Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Raiba bestätigt kompletten Abzug
Vorstände begründen Bankschließung in Obersulmetingen mit Sparzwang
Vorstände begründen Bankschließung in Obersulmetingen mit Sparzwang.
OBERSULMETINGEN - Die Raiffeisenbank Biberach zieht zum 1. April ihre Obersulmetinger Zweigstelle samt SB-Automat und Kontoauszugsdrucker ab: Was schon seit Mitte Januar inoffiziell bekannt ist, wurde am Mittwoch vom Vorstand des Kreditinstituts bei einem nicht öffentlichen Mitglieder-Infoabend in Obersulmetingen bestätigt. Der Service sei nicht rentabel, lautete die Botschaft.
Wie die SZ aus Mitgliederkreisen erfuhr, sei das Musikerheim des MVO mit rund 150 Besuchern prall gefüllt gewesen, als die Vorstandsmitglieder Gerolf Scherer und Gerhard Braig die Entscheidung bekanntgaben. „Es wurde engagiert, aber nicht unfair diskutiert“, berichtet Ortsvorsteher Elmar Dehler über den Verlauf der Versammlung. Er hatte im Vorfeld eine Unterschriftenaktion für den Erhalt der seit 128 Jahren existierenden Raiba Obersulmetingen initiiert. „Weit über 400 Leute haben unterschrieben“, sagt er. Die Listen habe man am Mittwoch dem Bankvorstand ausgehändigt. Ebenso habe der Seniorenclub des Ortes einen offenen Brief mit der Bitte um den Erhalt der Zweigstelle übergeben. Denn gerade die nicht mobilen Kunden leiden unter dem Rückzug, sagt der Ortsvorsteher. Die Erfolgsaussichten schätzt er mittlerweile realistisch ein: „Die Entscheidung ist gefallen. Die Vorstände sind jetzt nur noch zur Verkündung unterwegs.“
Die Bank selbst will sich erst im März bei einem Pressegespräch öffentlich zu den Gründen äußern. Die Mitglieder der Raiba Obersulmetingen wurden bereits am Mittwochabend durch Scherer und Braig unterrichtet. Der Tenor laut Elmar Dehler: Man stehe unter wirtschaftlichem Druck; auch die Bankenaufsicht habe klar gemacht, dass Kosteneinsparungen durch eine deutliche Reduzierung der derzeit noch 37 Geschäftsstellen erforderlich seien, wenn man überleben wolle. Andere Banken vergleichbarer Größe betrieben nur etwa halb so viele Zweigstellen wie die Raiba Biberach. Dehler: „Es wurde uns klar gemacht, dass man die flächendeckende Präsenz in unserem Fall mit der nur zwei Kilometer entfernten Geschäftsstelle in Untersulmetingen erfüllt sieht.“
Der SZ liegen auch Zahlen vor, mit der die Vorstände die Entscheidung begründeten (siehe Kasten). Während die tatsächlichen Kosten für den Betrieb der Obersulmetinger Geschäftsstelle „nebulös geblieben“seien, so Dehler, habe man schwer überprüfbare Zahlen zur Rentabilität der Automaten vorgelegt bekommen: „Es hieß, ein Geldautomat koste 16 000 Euro im Jahr. Mehrere Besucher haben selbst recherchiert und nur von 10 000 Euro gesprochen.“Die Bank stelle die Fixkosten von 16 000 Euro ins Verhältnis zur Nutzung des Automaten, und erst wenn jeder Vorgang maximal 25 Cent „koste“, sei das Gerät rentabel. Hierfür brauche es 65 000 Verfügungen pro Jahr, in Obersulmetingen zählte man nur knapp 10 000.
Geldbringservice soll helfen
Als Alternative biete die Bank einen kostenlosen „Geldbringservice“an. Ob dieser von einzelnen Kunden beliebig oft genutzt werden kann oder wieder eingestellt wird, wenn die Resonanz zu gering ist – „dazu gab es keine Informationen“, so Dehler. Er selbst habe der Bank am Abend folgende Idee unterbreitet: „Wenn jeder der über 500 Raiba-Genossen aus Obersulmetingen einen bis zwei Euro pro Monat bezahlt – könnte man dann den Geldautomaten behalten?“Darauf seien die Vorstände nicht näher eingegangen.
Unabhängig davon fragt sich der Ortsvorsteher: „Ist jetzt die richtige Zeit, den Service auszudünnen?“Denn das gehe in erster Linie auf Kosten der in der Gesellschaft stark vertretenen älteren Generation, die zum großen Teil keinen Online-Zugriff habe. Dehler bezweifelt auch, dass die wirtschaftlichen Zwänge des Kreditinstituts wirklich so groß sind, wie angegeben wird: „Natürlich ist die Zinssituation schwierig. Aber das ist doch nicht die einzige Einnahmequelle. Der Dax schießt durch die Decke, das Immobiliengeschäft boomt. Für mich ist das Ganze Jammern auf hohem Niveau.“