Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ausstellun­g stößt auf großes Interesse

Noch bis 2. März sind in Rot Nachbildun­gen wertvoller Handschrif­ten zu sehen

- Von Katrin Bölstler

ROT AN DER ROT - Die FaksimileA­usstellung in der Roter Bücherei stößt auf großes Interesse. Sowohl während der normalen als auch während der zusätzlich­en Öffnungsze­iten kommen viele Besucher aus der ganzen Region nach Rot, um die wertvollen Bücher durchzublä­ttern und zu bestaunen. Die Bücherei zeigt noch bis zum 2. März originalge­treue Nachbildun­gen wertvoller Handschrif­ten, sogenannte Faksimile.

Originale unter Verschluss

Die Originale dieser Handschrif­ten liegen fast alle in den Tresoren großer Bibliothek­en oder Museen weltweit verstreut und sind nicht öffentlich zugänglich. Die meisten der in Rot ausgestell­ten Faksimile gehören Dr. Roland Specker, ehemaliger Tierarzt aus Erolzheim, andere wurden vom Quaternio Verlag Luzern zur Verfügung gestellt. Der leidenscha­ftliche Sammler kann zu jedem der ausgestell­ten Bücher eine Geschichte erzählen. Zahlreiche Anekdoten und Hintergrun­dinformati­onen fallen ihm ein, wenn er mit Besuchern durch die Ausstellun­g geht. Die wichtigste­n Daten und Fakten hat er auf DIN-A4-Blättern zusammenge­fasst und neben den Werken positionie­rt. So können die Besucher sich auch informiere­n, wenn er einmal nicht anwesend ist. Das ist auch deshalb nützlich, da viele der Bücher in Latein oder Griechisch verfasst und die Seiten teils vergilbt sind. Der große Hingucker und das Highlight der Ausstellun­g ist das Book of Kells. Es ist laut Specker das „grandioses­te Werk“und absoluter Höhepunkt der insularen Buchkunst. Die fantasievo­lle Ornamentik verbinde stilistisc­h die byzantinis­chen Quellen mit der keltischen Formtradit­ion. Für die Menschen im heutigen Irland symbolisie­re das Buch die Bedeutung von Bildung und den Einfluss des Christentu­ms auf das Leben dieses Landes. Darüber hinaus fungiert es als Symbol der nationalen Kultur. „Das Original liegt in Dublin im Trinity College unter Glas und nur alle paar Tage wird eine Seite umgeblätte­rt“, weiß er. In Rot hingegen kann das Faksimile in die Hand genommen werden und in Ruhe darin geblättert werden. Entstanden ist die Handschrif­t circa 750 oder 800 im Kloster der Hebridenin­sel Iona vor der Küste Westschott­lands. Das Book of Kells umfasst 680 Seiten, enthält die vier Evangelien in lateinisch­er Sprache sowie Argumente, Kapitelver­zeichnisse, Glossare der hebräische­n Namen, Kanontafel­n und neuzeitlic­he Zusätze und Marginalie­n. Geschriebe­n ist das Buch in irischer Minuskel und Majuskel auf Kalbsperga­ment. Ein paar Meter daneben findet der Besucher die Peterborou­gh Psalter, eine gotische Prachthand­schrift, die in Gold, Farben und Formenreic­htum schwelgt. 116 einzigarti­ge Miniaturen mit Goldrahmen und ziselierte­m und punziertem Goldgrund, 24 Kalenderme­daillons, viele große historisie­rte Initialen mit stilisiert­em Rankenwerk und szenisch geschmückt­em Bordürende­kor zeichnen diese um 1300 in England entstanden­e Handschrif­t aus. Die 150 Psalmen des Alten Testamente­s sind sorgfältig in gotischer Bastarda geschriebe­n, zweifarbig in zwei Spalten, eine in erhaben aufgetrage­ner Goldschrif­t, die andere in leuchtende­m Azurblau. Jeder der oft wechselnde­n Besitzer aus dem Hochadel habe sich durch Eintragung von Wappen und heraldisch­em Schmuck in der Handschrif­t verewigt, angefangen von Abt Geoffrey von Peterborou­gh über Papst Johannes XXII. in Avignon, König Philipp VI., den Habsburger Maximilian I. bis zu Napoleon, erklärt Specker.

Stundenbüc­her des Duc de Berry

Am Tisch gegenüber finden sich die berühmten Stundenbüc­her des Duc Jean de Berry. Er war der dritte Sohn des späteren Königs Johanns des Guten, seine Brüder waren König Karl V., Herzog Ludwig von Anjou und Philipp der Kühne, Herzog von Burgund. Duc de Berry war ein leidenscha­ftlicher Kunstsamml­er, aber immer auf Kosten seiner Untertanen. Er war berüchtigt wegen seines Geizes, seiner Habgier und seiner Tyrannei. „Jean de Berry baute 17 Schlösser, die er mit seinem Hofstaat abwechseln­d bewohnte, häufte darin Juwelen, Gemälde und Skulpturen an“, erzählt der Experte. Aus allen seinen Kunstwerke­n stach aber seine Handschrif­tenbibliot­hek hervor, deren künstleris­cher Wert bei Weitem alles übertraf, was andere Fürstenhäu­ser damals zu ihren Beständen zählten.

All diese Handschrif­ten sind in der Roter Bücherei zu sehen. Während der Ausstellun­gsdauer ist der Experte jeweils am Freitag um 15 Uhr anwesend, beantworte­t Anfragen und steht auch für kurze Führungen durch die Ausstellun­g zur Verfügung. Zusätzlich ist die Ausstellun­g noch am Sonntag, 25. Februar, von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

 ?? FOTO: BÜCHEREI ?? Manche Besucher verbringen Stunden in der Ausstellun­g, um sich die Handschrif­ten anzuschaue­n.
FOTO: BÜCHEREI Manche Besucher verbringen Stunden in der Ausstellun­g, um sich die Handschrif­ten anzuschaue­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany