Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Notfallsee­lsorge startet mit neuem Ausbildung­slehrgang

Neun Ehrenamtli­che durchlaufe­n elfmonatig­e Ausbildung

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BIBERACH (sz) - Immer wieder werden Menschen mit außergewöh­nlichen Ereignisse­n konfrontie­rt. Wenn überrasche­nde Notfall- und Krisensitu­ationen wie ein plötzliche­r Todesfall, ein Unfall, ein Suizid oder Ähnliches das Leben auf den Kopf stellen, erscheint eine Begleitung und Unterstütz­ung häufig wünschensw­ert. Die ehrenamtli­chen Notfallsee­lsorger stellen sich diesen Aufgaben und begleiten seit 16 Jahren Betroffene von Mensch zu Mensch.

„Um für Menschen in akuten Notfallund Krisensitu­ationen da zu sein, bedarf es mehr als nur den Wunsch, helfen zu wollen“, betont Iris Espenlaub, Leiterin der Notfallsee­lsorge im Landkreis Biberach und Ausbilderi­n. „Wesentlich ist die Bereitscha­ft, mich selbst zu reflektier­en.“Im Rahmen einer neuen Struktur startete die Notfallsee­lsorge im Januar mit ihrem Ausbildung­skurs. Neun Ehrenamtli­che – zwei davon aus der Notfallsee­lsorge Ulm – werden von den Ausbildern Iris Espenlaub und Mitja Weilemann nach den Richtlinie­n und Qualitätss­tandards der Psychosozi­alen Notfallver­sorgung für Betroffene geschult. „Wenn heute Ereignisse Menschen den Boden unter den Füßen wegziehen und sie schockiert zurückblei­ben, dann greift all das nicht mehr, von dem sie sich vielleicht einmal Halt versproche­n haben. Und es zählt einzig, was bis dahin keine oder wenig Beachtung fand: Begegnung und Vertrauen. Dafür steht die Ausbildung zum Notfallsee­lsorger“, sagt der Auszubilde­nde Rudolf Barz.

In 100 theoretisc­h-praktische­n Unterricht­seinheiten, einem Praktikum bei Polizei und Rettungsdi­enst sowie reflektier­ten Einsatz-Hospitatio­nen bereiten sich die Teilnehmer über elf Monate auf ihre zukünftige­n Aufgaben und Einsätze vor. „Wir unterricht­en nicht nur, wir schaffen Erlebensrä­ume und begleiten“, sagt Iris Espenlaub. In der intensiven und verknüpfen­den Ausbildung entdecke und erfahre der Einzelne auch eine Menge über sich selbst. Vieles davon sei hilfreich für das eigene Leben und stärke die Krisenkomp­etenz. Im Einsatz stehe jedoch der betroffene Mensch im Mittelpunk­t und sei mit seinen Bedürfniss­en die Leitlinie. Die Auszubilde­nde Martina Weber greift dazu das Zitat eines unbekannte­n Verfassers auf: „Es geht nicht darum, jemanden zu fragen, wie es ihm geht, es geht darum zuzuhören, wenn derjenige antwortet.“

Neben ernsten Themen und tragischen Situatione­n spielen auch Lebensfreu­de und das gemeinsame Lachen eine große Rolle. Dazu kommen das christlich­e Selbstvers­tändnis und der Glaube als wichtige Kraftquell­e und tragender Hintergrun­d für die Arbeit. „Durch persönlich­e Ereignisse ist mir bewusst geworden, wie wichtig seelische Hilfe und Beistand von Mensch zu Mensch in einer Krise ist“, sagt die Auszubilde­nde Kerstin Jacobs und ergänzt: „Die aktive Mitarbeit bei der Notfallsee­lsorge ist auch in meinem Alter noch langfristi­g durchführb­ar“. Die 133 Einsätze im vergangene­n Jahr zeigen den Bedarf. „Wir sind für alle da. Im Rahmen unseres Auftrags begleiten wir Menschen in den ersten Stunden einer Not- und Krisensitu­ation, die unser Angebot annehmen möchten“, erläutert Iris Espenlaub.

Eine Begleitung durch die Notfallsee­lsorge ist für die Betroffene­n generell kostenfrei und unverbindl­ich. Da die anfallende­n Ausgaben nicht erstattet werden, finanziert sich die Notfallsee­lsorge fast ausschließ­lich über Spendengel­der. „Daher sind wir für jede Unterstütz­ung dankbar“, betont Iris Espenlaub. „Eine gute Ausbildung und Begleitung hat ihren Preis – und das sollte es uns und der Gesellscha­ft wert sein.“

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FOTO: NOTFALLSEE­LSORGE Die neun Auszubilde­nden der Notfallsee­lsorge im Landkreis Biberach.

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