Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Das Ende des Vertrauens
Einbruch: Wie ein häufiges Delikt die Sicht auf die Welt verändert – Ein Fall von vielen aus der Region
Wie ein Einbruch ein ganzes Leben verändert hat.
LAUPHEIM - Es ist ein schmuckes Haus inmitten schmucker Häuser in einer ruhigen Straße. Es sieht nach heiler Welt aus. Aber für Beate Müller ist die Welt nicht mehr so in Ordnung, seit ihre Familie in dieser Siedlung Opfer von Einbrechern geworden ist. Sie und ihr Mann kamen glimpflich davon, aber beide brauchten danach Hilfe und schauen seither häufiger über die Schulter. Beate Müller, die in einem typischen Dorf in der Region Laupheim lebt, heißt eigentlich anders. Sie möchte nicht erkannt werden, erzählt aber die Geschichte eines recht typischen Einbruchs in der Region.
Ihr Fall geschah ganz klassisch in der dunklen Jahreszeit vor zwei Jahren, kurz vor Weihnachten – einer von 137 Einbrüchen des Jahres im Kreis und nicht einmal der erste in der noch nicht alten Siedlung. Die Familie Müller – ein Ehepaar mit zwei kleinen Kindern – verlässt das Haus am frühen Abend für einen Einkauf und kehrt erst zwei Stunden später zurück.
„Mir stockte der Atem!“
Die Kinder stürmen ins Haus, doch als Beate gleich darauf das Licht im Wohnzimmer einschaltet, trifft sie der Schock: Im ganzen Raum liegen Sachen verstreut herum, die Schranktüren sind weit geöffnet, die Schränke zum Teil ausgeräumt. „Mir stockte der Atem!“Sie registriert sofort, was geschehen sein muss – und was noch geschehen könnte, sollten die Täter noch da sein. Die Mutter dirigiert ihre Kinder sofort zurück zum Ausgang, ruft draußen nach ihrem Mann, der noch am Auto steht. Sie versucht, die Notrufnummer zu wählen und schafft es nicht. „Ich war völlig neben der Kappe.“Fünf Versuche braucht die 30-Jährige, bis sie durchkommt. Als kurz darauf zwei Beamte kommen, hat sie sich schon wieder etwas beruhigt, gemeinsam durchsucht man das Haus, um zu sehen, was genau passiert ist. „Im Obergeschoss schossen mir die Tränen in die Augen“, erzählt sie. Es bot sich ein Bild der Verwüstung, weil die Einbrecher rücksichtslos alle Schränke aufgerissen und geleert hatten. Eine Schadensbilanz ergibt später einen materiellen Verlust durch Diebstahl und Beschädigung von etwas über 2000 Euro. Die Aufrüstung des Hauses für mehr Einbruchsicherheit kostet auch noch einmal viel Geld.
Das Ehepaar Müller durchlebt schwere Wochen. Nicht nur die polizeilichen Maßnahmen und die Aufräumaktion sowie die Reparatur der aufgebrochenen Terrassentür beeinträchtigen ihr Leben. Der Einbruch hat seelische Folgen hinterlassen. „Wir konnten nicht schlafen“, erzählt Beate. In den ersten Tagen ließ jedes Geräusch sie aufschrecken: „Ein Knacken, und man hockt senkrecht im Bett.“Das Vertrauen in die Sicherheit der eigenen vier Wände war weg, erklärt sie heute. Mit einem Stecken bewaffnet, pirschen die Bewohner mehrfach nachts durchs Haus, alarmiert von Allerweltsgeräuschen. Sie trauten sich nicht mehr, das Haus alleine zu lassen. Die Müllers merkten: Sie brauchten Rat, jemanden zum Reden – einfach Hilfe. Auf Anraten der Polizei wandten sie sich an den Weißen Ring im Kreis und bekamen Besuch von zwei Vertetern der Organisation.
Das stundenlange Gespräch tat gut, erinnert sich Beate. Sie erfuhren, der Einbruch galt nicht ihnen persönlich: „Ein Objekt war gemeint.“Und man kann dagegen etwas tun. Mit besseren Sicherungsmaßnahmen am Haus beruhigten sich die Müllers im Laufe der Zeit wieder. Dennoch: Wenn sie heute von einem Ausflug heimkommen, kontrollieren sie von außen die Sicherheit, ehe sie das Haus wirklich betreten. Und wenn sie durch ihre Straße fahren oder gehen, schauen sie genauer hin: Gibt es etwas Verdächtiges, droht Gefahr? Dinge, über die sie früher nicht nachdachten. „Wir waren leichtsinnig“, denkt Beate Müller rückblickend. „Wir dachten immer, uns passiert so etwas nicht.“