Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ausstellung stößt auf großes Interesse
Noch bis 2. März sind in Rot Nachbildungen wertvoller Handschriften zu sehen
ROT AN DER ROT - Die FaksimileAusstellung in der Roter Bücherei stößt auf großes Interesse. Sowohl während der normalen als auch während der zusätzlichen Öffnungszeiten kommen viele Besucher aus der ganzen Region nach Rot, um die wertvollen Bücher durchzublättern und zu bestaunen. Die Bücherei zeigt noch bis zum 2. März originalgetreue Nachbildungen wertvoller Handschriften, sogenannte Faksimile.
Originale unter Verschluss
Die Originale dieser Handschriften liegen fast alle in den Tresoren großer Bibliotheken oder Museen weltweit verstreut und sind nicht öffentlich zugänglich. Die meisten der in Rot ausgestellten Faksimile gehören Dr. Roland Specker, ehemaliger Tierarzt aus Erolzheim, andere wurden vom Quaternio Verlag Luzern zur Verfügung gestellt. Der leidenschaftliche Sammler kann zu jedem der ausgestellten Bücher eine Geschichte erzählen. Zahlreiche Anekdoten und Hintergrundinformationen fallen ihm ein, wenn er mit Besuchern durch die Ausstellung geht. Die wichtigsten Daten und Fakten hat er auf DIN-A4-Blättern zusammengefasst und neben den Werken positioniert. So können die Besucher sich auch informieren, wenn er einmal nicht anwesend ist. Das ist auch deshalb nützlich, da viele der Bücher in Latein oder Griechisch verfasst und die Seiten teils vergilbt sind. Der große Hingucker und das Highlight der Ausstellung ist das Book of Kells. Es ist laut Specker das „grandioseste Werk“und absoluter Höhepunkt der insularen Buchkunst. Die fantasievolle Ornamentik verbinde stilistisch die byzantinischen Quellen mit der keltischen Formtradition. Für die Menschen im heutigen Irland symbolisiere das Buch die Bedeutung von Bildung und den Einfluss des Christentums auf das Leben dieses Landes. Darüber hinaus fungiert es als Symbol der nationalen Kultur. „Das Original liegt in Dublin im Trinity College unter Glas und nur alle paar Tage wird eine Seite umgeblättert“, weiß er. In Rot hingegen kann das Faksimile in die Hand genommen werden und in Ruhe darin geblättert werden. Entstanden ist die Handschrift circa 750 oder 800 im Kloster der Hebrideninsel Iona vor der Küste Westschottlands. Das Book of Kells umfasst 680 Seiten, enthält die vier Evangelien in lateinischer Sprache sowie Argumente, Kapitelverzeichnisse, Glossare der hebräischen Namen, Kanontafeln und neuzeitliche Zusätze und Marginalien. Geschrieben ist das Buch in irischer Minuskel und Majuskel auf Kalbspergament. Ein paar Meter daneben findet der Besucher die Peterborough Psalter, eine gotische Prachthandschrift, die in Gold, Farben und Formenreichtum schwelgt. 116 einzigartige Miniaturen mit Goldrahmen und ziseliertem und punziertem Goldgrund, 24 Kalendermedaillons, viele große historisierte Initialen mit stilisiertem Rankenwerk und szenisch geschmücktem Bordürendekor zeichnen diese um 1300 in England entstandene Handschrift aus. Die 150 Psalmen des Alten Testamentes sind sorgfältig in gotischer Bastarda geschrieben, zweifarbig in zwei Spalten, eine in erhaben aufgetragener Goldschrift, die andere in leuchtendem Azurblau. Jeder der oft wechselnden Besitzer aus dem Hochadel habe sich durch Eintragung von Wappen und heraldischem Schmuck in der Handschrift verewigt, angefangen von Abt Geoffrey von Peterborough über Papst Johannes XXII. in Avignon, König Philipp VI., den Habsburger Maximilian I. bis zu Napoleon, erklärt Specker.
Stundenbücher des Duc de Berry
Am Tisch gegenüber finden sich die berühmten Stundenbücher des Duc Jean de Berry. Er war der dritte Sohn des späteren Königs Johanns des Guten, seine Brüder waren König Karl V., Herzog Ludwig von Anjou und Philipp der Kühne, Herzog von Burgund. Duc de Berry war ein leidenschaftlicher Kunstsammler, aber immer auf Kosten seiner Untertanen. Er war berüchtigt wegen seines Geizes, seiner Habgier und seiner Tyrannei. „Jean de Berry baute 17 Schlösser, die er mit seinem Hofstaat abwechselnd bewohnte, häufte darin Juwelen, Gemälde und Skulpturen an“, erzählt der Experte. Aus allen seinen Kunstwerken stach aber seine Handschriftenbibliothek hervor, deren künstlerischer Wert bei Weitem alles übertraf, was andere Fürstenhäuser damals zu ihren Beständen zählten.
All diese Handschriften sind in der Roter Bücherei zu sehen. Während der Ausstellungsdauer ist der Experte jeweils am Freitag um 15 Uhr anwesend, beantwortet Anfragen und steht auch für kurze Führungen durch die Ausstellung zur Verfügung. Zusätzlich ist die Ausstellung noch am Sonntag, 25. Februar, von 14 bis 17 Uhr geöffnet.