Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kampf um den Dorfcharak­ter beginnt

Achstetter Gemeindera­t beschließt Aufstellun­g eines Bebauungsp­lans und Veränderun­gssperre für den Ortskern

- Von Reiner Schick

Achstetter Gemeindera­t beschließt Veränderun­gssperre für den Ortskern.

ACHSTETTEN - Der Achstetter Gemeindera­t möchte künftig mehr Einfluss darauf haben, welche Art von Gebäuden im Ortskern von Achstetten errichtet werden. Hierzu wurde in der Sitzung am Montag die Aufstellun­g des Bebauungsp­lans „Ortsmitte Achstetten I“und der Erlass einer Veränderun­gssperre einstimmig beschlosse­n.

Gleich mehrere Wohnblocks sind in jüngster Vergangenh­eit an der Westseite der Hauptstraß­e in Achstetten erstellt worden beziehungs­weise im Bau. Den Anfang machten die drei Mehrgescho­sshäuser beim Werkzeugge­schäft Hettich, weit vorangesch­ritten ist fast unmittelba­r daneben der Bau der ebenfalls drei Blöcke, und die ausgehoben­e Baugrube zwischen dem ehemaligen Gasthaus Rössle und der Kirche ist der Vorbote des nächsten Großprojek­ts. Ein weiteres Baugesuch für zwei Mehrfamili­enhäuser auf der Ostseite der Hauptstraß­e am Stichweg zum Sportplatz wurde in der Gemeindera­tssitzung am Montag behandelt – und eine Entscheidu­ng darüber vertagt (siehe Extra-Bericht).

Letztgenan­ntes Projekt hatte vor einigen Wochen bereits als Bauvoranfr­age den Rat beschäftig­t. Die ursprüngli­ch geplante Dimension kam bei den Kommunalpo­litikern und der Gemeindeve­rwaltung aber nicht gut an. Mehr noch: Es stärkte den Wunsch des Gremiums, künftig mehr Einfluss auf die Bebauung des Ortskerns zu haben. Man sei „wachgerütt­elt“worden, erklärte Ratsmitgli­ed Hans-Dieter Fuchs, wobei ihm persönlich das Thema schon lange ein Anliegen sei. „Wir müssen uns fragen: Wollen wir weiterhin so viele Blöcke entlang der Hauptstraß­e haben?“, sagte er und lieferte die verneinend­e Antwort indirekt gleich mit. Eine derartige Bebauung sei, abgesehen von der Optik, auch problemati­sch für die Verkehrs- und Parkplatzs­ituation. Außerdem werde die Infrastruk­tur des Ortes belastet. „Wenn es so weitergeht, frage ich mich, ob unsere Kanalisati­on das alles noch bewältigen kann und wo die hinzukomme­nden Kinder in die Schule oder den Kindergart­en gehen sollen“, meinte Fuchs. Auch gelte es, die Rechte der Anlieger zu schützen.

„Eckpunkte“für Bebauung

Bürgermeis­ter Kai Feneberg pflichtete ihm bei und sprach von dem an ihn herangetra­genen Wunsch der Gemeinderä­te aus Achstetten, „Eckpunkte“für die Bebauung innerhalb eines bestimmten Gebietes festzulege­n. Anders als im Teilort Oberholzhe­im, wo der Gemeindera­t im vergangene­n Herbst ebenfalls einen Bebauungsp­lan mit vorläufige­r Veränderun­gssperre auf den Weg brachte und dort „auch gestalteri­sch eingreifen“wolle, gehe es in Achstetten um „eher grundsätzl­iche“Richtlinie­n. Bisher müssen sich Bauherren nach § 34 des Baugesetzb­uches in erster Linie an der Art und Höhe der Umgebungsb­ebauung orientiere­n, die sonstige Ausgestalt­ung (Anzahl der Wohnungen, Stellplätz­e, Verdichtun­gsund Versiegelu­ngsgrad) ist fast beliebig. Bei einem Bebauungsp­lan sind dessen Vorgaben verbindlic­h. Im Fall der „Ortsmitte Achstetten I“dient er laut Sitzungsvo­rlage dazu, dass „innerörtli­che Umstruktur­ierungen gewollt gesteuert“werden können. Ziel sei, den dörflichen Charakter zu erhalten. Der Schwerpunk­t soll bei der Wohnnutzun­g liegen, aber auch nicht wesentlich störendes Gewerbe und eine landwirtsc­haftliche Nutzung mit unter Umständen eingeschrä­nkter Tierhaltun­g soll möglich sein. In Teilbereic­hen könne auch die Ausweisung eines Mischgebie­ts sinnvoll sein. Hans-Dieter Fuchs betonte in der Ratssitzun­g: Es gehe nicht darum, den innerorts lebenden Bürgern sämtliche Bau- und Veränderun­gswünsche auf ihren Grundstück­en zu verwehren, sondern ein harmonisch­es Gesamtbild des Ortskerns sicherzust­ellen.

Tanja Binder vom Ingenieurb­üro Wassermüll­er in Ulm erläuterte den planungsre­chtlichen Weg dorthin und stellte das in Zusammenar­beit mit dem Gemeindera­t festgelegt­e Gebiet vor, für das der Bebauungsp­lan und die Veränderun­gssperre gelten sollen. Es erstreckt sich als etwa 900 Meter langer und zwischen 50 und 200 Meter breiter Streifen entlang der Hauptstraß­e von der Kirche bis zur Einmündung des Stutter Wegs beziehungs­weise Birkenhain­s (siehe Grafik) und umfasst eine Fläche von insgesamt 115 000 Quadratmet­ern. Damit liege man gerade noch unterhalb der Grenze, für die man ein vereinfach­tes, sprich kürzeres Bauleitver­fahren anwenden könne, erklärte Tanja Binder.

Weitere Bebauungsp­läne möglich

Um ausreichen­d Zeit für die Aufstellun­g eines Bebauungsp­lans zu haben, nutzte der Rat die gesetzlich­e Möglichkei­t, eine zunächst zwei Jahre geltende Veränderun­gssperre zu erlassen. Diese soll Vorgriffe von Bauwillige­n verhindern. Zwar seien auch Ausnahmen möglich, erklärte die Ingenieuri­n, aber nur, wenn die Vorhaben nicht gegen öffentlich­es Interesse verstoßen. Eine Verlängeru­ng der Veränderun­gssperre um bis zu zwei weitere Jahre sei möglich. Einige Räte regten eine Ausdehnung des Gebiets über den Kindergart­enweg und die Mühlgasse zur Unterholzh­eimer Straße an. Damit läge man aber über der Flächengre­nze für das beschleuni­gte Verfahren. Man habe jedoch die Option, jederzeit weitere Bebauungsp­läne zu erstellen.

Die Veränderun­gssperre ist ab dem morgigen Donnerstag mit ihrer Veröffentl­ichung im Mitteilung­sblatt gültig. „Danach geht ohne den Gemeindera­t nichts mehr“, stellte Bürgermeis­ter Feneberg klar. Nächste Aufgabe des Gemeindera­ts ist es nun, die Richtlinie­n des Bebauungsp­lans festzulege­n.

„Wir müssen uns fragen: Wollen wir weiterhin so viele Blöcke entlang der Hauptstraß­e haben?“Ratsmitgli­ed Hans-Dieter Fuchs

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GRAFIK: INGENIEURB­ÜRO WASSERMÜLL­ER/SZ
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FOTO: REINER SCHICK Ganz links die Wohnblocks hinterm Werkzeugge­schäft Hettich, rechts entsteht der „Wohnpark Achstetten Mitte“, dazwischen eingezwäng­t ein älteres Wohnhaus und ein landwirtsc­haftliches Gebäude (im Hintergrun­d): Solchen Wildwuchs will die Gemeinde...
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GRAFIK: INGENIEURB­ÜRO WASSERMÜLL­ER/SZ In dem gekennzeic­hneten Gebiet auf beiden Seiten der Hauptstraß­e möchte der Achstetter Gemeindera­t künftig mehr Einfluss auf die Bebauung haben.

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