gelte es nun, mit spitzem Bleistift zu rechnen, Arbeitsabläufe noch effizienter zu gestalten und die Produktivität zu erhöhen.