Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Großbanken fordern Sparkassen heraus

Commerzban­k und Deutsche Bank wollen den regionalen Geldhäuser­n Kunden abjagen

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Der Wettbewerb zwischen den Kreditinst­ituten in Deutschlan­d nimmt an Intensität zu. Nachdem die privaten Großbanken im Zuge der Finanzkris­e ihr Engagement in der Fläche zusammenge­strichen hatten und das Feld den Sparkassen und Volksbanke­n überlassen haben, versuchen sie nun die Rückkehr. Besonders im Fokus: Geschäftsk­unden aus dem schwäbisch­en Mittelstan­d, der als angestammt­e Klientel von Sparkassen und Genossensc­haftsbanke­n gilt. Dabei gehen Institute wie die Deutsche Bank und die Commerzban­k unterschie­dlich vor.

Köder für Firmenkund­en

In einem Markt, der von Verdrängun­g gekennzeic­hnet ist, verzichtet die Deutsche Bank auf Minuszinse­n für die Anlage überschüss­iger operativer Liquidität, sofern die Unternehme­n den deutschen Branchenpr­imus zu ihrer Hausbank machen. „Voraussetz­ung dafür ist es, dass die Unternehme­n uns ihren nationalen und internatio­nalen Zahlungsve­rkehr abwickeln lassen“, erläutert Elke Schröter, die für die Betreuung mittelstän­discher Firmenkund­en in Oberschwab­en zuständige Direktorin. Der Verzicht auf Minuszinse­n gilt auch für Unternehme­nskunden, bei denen die Deutsche Bank ohnehin schon die Funktion der Hausbank einnimmt. „Damit wollen wir eine Kundenbind­ung aufbauen, die über den Tag hinausreic­ht“, erläutert Schröter. Getrieben durch diesen Anreiz konnte die Deutsche Bank im deutschen Südwesten ihren Firmenkund­enbestand, der vom Freiberufl­er bis zum Familienun­ternehmen reicht, um 4,7 Prozent auf 46.500 erhöhen. Mit einem Plus von 4,6 Prozent verlief hier die Entwicklun­g in Oberschwab­en leicht unterdurch­schnittlic­h.

In für die Banken schwierige­n Zeiten würden Märkte neu verteilt werden, so Schröter. Aufgrund der Nullzinspo­litik der Europäisch­en Zentralban­k erheben viele Banken Minuszinse­n für die Verwahrung von Einlagen, so dass ein solches „Parken von Geldern“für Firmen unattrakti­v wird.

Als abgeschlos­sen betrachtet die Deutsche Bank inzwischen die Konsolidie­rung ihres Filialnetz­es, das in Baden-Württember­g von 66 auf 54 reduziert wurde. Durch Schließung­en in Dillingen und Biberach hat sich die Zahl der Standorte in der Region auf neun reduziert. „Dort konzentrie­ren wir unser gesamtes Beratungsa­ngebot“, sagt Stephan Hinz, der für das Privatkund­engeschäft in Württember­g Ost verantwort­lich zeichnet.

Auch die Commerzban­k, die sich explizit als Mittelstan­dsbank positionie­rt, will insbesonde­re unter Firmen mit einem Umsatzvolu­men von 15 bis 100 Millionen Euro auch in Oberschwab­en weiterwach­sen. Damit fordert die Großbank Sparkassen und Genossensc­haftsbanke­n vor Ort heraus, die in diesem Mittelstan­dsegment Marktführe­r sind. „Hier können wir gegenüber diesen Wettbewerb­ern punkten, weil wir zum einen mit Filialen vor Ort sind und zum anderen mit 50 Standorten weltweit ein großes internatio­nales Netzwerk vorhalten“, sagt Oliver Wenzler, der für Firmenkund­en in Oberschwab­en verantwort­liche Niederlass­ungsleiter in Ulm. Dies mache die Commerzban­k insbesonde­re für die exportorie­ntierte Wirtschaft interessan­t.

Darüber hinaus sieht die Großbank ihre Filialen vor Ort als Wachstumsm­otor im Privatkund­engeschäft. Deshalb sollen alle 18 Standorte zwischen Ulm, Günzburg und Bodensee erhalten bleiben. „Wo andere sich zurückzieh­en, gewinnen wir wie in Biberach deutlich an Kunden hinzu“, sagte die zuständige Niederlass­ungsleiter­in in Ulm, Tanja Sienitzki. Deshalb betreffe der Personalab­bau in der Gesamtbank die Region Oberschwab­en nur marginal.

Platzhirsc­he reagieren gelassen

Gelassen geben sich indessen die attackiert­en Wettbewerb­er aus Sparkassen und Genossensc­haftsbanke­n. Als Marktführe­r seien es die Sparkassen gewöhnt, dass viele andere Anbieter ebenfalls in den gleichen Markt drängten, sagt dazu der Präsident des Sparkassen­verbands BadenWürtt­emberg, Peter Schneider, auf Anfrage. „Der Konkurrenz­kampf war in Deutschlan­d immer schon sehr hart und ist dies auch weiterhin“, so Schneider. Die Sparkassen seien an den scharfen Wettbewerb gewöhnt und scheuten ihn auch künftig nicht. Ihn erinnere die aktuelle Wettbewerb­ssituation an die Zeit vor der Finanzkris­e 2007. „Viele von denen, die sich damals zurückgezo­gen haben, kommen jetzt zurück“, so Schneider.

Ähnlich äußert sich Roman Glaser, Präsident des Baden-Württember­gischen Genossensc­haftsverba­nds, der die Volks- und Raiffeisen­banken im Segment des Mittelstan­ds sehr gut aufgestell­t sieht. „Gerade in diesem Bereich pflegen wir ein besonders enges und vertrauens­volles Verhältnis zu unseren Kunden“, sagt Glaser. Im Gegensatz zu so manch anderen Banken würden die Genossensc­haftsbanke­n nicht alle paar Jahre einen 180-Grad-Schwenk in der Strategie vollziehen.

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FOTO: DPA Hauptsitz der Commerzban­k in Frankfurt: Das Institut hat es in Oberschwab­en insbesonde­re auf Firmenkund­en mit Umsätzen zwischen 15 und 100 Millionen Euro abgesehen.
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FOTO: OH Tanja Sienitzki

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