Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Brandanschlag schockt Moschee-Gemeinde
Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt - Verdacht auf extremistischen Hintergrund
ULM (heo/mö) - Nach dem Brandanschlag auf eine Moschee der Islamische Gemeinschaft Millî Görüs (IGMG) in der Ulmer Schillerstraße am Ehinger Tor am Montagmorgen stellen sich Politiker und Geistliche der in der Donaustadt aktiven Religionsgemeinschaften Fragen nach dem Warum. Oberbürgermeister Gunter Czisch und die Vorsitzenden des Rats der Religionen versprachen Solidarität mit der betroffenen IGMG-Gemeinschaft.
Unbekannte hatten den Brandanschlag verübt. Wie Staatsanwaltschaft Stuttgart und Polizeipräsidium Ulm mitteilen, meldeten Zeugen am frühen Montagmorgen gegen 3 Uhr ein Feuer in der Schillerstraße. Mit dem Feuerlöscher aus dem Streifenwagen löschten die Polizisten die Flammen. Die loderten zu dieser Zeit direkt vor der Fassade des Hauses. Verletzt wurde niemand.
Kriminaltechniker sicherten die Spuren. Derzeit gehen die Ermittler davon aus, dass Unbekannte zwei Flaschen mit einer brennbaren Flüssigkeit gegen die Wand des Hauses warfen. Eine der Flaschen zerbrach nach Polizeiangaben ohne weitere Folgen. Die zweite löste den Brand vor dem Haus aus. In unmittelbarer Nähe stellte die Polizei drei weitere Flaschen mit einer brennbaren Flüssigkeit sicher. Diese stammen vermutlich von denselben Tätern, kamen aber nicht zum Einsatz.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart übernahm nach eigenen Angaben die Leitung der Ermittlungen, weil der Verdacht bestehe, dass im öffentlichen Raum eine Straftat mit extremistischem Hintergrund verübt worden sei.
Spaltung der türkischen Gesellschaft
Im Raum steht die These, dass sich der türkisch-kurdische Konflikt auch nach Ulm ausbreiten und mit dem Anschlag angekommen könnte. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, warnte, wie berichtet, vor einem Jahr, dass die Konflikte in der Türkei auch Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland hätten. Maaßen sprach konkret die Gefahr von „Stellvertreter-Auseinandersetzungen“zwischen Anhängern der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans PKK und nationalistischen Türken hierzulande an. „Natürlich gibt es innerhalb der türkischen Gemeinschaft eine gewisse Spaltung“, sagt Masallah Dumlu, der für die Grünen im Neu-Ulmer Kreistag sitzt.
Dumlu kann sich allerdings kaum vorstellen, dass dies der Grund für den Anschlag sei. Denn etwa die Hälfte des IGMG in Ulm sei kurdischstämmig. Dumlu hält deswegen auch einen rechtsradikales Motiv für möglich. Er selber sei entsetzt über die jüngsten Äußerungen von Bundesinnenminister Horst Seehofer. Wer behaupte, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, sei letztlich ein Hetzer, der sich für Gewalt gegen Muslime mitverantwortlich mache.
Während sich Polizei und Staatsanwaltschaft in Zurückhaltung üben, beurteilt die IGMG die Lage auf ihrer Facebook-Seite drastischer: „Die Moschee der IGMG wurde gestern Nacht Ziel eines Molotow-Angriffs“, ist dort zu lesen. Die Anteilnahme ist groß: Knapp 1100 Menschen teilten via Internet ihre Anteilnahme mit.
Auf dem Facebook-Auftritt der türkischen Tageszeitung Milli Gazete wurden am Montag Fotos veröffentlicht, die offenbar direkt nach dem Anschlag aufgenommen wurden: Die Bilder zeigen die brennende Flüssigkeit vor einem vergitterten Kellerfenster in der Dunkelheit.
Offenbar versuchten die Unbekannten mit den Molotow-Cocktails, den Keller des Hauses in Brand zu setzen, was jedoch misslang. Der Boden platzte auf und ein KunststoffKorb des benachbarten Gemüsehändlers fing Feuer.
Auch in der Türkei wurde der Vorfall registriert. Neben der Milli Gazete verbreitete der türkische Parlamentsabgeordnete der Regierungspartei AKP, Mustafa Yeneroglu, Bilder des Brandanschlags.