Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Kampf um den Dorfcharakter beginnt
Achstetter Gemeinderat beschließt Aufstellung eines Bebauungsplans und Veränderungssperre für den Ortskern
Achstetter Gemeinderat beschließt Veränderungssperre für den Ortskern.
ACHSTETTEN - Der Achstetter Gemeinderat möchte künftig mehr Einfluss darauf haben, welche Art von Gebäuden im Ortskern von Achstetten errichtet werden. Hierzu wurde in der Sitzung am Montag die Aufstellung des Bebauungsplans „Ortsmitte Achstetten I“und der Erlass einer Veränderungssperre einstimmig beschlossen.
Gleich mehrere Wohnblocks sind in jüngster Vergangenheit an der Westseite der Hauptstraße in Achstetten erstellt worden beziehungsweise im Bau. Den Anfang machten die drei Mehrgeschosshäuser beim Werkzeuggeschäft Hettich, weit vorangeschritten ist fast unmittelbar daneben der Bau der ebenfalls drei Blöcke, und die ausgehobene Baugrube zwischen dem ehemaligen Gasthaus Rössle und der Kirche ist der Vorbote des nächsten Großprojekts. Ein weiteres Baugesuch für zwei Mehrfamilienhäuser auf der Ostseite der Hauptstraße am Stichweg zum Sportplatz wurde in der Gemeinderatssitzung am Montag behandelt – und eine Entscheidung darüber vertagt (siehe Extra-Bericht).
Letztgenanntes Projekt hatte vor einigen Wochen bereits als Bauvoranfrage den Rat beschäftigt. Die ursprünglich geplante Dimension kam bei den Kommunalpolitikern und der Gemeindeverwaltung aber nicht gut an. Mehr noch: Es stärkte den Wunsch des Gremiums, künftig mehr Einfluss auf die Bebauung des Ortskerns zu haben. Man sei „wachgerüttelt“worden, erklärte Ratsmitglied Hans-Dieter Fuchs, wobei ihm persönlich das Thema schon lange ein Anliegen sei. „Wir müssen uns fragen: Wollen wir weiterhin so viele Blöcke entlang der Hauptstraße haben?“, sagte er und lieferte die verneinende Antwort indirekt gleich mit. Eine derartige Bebauung sei, abgesehen von der Optik, auch problematisch für die Verkehrs- und Parkplatzsituation. Außerdem werde die Infrastruktur des Ortes belastet. „Wenn es so weitergeht, frage ich mich, ob unsere Kanalisation das alles noch bewältigen kann und wo die hinzukommenden Kinder in die Schule oder den Kindergarten gehen sollen“, meinte Fuchs. Auch gelte es, die Rechte der Anlieger zu schützen.
„Eckpunkte“für Bebauung
Bürgermeister Kai Feneberg pflichtete ihm bei und sprach von dem an ihn herangetragenen Wunsch der Gemeinderäte aus Achstetten, „Eckpunkte“für die Bebauung innerhalb eines bestimmten Gebietes festzulegen. Anders als im Teilort Oberholzheim, wo der Gemeinderat im vergangenen Herbst ebenfalls einen Bebauungsplan mit vorläufiger Veränderungssperre auf den Weg brachte und dort „auch gestalterisch eingreifen“wolle, gehe es in Achstetten um „eher grundsätzliche“Richtlinien. Bisher müssen sich Bauherren nach § 34 des Baugesetzbuches in erster Linie an der Art und Höhe der Umgebungsbebauung orientieren, die sonstige Ausgestaltung (Anzahl der Wohnungen, Stellplätze, Verdichtungsund Versiegelungsgrad) ist fast beliebig. Bei einem Bebauungsplan sind dessen Vorgaben verbindlich. Im Fall der „Ortsmitte Achstetten I“dient er laut Sitzungsvorlage dazu, dass „innerörtliche Umstrukturierungen gewollt gesteuert“werden können. Ziel sei, den dörflichen Charakter zu erhalten. Der Schwerpunkt soll bei der Wohnnutzung liegen, aber auch nicht wesentlich störendes Gewerbe und eine landwirtschaftliche Nutzung mit unter Umständen eingeschränkter Tierhaltung soll möglich sein. In Teilbereichen könne auch die Ausweisung eines Mischgebiets sinnvoll sein. Hans-Dieter Fuchs betonte in der Ratssitzung: Es gehe nicht darum, den innerorts lebenden Bürgern sämtliche Bau- und Veränderungswünsche auf ihren Grundstücken zu verwehren, sondern ein harmonisches Gesamtbild des Ortskerns sicherzustellen.
Tanja Binder vom Ingenieurbüro Wassermüller in Ulm erläuterte den planungsrechtlichen Weg dorthin und stellte das in Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat festgelegte Gebiet vor, für das der Bebauungsplan und die Veränderungssperre gelten sollen. Es erstreckt sich als etwa 900 Meter langer und zwischen 50 und 200 Meter breiter Streifen entlang der Hauptstraße von der Kirche bis zur Einmündung des Stutter Wegs beziehungsweise Birkenhains (siehe Grafik) und umfasst eine Fläche von insgesamt 115 000 Quadratmetern. Damit liege man gerade noch unterhalb der Grenze, für die man ein vereinfachtes, sprich kürzeres Bauleitverfahren anwenden könne, erklärte Tanja Binder.
Weitere Bebauungspläne möglich
Um ausreichend Zeit für die Aufstellung eines Bebauungsplans zu haben, nutzte der Rat die gesetzliche Möglichkeit, eine zunächst zwei Jahre geltende Veränderungssperre zu erlassen. Diese soll Vorgriffe von Bauwilligen verhindern. Zwar seien auch Ausnahmen möglich, erklärte die Ingenieurin, aber nur, wenn die Vorhaben nicht gegen öffentliches Interesse verstoßen. Eine Verlängerung der Veränderungssperre um bis zu zwei weitere Jahre sei möglich. Einige Räte regten eine Ausdehnung des Gebiets über den Kindergartenweg und die Mühlgasse zur Unterholzheimer Straße an. Damit läge man aber über der Flächengrenze für das beschleunigte Verfahren. Man habe jedoch die Option, jederzeit weitere Bebauungspläne zu erstellen.
Die Veränderungssperre ist ab dem morgigen Donnerstag mit ihrer Veröffentlichung im Mitteilungsblatt gültig. „Danach geht ohne den Gemeinderat nichts mehr“, stellte Bürgermeister Feneberg klar. Nächste Aufgabe des Gemeinderats ist es nun, die Richtlinien des Bebauungsplans festzulegen.
„Wir müssen uns fragen: Wollen wir weiterhin so viele Blöcke entlang der Hauptstraße haben?“Ratsmitglied Hans-Dieter Fuchs