Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Großbanken fordern Sparkassen heraus
Commerzbank und Deutsche Bank wollen den regionalen Geldhäusern Kunden abjagen
STUTTGART - Der Wettbewerb zwischen den Kreditinstituten in Deutschland nimmt an Intensität zu. Nachdem die privaten Großbanken im Zuge der Finanzkrise ihr Engagement in der Fläche zusammengestrichen hatten und das Feld den Sparkassen und Volksbanken überlassen haben, versuchen sie nun die Rückkehr. Besonders im Fokus: Geschäftskunden aus dem schwäbischen Mittelstand, der als angestammte Klientel von Sparkassen und Genossenschaftsbanken gilt. Dabei gehen Institute wie die Deutsche Bank und die Commerzbank unterschiedlich vor.
Köder für Firmenkunden
In einem Markt, der von Verdrängung gekennzeichnet ist, verzichtet die Deutsche Bank auf Minuszinsen für die Anlage überschüssiger operativer Liquidität, sofern die Unternehmen den deutschen Branchenprimus zu ihrer Hausbank machen. „Voraussetzung dafür ist es, dass die Unternehmen uns ihren nationalen und internationalen Zahlungsverkehr abwickeln lassen“, erläutert Elke Schröter, die für die Betreuung mittelständischer Firmenkunden in Oberschwaben zuständige Direktorin. Der Verzicht auf Minuszinsen gilt auch für Unternehmenskunden, bei denen die Deutsche Bank ohnehin schon die Funktion der Hausbank einnimmt. „Damit wollen wir eine Kundenbindung aufbauen, die über den Tag hinausreicht“, erläutert Schröter. Getrieben durch diesen Anreiz konnte die Deutsche Bank im deutschen Südwesten ihren Firmenkundenbestand, der vom Freiberufler bis zum Familienunternehmen reicht, um 4,7 Prozent auf 46.500 erhöhen. Mit einem Plus von 4,6 Prozent verlief hier die Entwicklung in Oberschwaben leicht unterdurchschnittlich.
In für die Banken schwierigen Zeiten würden Märkte neu verteilt werden, so Schröter. Aufgrund der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank erheben viele Banken Minuszinsen für die Verwahrung von Einlagen, so dass ein solches „Parken von Geldern“für Firmen unattraktiv wird.
Als abgeschlossen betrachtet die Deutsche Bank inzwischen die Konsolidierung ihres Filialnetzes, das in Baden-Württemberg von 66 auf 54 reduziert wurde. Durch Schließungen in Dillingen und Biberach hat sich die Zahl der Standorte in der Region auf neun reduziert. „Dort konzentrieren wir unser gesamtes Beratungsangebot“, sagt Stephan Hinz, der für das Privatkundengeschäft in Württemberg Ost verantwortlich zeichnet.
Auch die Commerzbank, die sich explizit als Mittelstandsbank positioniert, will insbesondere unter Firmen mit einem Umsatzvolumen von 15 bis 100 Millionen Euro auch in Oberschwaben weiterwachsen. Damit fordert die Großbank Sparkassen und Genossenschaftsbanken vor Ort heraus, die in diesem Mittelstandsegment Marktführer sind. „Hier können wir gegenüber diesen Wettbewerbern punkten, weil wir zum einen mit Filialen vor Ort sind und zum anderen mit 50 Standorten weltweit ein großes internationales Netzwerk vorhalten“, sagt Oliver Wenzler, der für Firmenkunden in Oberschwaben verantwortliche Niederlassungsleiter in Ulm. Dies mache die Commerzbank insbesondere für die exportorientierte Wirtschaft interessant.
Darüber hinaus sieht die Großbank ihre Filialen vor Ort als Wachstumsmotor im Privatkundengeschäft. Deshalb sollen alle 18 Standorte zwischen Ulm, Günzburg und Bodensee erhalten bleiben. „Wo andere sich zurückziehen, gewinnen wir wie in Biberach deutlich an Kunden hinzu“, sagte die zuständige Niederlassungsleiterin in Ulm, Tanja Sienitzki. Deshalb betreffe der Personalabbau in der Gesamtbank die Region Oberschwaben nur marginal.
Platzhirsche reagieren gelassen
Gelassen geben sich indessen die attackierten Wettbewerber aus Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Als Marktführer seien es die Sparkassen gewöhnt, dass viele andere Anbieter ebenfalls in den gleichen Markt drängten, sagt dazu der Präsident des Sparkassenverbands BadenWürttemberg, Peter Schneider, auf Anfrage. „Der Konkurrenzkampf war in Deutschland immer schon sehr hart und ist dies auch weiterhin“, so Schneider. Die Sparkassen seien an den scharfen Wettbewerb gewöhnt und scheuten ihn auch künftig nicht. Ihn erinnere die aktuelle Wettbewerbssituation an die Zeit vor der Finanzkrise 2007. „Viele von denen, die sich damals zurückgezogen haben, kommen jetzt zurück“, so Schneider.
Ähnlich äußert sich Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands, der die Volks- und Raiffeisenbanken im Segment des Mittelstands sehr gut aufgestellt sieht. „Gerade in diesem Bereich pflegen wir ein besonders enges und vertrauensvolles Verhältnis zu unseren Kunden“, sagt Glaser. Im Gegensatz zu so manch anderen Banken würden die Genossenschaftsbanken nicht alle paar Jahre einen 180-Grad-Schwenk in der Strategie vollziehen.