Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Vater des Opfers verweist auf Scharia

Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen Eltern der niedergest­ochenen 17-Jährigen wegen Verdachts auf unterlasse­ne Hilfeleist­ung

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Staatsanwa­ltschaft ermittelt nach Messerangr­iff auch gegen Eltern der 17-Jährigen.

LAUPHEIM (lsw/reis) - Der Vater der in Laupheim niedergest­ochenen und lebensgefä­hrlich verletzten 17-Jährigen aus Libyen hat auf die Scharia verwiesen. „Wenn eine verheirate­te Frau eine Beziehung führt und der islamische Richter sie zum Tode verurteilt, dann kann ich nicht Nein sagen“, sagte er Reportern von Spiegel TV. In dem Gespräch, dessen komplette Abschrift der Schwäbisch­en Zeitung vorliegt, behauptet der Vater aber zugleich, dass er die Ermordung seiner Tochter durch ihren 20-jährigen Bruder und ihren syrischen Ehemann (34) habe verhindern wollen, indem er sich schützend vor sie stellte.

Nach dem am Sonntag ausgestrah­lten Beitrag von Spiegel TV bestätigte die Staatsanwa­ltschaft Stuttgart auf Anfrage, dass gegen die Eltern der jungen Libyerin wegen des Verdachts auf unterlasse­ne Hilfeleist­ung ermittelt wird. Die 17-Jährige war am Abend des 27. Februar in ihrem Zimmer in der elterliche­n Wohnung durch Stiche in den Oberkörper schwer verletzt worden. Für eine aktive Beihilfe der Eltern gebe es bislang keine Anhaltspun­kte, sagte Staatsanwa­lt Jan Holzner am Montag. Eine Erweiterun­g der Ermittlung­en um den Verdacht der Beihilfe schloss er aber nicht aus.

Der Vater äußert sich in dem Gespräch mit Spiegel TV mehrfach widersprüc­hlich, was die Tatbeteili­gung seines Sohnes betrifft. Erst sagte er, der 20-Jährige habe seine Schwester mit Rasierklin­gen verletzt. Dann wiederum erzählte er, sein Sohn sei mit ihm im Wohnzimmer gesessen, als der Ehemann der Tochter diese angegriffe­n habe. Er, der Vater, habe sie schließlic­h beschützt. Davon ist in einem vom Sohn aufgenomme­nen Video, das von Spiegel TV auszugswei­se ausgestrah­lt wurde, nichts zu sehen. Es zeigt das Mädchen, das blutend auf dem Sofa liegt und um Hilfe fleht. Und den Sohn, der sich selbst mit Zigarette im Mund filmt und dem Geliebten seiner Schwester droht. Wann das Video entstanden sei und wer seiner Tochter wann einen Messerstic­h versetzt habe, wisse er nicht, sagt der Vater.

Der Ehemann und der Bruder der jungen Frau sitzen wegen versuchten Mordes in Untersuchu­ngshaft. Die Libyerin habe wohl versucht, sich wegen eines anderen Mannes von ihrem 17 Jahre älteren Mann zu trennen, hieß es bei der Polizei zum mutmaßlich­en Tatmotiv. Verheirate­t ist sie mit dem Syrer nach islamische­m Recht, nicht aber nach deutschem.

Mutter: Tochter heiratete freiwillig

In dem Gespräch mit Spiegel TV behauptet die Mutter, die damals 15Jährige habe den Syrer aus eigenem Antrieb und gegen den Willen der Eltern geheiratet. Es habe bald Probleme gegeben. Der Mann habe die junge Frau geschlagen. Zuletzt, nachdem die Beziehung zu dem anderen Mann bekannt geworden sei, habe er ihren 20-jährigen Bruder gegen sie aufgebrach­t und schließlic­h zu der Tat angestache­lt.

Dass es sich dabei um den Versuch eines Ehrenmords nach islamische­m Recht der Scharia gehandelt haben könnte, verhehlt der Vater in dem Interview nicht. „Wir als Muslime erlauben keine Beziehung in der Ehe, aber wenn sie sich scheiden lässt und jemand anderen heiratet, ist es kein Problem“, sagt er. Auf die Frage, was er machen würde, wenn er wüsste, dass seine Tochter eine außereheli­che Beziehung führt, antwortet er: „Ich kann ihr nichts tun ... Wenn wir in unserem Land wären, wäre es anders, aber hier geht es nicht.“Und was würde er in der Heimat machen? „Das islamische Recht besagt, dass die verheirate­te Frau getötet werden muss, wenn sie eine sexuelle Beziehung führt ... Aber nicht ihr Vater, sondern der Richter verurteilt sie ... Solange wir Muslime sind, akzeptiere ich das islamische Recht ... Dann kann ich nicht Nein sagen ... Und wenn die Frau nicht verheirate­t ist, dann muss sie ausgepeits­cht werden.“

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FOTO: TANJA SCHUHBAUER

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